1.195.1 (bru3p): Stillhaltung für die kurzfristige Auslandsverschuldung von Ländern und Gemeinden.

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Stillhaltung für die kurzfristige Auslandsverschuldung von Ländern und Gemeinden.

Ministerialdirektor Ruppel nahm Bezug auf die Chefbesprechung über den gleichen Beratungsgegenstand vom 31. März 19321 […] und berichtet über den Fortgang der Verhandlungen mit den Gläubigergruppen folgendes:

1

Vgl. Dok. Nr. 705.

[2416] Er habe die Verhandlungen mit den vier Gläubiger-Gruppen der Schweizer, Holländer, Engländer und Schweden unter Vorsitz des Engländer Guiness fortgesetzt. Eine Einigung habe sich aber noch nicht erzielen lassen. Bisher habe er an den bereits im Dezember 1931 aufgestellten deutschen drei Grundforderungen, nämlich: Abschluß eines Abkommens auf die Dauer eines Jahres, Rückzahlung von 10% des Kapitals, Verzinsung des Restes mit 6% festgehalten. Die Gegenseite wolle aber unter keinen Umständen auf den festen Zinssatz von 6 v. H. eingehen. Sie fordere ferner das Zugeständnis, daß die auf Reichsmark lautenden Anleihen auf die Währung des Gläubigerlandes umgestellt werden. Für Länder mit nicht goldstabiler Währung solle die Umwandlung nur mit Zustimmung des Schuldners zulässig sein. Für die Konversion komme praktisch nur eine verschwindend kleine Summe in Frage, da der Gesamtbetrag der auf Reichsmark lautenden Anleihen nur 40 Millionen RM und von dieser Gesamtsumme der größte Teil bereits mit Goldklausel versehen sei. Bedeutung habe die Konversion mithin für höchstens 6–7 Millionen RM. In der Zinsfrage sei von der Gegenseite das Angebot gemacht worden: die Bankrate des Gläubigerlandes plus 2%, mindestens aber 6% festzusetzen. Das bedeute praktisch, daß in der Mehrzahl der Fälle der Zinssatz 6% nicht übersteigen werde, denn abgesehen von Schweden und der Tschechei übersteige die Bankrate zur Zeit nicht 4%. Die Gegenseite sträube sich, auf den starren Zinssatz von 6% einzugehen, um keinen Präzedenzfall zu schaffen für die Regelung der Zinsfrage für das große Kreditabkommen 1932.

Reichsbankpräsident Dr. Luther erwiderte, daß er gegen das Zugeständnis der Konversion keine Bedenken habe, daß er aber andererseits besonderen Wert darauf legen müsse, an dem festen Zinssatz von 6 v. H. hartnäckig festzuhalten, und zwar aus grundsätzlichen Erwägungen. Es sei zwar richtig, daß bei dem Angebot der Gläubiger: Bankrate plus 2% praktisch der Zinssatz von 6% erreicht sei. Er lege aber entscheidendes Gewicht darauf, das Zinsproblem auf der Grenze von 6% zu stabilisieren.

Der Reichswirtschaftsminister schloß sich in der Konversionsfrage nach anfänglichen Bedenken dem Standpunkt des Reichsbankpräsidenten an, ebenso der Reichsminister der Finanzen. In der Zinsfrage wurde der Standpunkt des Reichsbankpräsidenten gleichfalls geteilt. Da Ministerialdirektor Ruppel jedoch erklärte, daß er aus der bisherigen Haltung der Gläubigervertreter den Eindruck gewonnen habe, daß die Verhandlungen möglicherweise an diesem Punkte scheitern würden, äußerte der Reichswirtschaftsminister Bedenken, ob es richtig sei, unter allen Umständen den deutschen Standpunkt in dieser Frage starr durchzuhalten. Er gab zu bedenken, ob die Nachteile eines Scheiterns der Verhandlungen nicht größer seien als der Versuch, den starren Standpunkt durchzuhalten, zumal da ja praktisch der angestrebte Zinssatz von 6% in der Mehrzahl der Fälle erreicht werde.

Der Reichsbankpräsident betonte demgegenüber wiederholt die außerordentliche Tragweite der grundsätzlichen Erreichung der 6%-Grenze. Er erklärte sich bereit, am Nachmittage mit dem Vorsitzenden der Gläubigergruppe, Herrn Guiness, zu verhandeln und zu versuchen, auch diesen von der absoluten Notwendigkeit zu überzeugen, daß für die Zukunft für die Auslandsverpflichtungen Deutschlands die 6%ige Zinsgrenze eine Lebensnotwendigkeit sei.

[2417] Der Reichsminister der Finanzen bemerkte hierzu, daß der Reichsbankpräsident sich auch als ermächtigt ansehen könne, bei diesen Verhandlungen mit Herrn Guiness darauf hinzuweisen, daß das Reichskabinett den gleichen Standpunkt vertrete wie die Reichsbank.

Der Reichsminister der Finanzen schloß die Aussprache mit dem Hinweis darauf, daß ja für den Fall des Festfahrens der schwebenden Verhandlungen immer noch die Möglichkeit offen bleibe, erneut zu einer Chefbesprechung zusammen zu kommen2.

2

Vgl. hierzu Dok. Nr. 711.

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