1.72.4 (str2p): 4. Entwurf einer Verordnung zur Änderung des Tabaksteuergesetzes. […]

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4. Entwurf einer Verordnung zur Änderung des Tabaksteuergesetzes. […]

Fortsetzung zu Punkt 2: Sachsen.

Nach einer Pause übernahm der Reichskanzler erneut den Vorsitz und bat den Reichsminister für Wiederaufbau, die Stellungnahme der sozialdemokratischen Mitglieder des Kabinetts bekanntzugeben.

[858] Der Reichsminister für Wiederaufbau teilte mit, daß er und seine Fraktionskollegen im Ministerium es nicht für tragbar hielten, eine Landesregierung, welche sich auf parlamentarische Mehrheit stütze und verfassungsmäßig zustande gekommen sei, in der beabsichtigten Weise abzusetzen. Sie schlügen vor, daß zunächst der Versuch gemacht werde, den Ministerpräsidenten Dr. Zeigner zum freiwilligen Rücktritt zu veranlassen. Gehe er hierauf nicht ein, so habe das Kabinett freie Hand, die erforderlichen Maßnahmen zu treffen.

Der Ministerialdirektor Meissner teilte mit, daß er im Auftrage des Herrn Reichspräsidenten folgenden Vermittlungsvorschlag zu unterbreiten habe14: Es solle zunächst durch den Herrn Reichskanzler eine Aufforderung an den sächsischen Ministerpräsidenten zum Rücktritt der gegenwärtigen Regierung mit kurzer Befristung ergehen. Daneben sollten jedoch alle Schritte von Seiten des Inhabers der vollziehenden Gewalt erfolgen, welche vorgesehen seien, um im Falle einer nicht befriedigenden Antwort des sächsischen Ministerpräsidenten die Übernahme der Regierung in Sachsen durch einen Staatskommissar erfolgen zu lassen.

14

Zur Stellung des RPräs. im Sachsenkonflikt s. Anhang Nr. 1.

Der Reichswehrminister teilte mit, daß er gegen jede Verzögerung der von ihm für erforderlich gehaltenen Maßnahme die ernstesten Bedenken hege. Es gehe um Stunden und handle sich um staatspolitische Notwendigkeiten, bei denen man auf Stimmungen und Parteiwünsche keine Rücksicht nehmen könne. Er befürchte daher, daß bei Befolgung des Vorschlages des Herrn Reichspräsidenten die Lage der Reichsregierung aus der Hand gleiten werde. Immerhin könne er sich dem Rate des Herrn Reichspräsidenten nicht entziehen, er bitte nur um genaue Formulierung, was zu geschehen habe.

Der Reichskanzler teilte den Bericht der Vertretung der Reichsregierung in München über die Überreichung der Note der Reichsregierung am Vormittage mit15. Er halte hiernach sowie auf Grund der ihm sonst zugegangenen Nachrichten aus Bayern die dortige Lage schon für derart zugespitzt, daß keine Zeit mehr zu verlieren sei. Insbesondere müsse mit Rücksicht auf die möglicherweise sofort in Bayern gefaßten Entschließungen die Tatsache eines Eingreifens der Reichsregierung in Sachsen unverzüglich der Öffentlichkeit bekanntgegeben werden.

15

S. Anm. 21 zu Dok. Nr. 185.

Der Reichsernährungsminister betonte erneut die Notwendigkeit sofortigen Handelns, sowohl mit Rücksicht auf die gesamte bürgerliche öffentliche Meinung als auch insbesondere auf die Reichswehr.

Der Reichsminister der Justiz bat, bei der Veröffentlichung in der Presse möglichste Zurückhaltung zu üben, um die Lage in der sozialdemokratischen Partei nicht zu erschweren.

Nach einer weiteren Erörterung über die zu wählende Formulierung hinsichtlich der Aufforderung des Reichskanzlers an den sächsischen Ministerpräsidenten sowie auch bezüglich der Bekanntgabe in der Presse, an welcher sich der Reichskanzler, der Reichsminister der Justiz, der Reichsminister der Finanzen, der Reichsarbeitsminister, der Reichsernährungsminister, der Reichsminister[859] des Innern und der Reichsverkehrsminister beteiligten, stellte der Reichskanzler fest, daß die Aufforderung an den sächsischen Ministerpräsidenten etwa dahin lauten müsse, daß die Verhältnisse unter der gegenwärtigen Regierung in Sachsen infolge der kommunistischen Beteiligung für die Reichsregierung nicht mehr tragbar seien und daß daher diese Regierung nicht mehr als solche anerkannt werden könne. Der sächsische Ministerpräsident werde daher aufgefordert, die jetzige Regierung sofort aufzulösen und dafür Sorge zu tragen, daß eine neue Regierung ohne Teilnahme der Kommunisten sich bilde. Sollte dieser Aufforderung nicht alsbald entsprochen werden, dann werde der Inhaber der vollziehenden Gewalt einen Kommissar ernennen, der die Belange des Landes wahrnehmen werde, bis eine neue verfassungsmäßige Regierung gebildet sei.

Der Reichsernährungsminister beantragte, die Formulierung der Aufforderung an den sächsischen Ministerpräsidenten und der Bekanntgabe in der Presse dem Herrn Reichskanzler zu übertragen.

Nachdem hiergegen Widerspruch nicht erhoben wurde, schloß der Reichskanzler die Sitzung16.

16

S. Dok. Nr. 188.

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