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RTF

[2453] [Anlage]

Material zur Devisenlage1.

1

Diese Aufzeichnung wurde dem RK noch vor seiner Abreise zur Genfer Abrüstungskonferenz am 14.4.32, 21 Uhr (Nachl. Pünder , Nr. 44, Bl. 49) vom RWiM überreicht (R 43 I /2447 , Bl. 199).

Der unbelastete Gold- und Devisenbestand der Reichsbank beträgt zur Zeit ungefähr 400 Millionen RM2.

2

Am 31.1.32 hatte der Gold- und Devisenbestand der Rbk noch 1 093 MioRM betragen: siehe Dok. Nr. 663.

Die Aktivität des deutschen Außenhandels ist in den letzten Monaten kleiner als im Vorjahr gewesen. Sie hat für Januar und Februar etwa je 100 Millionen RM Beitrag des Außenhandels zum Devisenbestand ergeben. Nach dem Stande dieser beiden Monate wäre im Jahre 1932 etwa ein Devisenüberschuß von 1200 Mill. RM zu erwarten.

Zinsen und Amortisationen für kurz- und langfristige Auslandsschulden erfordern nach dem Basler Bericht3 etwa 1,8 Milliarden RM in Devisen. Dieser Betrag verringert sich um die inzwischen eingetretenen Zinsermäßigungen, deren Größenordnung schätzungsweise 120 Millionen RM betragen dürfte. Außer diesen Zinszahlungen müssen gewisse Kapitalrückzahlungen geleistet werden, deren Höhe noch festzustellen bleibt. Im ganzen genommen muß man aber damit rechnen, daß für diese Abdeckung aller ausländischen Kapital-, Zins- und Amortisationsverpflichtungen nach dem gegenwärtigen Stande immer noch reichlich 1,8 Milliarden RM erforderlich sind.

3

Vgl. Dok. Nr. 614, Anm. 11.

Bei der Erörterung der Devisenlage ist klarzustellen, ob und in welchem Umfange besondere Devisenrückstellungen für Lebensmitteleinfuhr notwendig sind.

Der Zuschußbedarf an Lebensmitteln hängt vom Ausfall der Ernte, der Größe des Viehstandes, der Kaufkraft der Bevölkerung für Lebensmittel ab. Eine Untersuchung über den Devisenbedarf für Lebensmitteleinfuhr in den Jahren 1925–1931 einschließlich hat ergeben, daß unter Zugrundelegung der damaligen Mengen, aber unter Berücksichtigung der heutigen Preise die Schwankung des Devisenbedarfs zwischen den geringsten und den höchsten Ansprüchen an Auslandszuschüssen sich auf 750 Millionen M beläuft, d. h. gegenüber dem Durchschnittsbedürfnis kann eine schlechte Ernte den Bedarf um 375 Millionen nach heutigen Werten vergrößern, eine gute Ernte ihn aber um 375 Millionen M vermindern.

Die letzten Ernten lagen über dem Mittel. Die Handelsbilanz war aktiv. Infolgedessen konnten außerordentliche Anforderungen an die Devisenbedürfnisse von der Lebensmittelseite her nicht entstehen. Wird bei einer Aktivität der Handelsbilanz von 1,2 Milliarden M, wie wir sie angenommen haben, die Ernte schlecht, so vermindert sich dadurch der für Zins-, Amortisation- und Kapitalrückzahlungen verfügbare Betrag dieser Aktivität um 375 Millionen M im günstigsten Falle, so daß nur 825 Millionen M frei verfügbar bleiben. Wird die Ernte besonders gut und beträgt die Aktivität ebenfalls 1200 Millionen M, so ergibt sich, daß diese auf Durchschnittsernte aufgebaute Aktivität eine Vergrößerung auf 1200 + 375 Millionen M erfahren müßte.

[2454] Diese Überlegungen sind in der gegenwärtigen Lage notwendig, weil die Schwankungen in den Devisenanforderungen für Lebensmitteleinfuhr zwar absolut eine geringere Größenordnung darstellen, weil aber der Schwankungsbetrag, gemessen an dem gegenwärtigen freien Gold- und Devisenbestande der Reichsbank und gemessen an der auf Durchschnittsernte beruhenden Attraktivität des Außenhandels einen so hohen Anteil darstellt, daß in der gegenwärtigen Lage für den ungünstigsten Fall einer schlechten Ernte die erforderlichen Devisen durch die Art der Handhabung aller Maßnahmen, die auf Devisenersparung gerichtet sind, unter allen Umständen verfügbar gehalten werden muß. 375 Millionen ist die Reserve, die für diesen Zweck gegenüber den Ernten der letzten Jahre nach heutigen Werten erforderlich sein kann. Um diesen Betrag muß also zum Zweck der Reservestellung die Passivseite unserer Devisenbilanz vergrößert werden.

Diese Devisenbilanz sieht unter diesen Voraussetzungen wie folgt aus:

Aktivseite:

Aktivseite:

Passivseite:

Passivseite:

Überschuß aus dem Warenverkehr

1200 Mill.

Einnahmen aus deutschen Kapitalanlagen im Ausland

200 Mill.

Zins-Amortisation- Kapitalrückzahlungen auf Auslandsschulden

1800–2000 Mill.

Einnahmen aus Dienst- und Reiseverkehr

200 Mill.

Reserve für Lebensleistungen mitteleinfuhr

375 Mill.

Summe Passiva

2175–2375 Mill.

Darlehen aus langfristigen Rohstofflieferungsabschlüssen

200 Mill.

Fehlbetrag

375–575 Mill.

Summe Aktiva

1800 Mill.

Devisenbilanz unter den genannten Voraussetzungen

Wenn für diesen Fehlbetrag keine Vorsorge getroffen wird und die Reserve im Falle einer schlechten Ernte in Anspruch genommen wird, würde also der freie Gold- und Devisenbestand der Reichsbank im Laufe der nächsten 12 Monate aufgezehrt werden. Dies ist zu verhindern durch weitere Maßnahmen auf der Passivseite der Devisenbilanz. Von Eingriffen in die Einfuhr kann man einen günstigen Einfluß auf die Devisenbilanz nicht erwarten, weil jeder Eingriff in die Einfuhr ungünstige Rückwirkungen auf die Ausfuhr und auf die Aktivität der Handelsbilanz ausüben muß4. Eingriffe auf der Warenseite führen außerdem zur Verminderung des Beschäftigungsgrades und zur ungünstigen Beeinflussung der Preise, mindestens insoweit die Preise von der Einfuhr ausländischer Waren abhängen.

4

Vgl. hierzu die Diskussion zwischen RWiM Warmbold und RbkPräs. Luther in Dok. Nr. 663, Anm. 8.

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