1.137 (str2p): Nr. 251 Der Chef der Heeresleitung an den Reichskanzler. 13. November 1923

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RTF

Nr. 251
Der Chef der Heeresleitung an den Reichskanzler. 13. November 1923

R 43 I /2309 , Bl. 323

[Betrifft: Amtsenthebung eines sächsischen Ministers.]

In der Anlage beehre ich mich, ein Schreiben an den Befehlshaber im Wehrkreis IV zu übersenden1. Ich beabsichtige den Minister Liebmann vom Amte zu suspendieren. Wenn dort Bedenken gegen diese Maßnahme bestehen, so bitte ich ergebenst, sie mir baldmöglichst mitzuteilen2.

1

Nach hs. Vermerk Ostertags wurden neun Anlagen, deren Inhalt nicht ermittelt wurde, an das Truppenamt auf dessen Wunsch zurückgegeben.

2

RPräs. Ebert vermerkte am 18.11.23 auf diesem Schreiben: „Eine solche Maßnahme ist nach den von mir Herrn General v. Seeckt übertragenen Vollmachten unmöglich; ein Eingriff in die Hoheitsrechte der Länder kann daraus nicht abgeleitet werden.“ StS Meissner, der am 20.11.23 v. Seeckts Schreiben mit der Anmerkung Eberts an die Rkei zurücksandte, bemerkte dazu, aus Eberts Notiz gehe hervor, „daß ein solches Vorgehen die dem Herrn General übertragenen Vollmachten überschreiten würde und daher verfassungswidrig wäre“ (R 43 I /2309 , Bl. 324). Die Haltung der Reichswehrführung gegenüber der Einstellung der zivilen Reichsbehörden zu Sachsen charakterisiert Major v. Schleicher am 7.12.23 in einem Truppenamtsvortrag damit, daß er ausführte, Stresemann sei Heinze in den Arm gefallen und habe die Einsetzung des Ministeriums Fellisch zugelassen (BA-MA: NL Schleicher  19, Bl. 24). In einer am 11.12.23 von General Hasse durch das Truppenamt an die Chefs der Gruppenkommandos und Wehrkreiskommandos versandten Beurteilung der innerpolitischen Lage wurde dann im einzelnen erklärt: „In Sachsen ist die folgerichtige Durchführung der beabsichtigten Pläne durch den Umfall des damaligen Kanzlers Stresemann, durch sein Abschwenken von der ursprünglichen Linie, gescheitert. Als auf Drängen des Kanzlers die Regierung Fellisch gebildet wurde, waren 80% des Erfolges der Aktion verloren. Die Demokraten liehen Fellisch auf Wunsch ihrer Parteizentrale ihre Stimme. Man gelangte schnell in radikale Fahrwasser zurück. Das ist augenblicklich nicht von übergroßer Bedeutung, da General Müller durch Einteilung des Landes in Bezirke und Unterstellung der Polizei unter militärische Leitung die tatsächliche Regierungsgewalt in den Händen hat. Die Demokraten sind inzwischen von ihrem Glauben an die Möglichkeit einer Zusammenarbeit mit der VSPD kuriert und werden den Rücktritt der Regierung Fellisch herbeiführen. […] Bezeichnend für den Wert der Anwürfe gegen die Militärbefehlshaber, sie seien rigoros, sie seien arbeiterfeindlich, ist die Tatsache, daß bei den Differenzen in der Metallindustrie in Leipzig General Müller auch von den Arbeitnehmern zur Fällung eines Schiedsspruchs angerufen wurde“ (BA-MA: NL Schleicher 19, Bl. 28 f.) Nachdem die DDP im sächs. LT dem Innenminister Liebmann das Vertrauen entzogen hatte, trat das Kabinett Fellisch am 14.12.23 zurück; s. Schultheß 1923, S. 232; W. Fabian, Klassenkampf um Sachsen, S. 183.

v. Seeckt

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