Text
[55]4. [Beamtenbesoldung.]
Reichsminister Erzberger berichtet über die Verhandlungen, die gestern mit Vertretern der Beamtenschaft stattgefunden haben. Die Forderungen gingen auf folgende Punkte:
1. | Besoldungsreform, |
2. | Einmalige „Beschaffungsbeihilfe“, |
3. | Aufgabe der Dreiteilung der Teuerungsbezirke, |
4. | Heranziehung der Beamtenorganisationen bei der Besoldungsreform und bei der Reform des Beamtenrechts. |
Der Minister erklärt sich mit der Aufgabe der Dreiteilung der Teuerungsbezirke zugunsten einer Zweiteilung einverstanden.
Das Kabinett stimmt dem zu und beschließt ferner: Es soll nochmals eine einmalige Teuerungszulage an die Beamten gewährt werden; über die Höhe sollen noch Beratungen zwischen den Reichsressorts und Vereinbarungen mit Preußen und den anderen Bundesstaaten stattfinden5. Ferner sollen im Reichsfinanzministerium Beratungen über die Besoldungsreform, im Reichsministerium des Innern über die Reform des Beamtenrechts stattfinden6.
Fußnoten
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Der PrFM weist unverzüglich den Gedanken an die Zahlung einer einmaligen Beihilfe mit Rücksicht auf die pr. Finanzlage zurück. Außerdem bittet er den RMinPräs. dringend, „jedes selbständige Vorgehen […] zu vermeiden. Zusagen oder halbe Zusagen des Reichs mit der Einschränkung: ‚wenn Preußen zustimmt‘, bringen die Preuß. Regierung in eine vollkommen unhaltbare Lage u. machen uns den Widerstand gegen die unverkennbaren politischen Tendenzen der Eisenbahner [vgl. Dok. Nr. 13] unmöglich. Schon die Erweckung von Hoffnung durch falsche Gerüchte kann verhängnisvoll wirken“ (Privatdienstschreiben Südekums an Bauer, 5.7.19; R 43 I/2583, Bl. 9). Nachrichten über die zeitweise in Anwesenheit des gesamten RKab. geführten Verhandlungen mit den Ländern gelangen bald in die Öffentlichkeit (vgl. dazu die Tagespresse; Ausschnitte in R 43 I/2583). Als Reaktion auf weitere Interventionen des PrFM erklärt der RFM, daß in der Sache bisher kein endgültiger Kabinettsbeschluß vorliege. Auch er hege schwere Bedenken gegen die erneute Zuwendung öffentlicher Gelder an die Beamten. Absolute Vorbedingung für ein solches Zugeständnis – ganz abgesehen von einer Verständigung mit Preußen – sei „die Beschaffung bereiter Mittel durch Bewilligung neuer ergiebiger Steuern“ (Der RFM an den PrFM, 9.7.19; Durchschrift an den RMinPräs.; R 43 I/2583, Bl. 17 f.).
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Zum Fortgang s. Dok. Nr. 30, P. 9.