2.222.1 (feh1p): 1. Innere Lage.

Zum Text. Zur Fußnote (erste von 3). Zu den Funktionen. Zum Navigationsmenü. Zum Navigationsbaum

 

Bandbilder:

   Das Kabinett Fehrenbach  Konstantin Fehrenbach Bild 183-R18733Paul Tirard und General Guillaumat Bild 102-01626AOppeln 1921 Bild 146-1985-010-10Bild 119-2303-0019

Extras:

 

Text

RTF

1. Innere Lage.

Der Preußische Minister des Innern berichtete über die Lage, insbesondere in[616] Mitteldeutschland und im Ruhrgebiet1. Oberst Hasse gab einen Bericht über die militärische Entwicklung und teilte mit, daß die Truppen von Mittwoch abend [30. 3.] an zu einer Aktion bereit wären2. Im Anschluß hieran entspann sich eine längere Erörterung über die Frage, ob man schon heute einen Beschluß über die Einsetzung der Reichswehr – sei es in Mitteldeutschland, sei es im Ruhrgebiet – fassen könne. Der Herr Reichspräsident stellte schließlich als Ergebnis fest, daß man mit Rücksicht auf die Entwicklung heute einen Beschluß über die Einsetzung der Reichswehr nicht fassen könne. Es wurde mit Ausnahme von einer Seite allgemein der Auffassung Ausdruck gegeben, daß es besser sei, die Reichswehr jetzt nicht einzusetzen, sondern die Aktion durch die Schutzpolizei beendigen zu lassen. Die Reichswehr sollte aber für alle Fälle bereitstehen, um erforderlichenfalls eingreifen zu können. Es wurde für unbedenklich gehalten, die Reichswehr nach ihrer Zusammenziehung etwa 1–2 Tage in Bereitschaftsstellung zu halten. Diese soll so gestaltet werden, daß unter Umständen auch ein Abtransport nach anderen gefährdeten Stellen, insbesondere dem Ruhrgebiet, erfolgen könne. Der Einsetzung von Reichswehr innerhalb der 50-km-Zone wurde dringend widerraten, da dies zu schwersten Verwicklungen mit der Entente führen würde. Es wurde aber für möglich erachtet, gegebenenfalls die Reichswehr außerhalb der 50-km-Zone gewissermaßen als tatsächliche und moralische Stütze für die die Operationen vornehmende Schutzpolizei zu halten.

Auf Vorschlag des Reichsministers des Innern werden Oberst Kuenzer sowie je ein Referent vom Preuß. Ministerium des Innern und vom Reichswehrministerium sich morgen nach Magdeburg bzw. Halle und in das angrenzende Gebiet begeben, um mit den in Betracht kommenden Stellen Fühlung zu nehmen und sich ein Bild über die Lage zu verschaffen. Die Herren werden in der auf Donnerstag, den 31. März, vormittags 10 Uhr, anberaumten gemeinsamen Sitzung, zu der besondere Einladungen nicht ergehen werden, Bericht erstatten3.

Fußnoten

1

Zur Vorgeschichte s. Dok. Nr. 208, Dok. Nr. 219 und Dok. Nr. 221. Im mitteldt. Aufstandsgebiet war am Morgen des 29. 3. das Leunawerk von der Schutzpolizei erstürmt und besetzt worden. Ferner war es bei Ammendorf, südöstlich von Halle, zu einem größeren Gefecht zwischen Polizeieinheiten und Aufständischen gekommen.

Im rheinisch-westfälischen Industriegebiet hatte sich die Lage am 28. 3. verschärft. Am 29. 3. war daraufhin durch den RPräs. der zivile Ausnahmezustand für den unbesetzten Teil des Regierungsbezirks Düsseldorf und für die Regierungsbezirke Münster und Arnsberg verhängt worden (Denkschrift des RKom., S. 17 und 23, R 43 I /2712 , Bl. 211 und 214; RGBl. 1921, S. 456 ).

2

Zum Einsatz der Reichswehr s. Dok. Nr. 221, Anm. 2. Während der Aktion standen Reichswehrtruppen in Aschersleben und Delitzsch, Sangerhausen, Dessau, Naumburg/Saale, Ohrdruf und die Garnison in Leipzig bereit. Eingesetzt wurde die Reichswehr jedoch nur beim Sturm auf das Leunawerk (Artillerie) und bei der Niederwerfung der Aufstandsbewegung im Kreis Liebenwerda (Denkschrift des RKom., S. 19, R 43 I /2712 , Bl. 212).

3

Siehe dazu Dok. Nr. 224.

Extras (Fußzeile):