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'Slave Labor' in den Nürnberger Kriegsverbrecherprozessen

Leistungen bis 2000

Leistungen ab 2000

Nachweisbeschaffung

Um ihre Tätigkeit als Zwangsarbeiter glaubhaft zu machen, sollten die Antragsteller ihre Berichte durch geeignete Dokumente belegen. In Frage kamen dafür z.B. ein Werksausweis, ein Arbeitsbuch oder ein sonstiges Dokument, das auf ein Beschäftigungsverhältnis hindeutet. In vielen Fällen lagen den Betroffenen keine derartigen Nachweise vor. Die Partnerorganisationen waren bemüht, die Antragsteller durch Beratung und eigene Recherchen bei der Nachweisbeschaffung zu unterstützen. Sofern auch auf diese Weise keine geeigneten Belege ermittelt werden konnten, war eine Anfrage beim Internationalen Suchdienst des Roten Kreuzes (ISD) in Bad Arolsen vorgesehen.

Das Ergebnis dieses dreistufigen Verfahrens stellte sich mit einer Trefferquote von nur 30 % schon bald als unbefriedigend heraus. Die Folge waren zahlreiche unkoordiniert gestreute Einzelanfragen von Opfern und Partnerorganisationen unmittelbar an die deutschen Archive, deren Bearbeitung sich durch langwierige postalische Zuordnungen zu den nach Einschätzung der Archivare möglicherweise auskunftsfähigen Stellen erschwerte.

Da im Interesse der Opfer eine zügige und treffsichere Bearbeitung dringend sicherzustellen war, übernahmen das Bundesarchiv, der Internationale Suchdienst und der Bundesverband Information und Beratung für NS-Verfolgte die Aufgabe, ein geeignetes koordiniertes Verfahren zu entwickeln. Auf diese Weise wurde mit dem Projekt "Nachweisbeschaffung für ehemalige NS-Zwangsarbeiter/-innen" ein umfassender Archivverbund ins Leben gerufen. Die Funktionsweise dieses Verbunds basierte auf einer zentralen Verteilstelle, bei der alle Anfragen zusammengefasst wurden, die weder die Partnerorganisationen noch der ISD mit geeigneten Nachweisen positiv belegen hatten können. Auf Grund der Angaben in den Anträgen wurden sie nach regionalbezogenen Kriterien in standardisierter, elektronischer Form an die jeweiligen Landeskoordinierungsstellen in den einzelnen Bundesländern geleitet. Dort wurden die Anfragen entweder direkt bearbeitet oder an die regional und lokal zuständigen Staats- und Kommunalarchive weitergeleitet, die ihre Ergebnisse ebenfalls in standardisierter elektronischer Form rückmeldeten. Einbezogen waren von Anfang an auch andere staatliche Stellen, bei denen mit einschlägiger Überlieferung zu rechnen war (z.B. die Hauptverwaltung des Bundeseisenbahnvermögens für die Zwangsarbeiter bei der Reichsbahn).

Der Archivverbund wurde schließlich auf über 300 deutsche archivische Einrichtungen erweitert, unter denen sich auch einzelne größere Firmenarchive und die in Deutschland befindlichen KZ-Gedenkstätten befanden. Durch den Archivverbund konnte die Trefferquote wesentlich erhöht und damit sehr vielen ehemaligen Zwangsarbeitern doch noch zum Erwerb eines Leistungsanspruchs verholfen werden.

Immer noch unbefriedigend war die Nachweissituation für ehemalige Zwangsarbeiter, die in den Nachfolgestaaten der Sowjetunion lebten und in den heute polnischen Gebieten des Großdeutschen Reichs eingesetzt worden waren. Wenn auch seitens der polnischen Partnerorganisation hervorragend nach Nachweisen für polnische Opfer recherchiert wurde, so war dies für Anfragen nichtpolnischer Staatsbürger kaum zu erwarten.

Aus diesem Grund hat das Bundesarchiv Kontakt mit der Generaldirektion der Staatlichen Archive Polens und der Stiftung Deutsch-Polnische Aussöhnung aufgenommen. Nachdem der Bedarf und die Voraussetzungen für eine Ausdehnung des bestehenden Archivverbunds auf Polen ermittelt und geklärt worden waren, konnte eine Verteilstelle in Warschau eingerichtet werden. Hierher gelangten alle Anfragen, die sich auf einen Einsatzort in Polen bezogen und in deutschen Archiven nicht recherchierbar waren. An der weiteren Bearbeitung waren die 16 polnischen Staatsarchive, die KZ-Gedenkstätten und das Institut zur Nationalen Erinnerung in Warschau beteiligt.

Auf Grund der umfangreichen Vorarbeiten der polnischen Partnerorganisation und der bereits mehrjährigen Erfahrung der polnischen Archivare in der Bearbeitung von Zwangsarbeiterrecherchen war die Ausgangslage für eine Kooperation von vornherein sehr günstig. Unter der organisatorischen Leitung der Generaldirektion der Staatlichen Archive Polens kam es zu einer optimalen Einbindung in das elektronische Nachweissystem, so dass auch hier die Trefferquote und damit die Anzahl der Leistungsberechtigten aus Osteuropa ganz erheblich erweitert werden konnte.