1.46.1 (bru2p): Deutsche Stützungsaktion für die österreichische Kreditanstalt.

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Deutsche Stützungsaktion für die österreichische Kreditanstalt.

Staatssekretär Dr. von BülowBülow trug vor, daß ihm der Reichsminister des Auswärtigen aus Genf mitgeteilt habe, er halte es für notwendig, in der Lage zu sein, eine Option auf das zur Zeit verkäufliche Aktienpaket der Österreichischen Kreditanstalt auszuüben1. Die Frage eines Verkaufs dieses Aktienpakets sei durch ein Angebot der Stadt Wien akut geworden.

1

Am 11.5.31 war der Jahresabschluß der Österr. Kreditanstalt veröffentlicht worden, aus dem hervorging, daß bei dem Aktienkapital von 125 Mio Schilling und 40 Mio Schilling Reserven Verluste in Höhe von 140 Mio Schilling eingetreten seien. Die österr. Bundesregierung hatte Sanierungsmaßnahmen ergriffen. Die hierfür erforderlichen Mittel wollte sie sich durch die Begebung langfristiger Schatzscheine im Ausland beschaffen (Schultheß 1931, S. 284).

Der RAM hatte am 17.5.21.45 Uhr mit Bülow telefoniert. Curtius hatte die Mitteilung des RbkPräs. Luther aus Basel weitergegeben, daß die BIZ nicht bereit sei, die Schatzscheine zu übernehmen. Curtius hatte dem österr. Vizekanzler Schober erklärt, Dtld.sei bereit, für 20 Mio RM Aktien der Kreditanstalt zu übernehmen. „Die Überlassung der Aktien an ein internationales Konsortium würde der Internationalisierung Österreichs gleichkommen“ (Vermerk Bülows vom 18.5.31, R 43 I /112 , Bl. 201–203).

Staatssekretär Dr. SchäfferSchäffer äußerte lebhafte Bedenken gegen einen Ankauf des Aktienpakets. Dieser könne nicht geheim bleiben und würde unter Umständen unsere Reparationspolitik in entscheidender Weise gefährden2.

2

In einer Unterredung zwischen RbkPräs. Luther, RbkVPräs. Dreyse, StS Schäffer, StS v. Bülow und Gustav Stolper war man zu dem Ergebnis gekommen, daß 1. der RAM in Genf Schober gegenüber zum Ausdruck bringen sollte, daß die Aktien der Kreditanstalt nicht in den Besitz von Leuten kommen sollten, die der Zollunion feindlich gesinnt seien; 2. es gut wäre, die Aktien in englische Hände zu bringen, damit auf der einen Seite der frz. Einfluß nicht erweitert, auf der anderen Seite die politische Lage nicht erschwert würde; 3. eine Reichsgarantie gegeben werden sollte, um einen Aktienerwerb durch die gegnerische Seite zu verhindern (Durchschrift einer Aufzeichnung Schäffers vom 12.5.31, R 43 I /112 , Bl. 190–191).

Vizepräsident DreyseDreyse erklärte, daß er für eine Übernahme von Aktien selbst mit Reichsgarantie die Privatwirtschaft kaum interessieren können werde. Viel leichter sei die Aufnahme der österreichischen Staatskassenscheine zu erreichen. Nach Mitteilungen aus Basel vom Reichsbankpräsidenten Luther sei es nicht ausgeschlossen, daß sich Deutschland an dem internationalen Konsortium zur Übernahme eines erheblichen Teiles der Staatskassenscheine mit einer[1079] angemessenen Quote beteiligen können werde. Für das Aktienpaket könne im Ausland höchstens die französische Regierung aus politischen Gründen Interesse haben.

Der Reichskanzler und der Reichspostminister betonten, daß unter allen Umständen ein Ankauf des Aktienpakets durch Frankreich verhindert werden müsse. Dies würde das Ende der Zollunion bedeuten.

Staatssekretär Dr. SchäfferSchäffer warnte davor, daß die Reichsregierung durch Erwerb von Aktien die Mitverantwortung für die weiteren Geschehnisse bei der österreichischen Kreditbank übernehme. Es sei noch sehr fraglich, ob nicht weitere Passiva auftauchen würden.

Nach eingehender Aussprache fand der Gedanke Billigung, Österreich erstens durch Beteiligung an dem internationalen Konsortium zur Übernahme von Staatskassenscheinen zu unterstützen. Hierfür werde etwa eine Quote von 10, höchstens 15 Millionen Schilling auf Deutschland fallen, für deren Übernahme durch deutsche Banken die Reichsbank sorgen zu können glaubt. Es wurde ferner vereinbart, Österreich eine Beihilfe durch Übernahme von Staatskassenscheinen aus dem innerösterreichischen Markt zu gewähren.

Vizepräsident DreyseDreyse schlug vor, hier nochmals für 30 Millionen Schilling einzutreten = 18 Millionen RM. Hiervon solle die Reichsbahn 10 Millionen, die Reichspost 8 Millionen RM übernehmen.

Der Reichspostminister erklärte sich hierzu für den Anteil der Reichspost = 8 Millionen RM bereit.

Auch Generaldirektor DorpmüllerDorpmüller glaubte die Quote von 10 Millionen RM zur Verfügung stellen zu können, sofern sich ein Weg fände, diese Transaktion vor dem Verwaltungsrat, d. h. insbesondere vor seinem ehemaligen französischen Mitglied3, geheim zu halten. Es wurde hierfür eine Vermittlung der Reichspost ins Auge gefaßt. Als Gegenleistung für diese innerösterreichische Stützung solle Österreich die Verpflichtung eingehen, weder eine Zusage wegen Verkaufs des Aktienpakets der Österreichischen Kreditanstalt an andere zu machen, noch eine Option anderen zu gewähren, ohne vorher mit Deutschland verhandelt zu haben.

3

Maurice Margot, Mitglied des RB-Verwaltungsrats bis 1930.

Staatssekretär Dr. von BülowBülow stellte fest, daß also der Reichsminister des Auswärtigen erklären könne, daß wir unser Interesse an dem Verbleib des Aktienpakets anmeldeten und keinesfalls einen Verkauf ohne vorherige Verhandlung mit uns zulassen wollten.

Die Chefbesprechung wurde hierauf beendet4.

4

Zum Fortgang der Beratungen s. Dok. Nr. 305.

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