1.183.1 (bru3p): 1. Außerhalb der Tagesordnung: Entwurf einer Verordnung über den Osterfrieden.

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1. Außerhalb der Tagesordnung: Entwurf einer Verordnung über den Osterfrieden.

In einem engeren Ministerrat ohne Zuziehung von Sachbearbeitern wurde zunächst der bereits am 14. März grundsätzlich beschlossene Entwurf einer Verordnung des Reichspräsidenten über den Osterfrieden erörtert1.

1

Nach den „Tagesnotizen für Reichskanzler und Staatssekretär […]“ hatte am 14.3.32 um 19 Uhr eine Ministerbesprechung zum Thema Osterfrieden und Verschiebung der Preußenwahlen stattgefunden (Nachl. Pünder  Nr. 44, Bl. 79). Eine Niederschrift über diese Besprechung war weder in der Reihe der Kabinettsprotokolle noch in den Sachakten des Bestandes Rkei zu ermitteln. Vgl. Brüning, Memoiren, S. 533, der über seinen vergeblichen Versuch berichtet, die Wahl zum Pr.LT auf Mai 1932 zu verschieben.

Kardinal Faulhaber und der Vorsitzende des Dt. Evangelischen Kirchenausschusses Kapler hatten sich am 15.3.32 gegenüber der Rkei für einen Osterfrieden und damit für eine Unterbrechung des Wahlkampfes für die RPräs.-Stichwahl am 10.4.32 ausgesprochen (R 43 I /586 , Bl. 38 und 39). Im Auftrag des PrIM Severing hatte MinDir. Klausener geschrieben, daß Severing einen Osterfrieden vom 17. 3.–31. 3. „zum Schutz des inneren Friedens und auch im Interesse der Schonung der Kräfte der Polizei“ für dringend wünschenswert hielt. Unter das Verbot politischer Versammlungen dürften allerdings nicht der Kongreß der Freien Gewerkschaften am 24.3.32 und die Vertretertage der politischen Parteien zur Aufstellung der Wahlkandidaten fallen (R 43 I /586 , Bl. 40).

[2370] Staatssekretär Zweigert trug den wesentlichen Inhalt des Verordnungsentwurfs vor. Er schließt sich inhaltlich eng an die Verordnung an, durch die in der Weihnachtszeit der innere Friede gewahrt wurde. Darüberhinaus sieht der Entwurf auch ein Verbot der Hauspropaganda durch polizeilich nicht genehmigte Flugblätter politischen Inhalts vor2. Insofern enthält sie eine Verschärfung der bisher geltenden Bestimmungen, insbesondere der Verordnung vom März 19313.

2

StS Zweigert hatte am 16.3.32 den NotVoEntw. mit einem Anschreiben an den StSRkei übersandt; der Osterfrieden sollte danach vom 20.3.32 (Palmsonntag – 3.4.32 (Weißer Sonntag) gelten. Art. II dehnte die bereits seit März 1931 bestehende Vorlagepflicht für politische Plakate und Flugblätter auf die sogenannte Hauswurfpropaganda aus. Dagegen hatten der RJM und der PrIM politische Bedenken geäußert, da es sich um eine Verschärfung der Bestimmungen während des Wahlkampfs zur RPräs.-Wahl handelte (Schreiben Zweigerts in R 43 I /2701  b, Bl. 26, VoEntw. a.a.O., Bl. 27–29).

3

NotVo. zur Bekämpfung politischer Ausschreitungen vom 28.3.31 (RGBl. I, S. 79 ), siehe auch Dok. Nr. 257.

Der Reichsminister der Justiz hatte anfänglich Bedenken gegen diese Ausdehnung der Verordnung, ließ diese Bedenken jedoch aufgrund der Aussprache später fallen. Dabei betonte er, daß seine anfänglichen Bedenken gegen diese Ausdehnung der Verordnung nicht auf staatsrechtlichem Gebiete gelegen hätten.

Der Reichskanzler sprach sich ausdrücklich für die Verschärfung aus, indem er darauf hinwies, daß gerade die Verhetzung der öffentlichen Meinung durch Flugblätter, die in den Häusern verteilt worden sind, besonders gefährlichen Charakter angenommen haben. Die Reichsregierung müsse sich mit der Kritik, die sie wegen der Verschärfung der Bestimmungen erfahren werde, abfinden, zumal da nach Mitteilung des Reichsministers der Justiz staatsrechtliche Bedenken nicht bestehen.

Der Reichskanzler stellte darauf die Zustimmung des Reichskabinetts zum Verordnungsentwurf fest4. Gleichzeitig mit der Veröffentlichung der Verordnung soll eine amtliche Verlautbarung herausgegeben werden. Diese hat folgenden Wortlaut:

4

Vo des RPräs. zum Schutze des inneren Friedens vom 17.3.32, RGBl. I, S. 133 .

„Verordnung über den Osterburgfrieden.

Auf Anregung der Oberbehörden der evangelischen und der katholischen Kirche hat der Herr Reichspräsident eine Verordnung erlassen, durch die, ähnlich wie es für die Weihnachtszeit durch die Verordnung vom 8. Dezember 1931 geschehen ist, auch für die Osterzeit das innerpolitische Leben befriedet werden soll. In der Zeit von Palmsonntag bis zum Weißen Sonntag mittags 12 Uhr dürfen keine öffentlichen politischen Versammlungen und keine politischen Versammlungen und Aufzüge unter freiem Himmel stattfinden. Für die gleiche Zeit ist jede Art der öffentlichen Verbreitung von Plakaten, Flugblättern und Flugschriften politischen Inhalts verboten5.

5

Die Verlautbarung wurde von WTB Nr. 595 vom 17.3.32 veröffentlicht (R 43 I /1454 , S. 134).

[2371] Die Reichsregierung ist nicht gewillt, die in den letzten Wochen beobachtete maßlose Verhetzung durch Flugblätter, die in den Häusern verteilt worden sind, noch weiterhin zu dulden. Nach den bisher geltenden Vorschriften der Verordnung zur Bekämpfung politischer Ausschreitungen vom 28. März d. J. brauchten nur solche Plakate und Flugblätter politischen Inhalts der Polizei zur vorherigen Kenntnisnahme mitgeteilt werden, die an oder auf öffentlichen Wegen, Straßen oder Plätzen angeschlagen, ausgestellt, verbreitet oder der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden. Nunmehr ist diese Vorschrift dahin ergänzt worden, daß die Vorlegungspflicht auf alle Plakate und Flugblätter politischen Inhalts ausgedehnt ist, die in irgendeiner Art, also auch durch Verteilung in den Häusern, öffentlich verbreitet werden.“

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