2.76 (vsc1p): Nr. 76 Aide-Memoire der Bayerischen Staatsregierung vom 28. Januar 1933

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[315] Nr. 76
Aide-Memoire der Bayerischen Staatsregierung vom 28. Januar 19331

BayerHStA, MA 105 282/1 Durchschrift

[Neubildung des Reichskabinetts und Staatsnotstandsplanung.]

Die Bayerische Regierung verfolgt mit größter Aufmerksamkeit die Versuche, eine ausreichende Grundlage für eine arbeitsfähige Reichsregierung zu gewinnen2. Der Bayerischen Regierung liegt es wie bisher vollkommen fern, sich irgendwie in die verfassungsmäßigen Rechte der Reichsorgane einzumischen. Die ernste Sorge um den Bestand der Ruhe und Ordnung, um die Aufrechterhaltung des schwer ringenden Wirtschaftslebens und um das Schicksal unseres deutschen Vaterlandes rechtfertigt es aber, daß sie in diesen Tagen schicksalhafter Entscheidungen aus den ruhigeren Verhältnissen im Süden heraus ausnahmsweise der höchsten Stelle des Reiches ihre Auffassung zum Ausdruck bringt.

Zur Zeit werden Pläne erwogen, die von einem sogenannten Staatsnotstand ausgehend unmittelbar zu zweifellos verfassungswidrigen Experimenten herausfordern3. Ein Spiel mit den Grundlagen unseres Verfassungslebens und dem geordneten Bestand des Reiches wird aber von den ruhig und sachlich denkenden Kreisen der Bevölkerung ohne Unterschied des politischen Bekenntnisses ganz entschieden abgelehnt4. Die Bayerische Regierung hält es für ihre Gewissenspflicht, vor solchen Plänen eindringlichst zu warnen, da sie in den Abgrund führen und dem Radikalismus revolutionärer Massen einen erhöhten Antrieb und einen Schein der Berechtigung zur eigenen Illegalität geben würden.

Die Bayerische Regierung vertraut zu dem Herrn Reichspräsidenten als dem Hüter des verfassungsmäßigen Lebens, daß er in diesen Tagen der höchsten Gefahr sich von der Linie der Wahrung der Verfassung nicht abdrängen läßt; sie bittet ihn zur Wahrung der Geschlossenheit des Reiches im Innern und seines Ansehens nach außen dafür zu sorgen, daß die Reichsgewalt in den Händen einer Reichsregierung ruht, die zielbewußt, kraftvoll und unter voller Wahrung der Autorität auf dem Boden des Rechtes bleibt und so auch die verfassungsmäßigen Rechte der Länder wahrt, die in ihrem Wirkungskreis einträchtig mit dem Reich an der Überwindung der Nöte der Zeit arbeiten wollen.5

Held

Fußnoten

1

Auf der Ausfertigung Kopfvermerk StS Meissners: „Übergeben von Bayer. Geschäftsträger MinDir. Sperr am 28.1.33. Nach Vortrag z.d.A.“ (Original im Dt. Zentralarchiv Potsdam, Bestand Büro des Reichspräsidenten, Bd. 47; Kopie im Bayer. HStA, Manuskriptsammlung 629, Bl. 571).

2

Zum Gesamtzusammenhang vgl. Dok. Nr. 65, 71 und 72.

3

Vgl. dazu Dok. Nr. 56 und 60.

4

Vgl. dazu Dok. Nr. 70 und 73.

5

Zum Fortgang vgl. Dok. Nr. 77 und 79.

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