Verdacht der "staatsfeindlichen Hetze"
Die für SED und Stasi unerwartete Protestwelle gegen die Biermann-Ausbürgerung vom 16. November 1976 beendete die kurze Phase kulturpolitischer Lockerungen in der DDR. Kunst- und Kulturschaffende, die Kritik am SED-Staat übten, sahen sich nun mit verstärkten Repressionen bis hin zu Verhaftungen konfrontiert. Die Stasi musste dabei in ihren Methoden taktieren, damit keine allzu offensichtlichen Verletzungen der Menschenrechte das Ansehen der DDR auf der internationalen Bühne gefährdeten. Erst im Jahr zuvor hatte die DDR die Schlussakte der Konferenz für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (KSZE) in Helsinki unterzeichnet. Damit verpflichtete sie sich zur Wahrung der Menschenrechte und Grundfreiheiten im Land.
Am Vormittag des 19. Novembers 1976 waren Jürgen Fuchs, Gerulf Pannach, Christian Kunert und Robert Havemann in dessen Auto auf dem Weg zur Ost-Berliner Dependance des westdeutschen Nachrichtenmagazins DER SPIEGEL. Nur wenige Tage nach der Ausbürgerung ihres Freundes Wolf Biermann und ersten Protesten von prominenten Schriftstellerinnen und Schriftstellern wollten sie weitere Solidaritätsbekundungen organisieren und mit der Westpresse über den Vorfall sprechen. Die Stasi verhaftete Fuchs direkt aus Havemanns Auto heraus und brachte ihn in das zentrale Untersuchungsgefängnis des MfSMinisterium für StaatssicherheitDas Ministerium für Staatssicherheit (umgangssprachlich oft kurz "Stasi") war politische... in Berlin-Hohenschönhausen.
Als Grund für seine VerhaftungVerhaftungBeginn einer freiheitsentziehenden Maßnahme, Ergreifung eines Beschuldigten oder Angeklagten... galt laut HaftbeschlussHaftbeschlussStrafverfahrensrechtlich nicht vorgeschriebene, lediglich MfS-interne Anordnung der Inhaftierung... der Verdacht auf "staatsfeindliche Hetze" gemäß §106 StGB-DDR. In seinen Publikationen habe er die "staatlichen und anderen gesellschaftlichen Verhältnisse der DDR […] diskriminiert". Auch deren "Verbreitung in der BRD" wird ihm explizit vorgeworfen.