1.153.1 (mu22p): [Anlage:]

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Text

RTF

[Anlage:]4

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Abschrift in Durchschrift.

I.

1. Erstes Erfordernis ist Sanierung der Haushalts- und der Kassenlage des Reichs, der Länder und der Gemeinden. Durch die Wiederherstellung einer festen Ordnung in der öffentlichen Finanzwirtschaft wird das Vertrauen in unsere staatlichen und unsere finanziellen Verhältnisse wieder hergestellt und damit die erste Voraussetzung für das Sparen und für die Bildung neuen Kapitals geschaffen.

Die Einsparungen aus dem Young-Plan und die Mehreinnahmen, die dem Reich aus Steuererhöhungen zufließen, müssen daher in erster Linie zur Sanierung des Reichshaushalts und der Haushalte der Länder und Gemeinden herangezogen werden.

Steuersenkungen können nur durchgeführt werden, soweit hierfür nach Sanierung des Reichshaushalts und der Haushalte der Länder Mittel zur Verfügung stehen.

2. Die Beseitigung der Finanznot der Länder und Gemeinden ist für das Reich eine nicht minder vordringliche und unabweisbare Aufgabe wie die Sanierung seiner eigenen Haushalts- und Kassenlage.

Der Finanzausgleich darf nicht nur nicht verschlechtert, sondern muß so verbessert werden, daß den lebensfähigen und lebenswilligen Ländern das finanzielle Weiterleben ermöglicht wird. Hierbei kann es sich wiederum nur um eine Übergangsregelung handeln, da ein endgültiger Finanzausgleich noch nicht möglich ist.

a) Die Anteile der Länder an der Einkommen-, Körperschaft- und Umsatzsteuer dürfen unter keinen Umständen herabgesetzt, die Überweisungen nicht durch Vorwegnahme von Beträgen zugunsten des Reichs verkürzt werden.

[1345] b) Die Aufrechterhaltung des § 35 des Finanzausgleichsgesetzes ist eine Lebensfrage für Bayern und die anderen steuerschwachen Länder. Seine Beseitigung ist unmöglich, solange nicht den steuerschwachen Ländern durch Einschaltung der Bevölkerungszahl bei der Verteilung der Einkommen- und Körperschaftsteuer oder in sonstiger Weise ein vollwertiger Ersatz geboten wird.

c) Die notwendige Verbesserung des Finanzausgleichs zugunsten der Länder und Gemeinden ist entweder durch Erhöhung des Anteils der Länder an der Einkommen- und Körperschaftsteuer oder durch eine andere Verteilung des bisherigen Anteils oder durch Umgestaltung der Biersteuer in eine Überweisungssteuer herbeizuführen. Im letzteren Falle müßten die Länder mindestens mit 40 v.H. am Erträgnis nach Maßgabe des örtlichen Aufkommens beteiligt werden. Aus dem Gesamterträgnis der Steuer wären die bisherigen Vorausentschädigungen der drei süddeutschen Länder vorweg zu decken.

3. Als Ersatz für den im Reichshaushalt dadurch entstehenden Ausfall und zur Herstellung des erforderlichen Ausgleichs im Reichshaushalt ist der Steuersatz bei der Umsatzsteuer von 0,75 v.H. auf 1 v.H. zu erhöhen. Von der Erhöhung erhalten die Länder (wie bisher) 30 v.H., das Reich 70 v.H.

II.

Die Rentenbankzinsen und die Industriebelastung sind vom Rechnungsjahr 1930 an im vollen Umfang zu beseitigen.

Eine weitere Entlastung der Wirtschaft durch Steuersenkungen, gleichviel welcher Art, ist vor dem Rechnungsjahr 1931 nicht möglich.

Bis zu diesem Zeitpunkt muß auch die Entscheidung darüber zurückgestellt werden, ob ein Umbau des Steuersystems und eine weitere Verschiebung der Steuerlast nach der Richtung hin durchführbar ist, daß zur Ermöglichung einer Senkung der direkten Steuern der Verbrauch stärker belastet wird.

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