1.72.3 (vpa2p): Anlage 2

Zur ersten Fundstelle. Zum Text. Zur Fußnote (erste von 2). Zu den Funktionen. Zum Navigationsmenü. Zum Navigationsbaum

 

Bandbilder:

Das Kabinett von Papen Band 2Das Kabinett von Papen Bild 183-R1230-505Wahllokal in Berlin Bild 102-03497AGöring, Esser und Rauch B 145 Bild-P046294Ausnahmezustand in Berlin während des „Preußenschlages“.Bild 102-13679

Extras:

 

Text

RTF

Anlage 2

Entwurf eines Berichts des Herrn Reichskanzlers an den Herrn Reichspräsidenten9.

9

Für die Zuleitung des nachstehenden Berichts an den RPräs. fanden sich Unterlagen nicht bei den Akten der Rkei. Sie dürfte nicht auszuschließen sein, da Hindenburg in seinem Erlaß vom 18.11.32 (Dok. Nr. 220) auf den Erhalt von „Berichten über die zwischen dem Reichskommissar für das Land Preußen und dem Preußischen Ministerpräsidenten geführten Verhandlungen“ ausdrücklich hinweist.

Hochzuverehrender Herr Reichspräsident!

Auf Ihren Erlaß vom . . . . . . . . .10, betreffend das Schreiben des Herrn Ministerpräsidenten Dr. Braun vom 3. November 1932 beehre ich mich folgendes zu berichten:

10
 

Diese Punkte auch in der Vorlage. – Mit „Erlaß“ ist hier offenbar gemeint das von Meissner dem RK am 4. 11. mitgeteilte Ersuchen der RPräs. um „Stellungnahme“ zum Schreiben Brauns an Hindenburg vom 3.11.32 (vgl. Anm 1 zu Dok. Nr. 192). Die Nichteinsetzung des Datums erklärt sich vermutlich daraus, daß den Verfassern des Entwurfs, den RM Bracht und Popitz (vgl. oben Anm 3), das Schreiben Meissners vom 4. 11. nicht vorgelegen hat.

Ich habe mir unmittelbar nach Erlaß des Urteils des Staatsgerichtshofs vom 25. Oktober 1932 angelegen sein lassen, eine Abgrenzung zwischen den dem Preußischen Staatsministerium und den Preußischen Staatsministern hiernach verbliebenen Befugnissen einerseits und den mir und den von mir bestellten Kommissaren des Reichs zustehenden Befugnissen andererseits vorzunehmen und eine Reibungen möglichst ausschließende Regelung zu finden. Dem Herrn Ministerpräsidenten und seinen Bevollmächtigten sind hierüber wiederholt mündlich und schriftlich Vorschläge gemacht, ihre Wünsche entgegengenommen, geprüft und im wesentlichen erfüllt worden. Danach muß ich die Behauptung des Herrn Ministerpräsidenten, daß die Herren Kommissare des Reichs den Herren Staatsministern die größten Schwierigkeiten bereiteten, mit Entschiedenheit zurückweisen.

Nach sorgfältiger Prüfung der Sachlage und der vom Herrn Ministerpräsidenten und seinen Bevollmächtigten geäußerten Wünsche ergibt sich in bezug auf die vom Herrn Ministerpräsidenten vorgebrachten Einwendungen das Folgende:

1.) Nach der Begründung des Urteils des Staatsgerichtshofs steht dem Preußischen Staatsministerium und den Preußischen Staatsministern ein bestimmter Sektor von Aufgaben rechtlich zu. Eine förmliche Wiedereinsetzung in die Ämter als Staatsminister kann danach weder in Betracht kommen, noch liegt dafür für das Reich eine Zuständigkeit vor.

2.) Firmierung. Den Darlegungen des Herrn Ministerpräsidenten mag folgende Regelung Rechnung tragen, die ich, da es sich nur um eine Formfrage handelt, gern zugestehe, obgleich ich eine rechtliche Notwendigkeit dazu nicht als vorliegend erachte. Der Kopf der Schreiben, die innerhalb der mir und den von mir bestellten Kommissaren des Reichs zustehenden Befugnisse ergehen, wird[910] nach wie vor die Angabe: „Das Preußische Staatsministerium“ bzw. „Der Preußische Ministerpräsident“ bzw. „Der (Ressort-)Minister“ tragen. Bei der Zeichnung werde ich und die von mir bestellten Kommissare des Reichs vor ihren Namen die Worte „Der Kommissar des Reichs“ und entsprechend bei Beschlüssen des Staatsministeriums „Die Kommissare des Reichs für das Land Preußen“ setzen.

Werden die Schreiben in Vertretung oder im Auftrage gezeichnet, so wird vor die Unterschrift gesetzt: „In Vertretung des Kommissars des Reichs“ bzw. „Im Auftrage des Kommissars des Reichs“.

3.) Soweit der Herr Ministerpräsident und die Herren Staatsminister zur Wahrnehmung der ihnen verbliebenen Aufgaben der Mithilfe von Beamten bedürfen, habe ich keinerlei Einwendungen dagegen, daß sich der Herr Ministerpräsident und die Herren Staatsminister mit den zuständigen Ministerialbeamten in Verbindung setzen. Ein geordneter Geschäftsgang in den Ministerien kann aber nur aufrecht erhalten werden, wenn die Beanspruchung dieser Beamten je durch Vermittlung des zuständigen Staatssekretärs (im Ministerium für Handel und Gewerbe durch den mit der Führung der Geschäfte beauftragten Ministerialdirektor Ernst) erfolgt. Entsprechendes gilt für die Anforderung von Akten.

4.) So gern ich bereit sein würde, gerade dem Herrn Ministerpräsidenten Dr. Braun in seinem Wunsche, die Amtsräume Wilhelmstraße 64 wieder zu übernehmen, entgegenzukommen, so muß ich in dieser Beziehung gleichwohl angesichts der gegenwärtigen politischen Spannung das Interesse an der Erhaltung des öffentlichen Friedens höher stellen. Eine Notwendigkeit, diese Räume für die geschäftliche Erledigung der dem Herrn Ministerpräsidenten und den Herren Staatsministern verbliebenen Aufgaben zu benutzen, besteht keinesfalls. Für den verhältnismäßig geringen Umfang dieser verbliebenen Aufgaben sind dem Herrn Ministerpräsidenten für sich, für Sitzungen des Staatsministeriums und für die ihn umgebenden Beamten ausreichende und in jeder Weise würdige Räume in dem Gebäude des Ministeriums für Volkswohlfahrt angeboten worden. Es empfiehlt sich nicht, daß im engeren Regierungsviertel, in dem Sie, Herr Reichspräsident, Ihren Amtssitz haben, sich die Reichskanzlei befindet und außerdem der Sitz des Reichskommissars für das Land Preußen ist und sein muß, einen Mittelpunkt zu schaffen, von dem aus, auch wenn dem Herrn Ministerpräsidenten persönlich das gewiß in jeder Weise fernliegt, nur allzu leicht bei den vorhandenen Gegensätzen Verwirrung in die Beamtenschaft getragen werden und Unruhe auf der Wilhelmstraße entstehen kann.

Was die Amtsräume der Herren Staatsminister anlangt, so ist es für die umfangreichen Geschäfte der Kommissare des Reichs, die in der Leitung der Fachministerien die gesamte innere Verwaltung des Landes Preußen verantworten, unerläßlich, daß sie die Räume für sich in Anspruch nehmen, von denen aus ständig die Ministerien geleitet worden sind. Ich habe aber den Herren Staatsministern angeboten, daß jedem von ihnen in dem Ministerium ihres Geschäftsbereichs andere entsprechend ausgestattete und würdige Räume bereit gehalten werden, wenn sie solcher für die Wahrnehmung der ihnen verbliebenen Aufgaben bedürfen. Eine Ausnahme hiervon war nur für das Ministerium des Innern geboten; bei dessen mit der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe[911] und Ordnung und der inneren Staatspolitik so überaus verflochtenen Aufgabenkreise scheint es mir angemessen, wenn Herr Minister Dr. Severing seine ihm verbliebenen Amtsbefugnisse in Räumen wahrnimmt, die in Zusammenhang mit denjenigen stehen, die ich dem Herrn Ministerpräsidenten im Ministerium für Volkswohlfahrt angeboten habe. Daß die angebotenen zur Verfügung gestellten Räume durchweg mit dem technischen Apparat ausgestattet und entsprechende Hilfskräfte zur Verfügung gestellt werden, ist selbstverständlich.

Im Anschluß an diese Frage sehe ich mich leider genötigt, mit Entschiedenheit die Bemerkungen zurückzuweisen, die über das angebliche Verhalten des Kommissars des Reichs für den Geschäftsbereich des Finanzministeriums, Herrn Reichsminister Dr. Popitz, gemacht worden sind. Herr Reichsminister Dr. Popitz hat meiner Weisung entsprechend die Geschäfte im Finanzministerium übernommen und dabei selbstverständlich die zur Leitung dieses Ministeriums notwendigen Amtsräume für sich in Anspruch nehmen müssen. Er hat aber durch den zuständigen Staatssekretär unmittelbar Herrn Staatsminister Dr. Klepper hiervon Mitteilung machen lassen mit dem Hinzufügen, daß Herrn Staatsminister Dr. Klepper jederzeit im Finanzministerium geeignete Räume in der leerstehenden Dienstwohnung nach seinen Wünschen zur Verfügung gestellt werden könnten.

Im übrigen versage ich mir, auf die hie und da wenig verbindliche Wortfassung des Schreibens des Herrn Ministerpräsidenten näher einzugehen. Ich führe sie auf eine gewiß verständliche Empfindlichkeit zurück. Das gemeinsame Bestreben muß aber die Erreichung geordneter, von politischen Prestigefragen unberührter Zusammenarbeit sein.

Extras (Fußzeile):