1.195.5 (mu22p): 5. Deutsch-polnische Liquidationsabkommen in Verbindung mit Grenzzonen-Verordnung und polnischer Agrarreform.

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[1477]5. Deutsch-polnische Liquidationsabkommen in Verbindung mit Grenzzonen-Verordnung und polnischer Agrarreform15.

[Der RAM berichtet über die Ausschußsitzungen des RT zu den Ergebnissen der Haager Konferenz. Vom 21. 2. ab würden die Sonderabkommen, „insbesondere“ der deutsch-polnische Vertrag, behandelt.] Er erinnerte nochmals an die Entstehungsgeschichte des am 31. Oktober 1929 abgeschlossenen Abkommens mit Polen, um darzutun, daß es sich bei dem getroffenen Abkommen um einen vom Young-Plan unabhängigen Fragenkomplex handele. Er führte aus, daß das Abkommen im Rahmen der Verhandlungen über den Young-Plan eine in sich geschlossene Sache sei. Jedenfalls bestehe kein staatsrechtliches junctim zwischen dem im Haag geschlossenen Hauptvertrage und dem Polenvertrage. Die politische Verbindung beider Angelegenheiten sei auch nicht auf Betreiben der Reichsregierung erfolgt, sondern auf den von Polen und den Gläubigermächten ausgeübten politischen Druck zurückzuführen, dem sich die Reichsregierung nicht habe entziehen können. Polen habe jetzt zweifellos einen politischen Anspruch darauf, daß die Reichsregierung sich mit ihrer ganzen Autorität für eine Verabschiedung des Polenvertrages gemeinsam mit dem Haager Abkommen einsetze. Wenn die Reichsregierung sich dieser Verpflichtung zu entziehen suche, würden große politische Schwierigkeiten die Folge sein.

Der Reichsminister des Auswärtigen ging sodann auf die im Reichstag zutage getretenen Bestrebungen ein, die Verhandlungen über den Polenvertrag unter dem Vorwande der Unzulänglichkeit der Grenzzonen-Verordnung und der Agrargesetzgebung zögerlich zu behandeln, d. h. die Ausschußberatungen über den Polenvertrag fortzusetzen, während die übrigen Ergebnisse der Haager Konferenz dem Plenum des Reichsrats überwiesen würden. Hierzu erklärte er […], daß er sich von dieser Taktik einen sachlichen Erfolg nicht versprechen könne, daß er im Gegenteil befürchten müsse, die Öffentlichkeit werde die Vertagung der Verabschiedung als Ablehnung des Polenvertrages auffassen. Eine unerwünschte Auseinandersetzung mit Polen und den Hauptgläubigermächten würde die Folge sein. Letzten Endes werde der Reichsregierung alsdann nichts anderes übrig bleiben, als gezwungenermaßen unter außenpolitischem Druck die Ratifizierung zu betreiben.

Der Reichsminister des Auswärtigen bat daher um die Ermächtigung, im Ausschuß des Reichstags namens der Reichsregierung die bestimmte Erklärung abgeben zu können, daß die Reichsregierung nach wie vor das politische junctim zwischen dem Polenvertrage und den Young-Plan-Gesetzen als gegeben ansehe, und daß er sich daher, entsprechend den früher abgegebenen Erklärungen, jeder Vertagung der Abstimmung über den Polenvertrag widersetzen müsse.

Nach kurzer Aussprache trat das Reichskabinett einmütig dieser Auffassung des Reichsministers des Auswärtigen bei16.

Fußnoten

15

Siehe hierzu Dok. Nr. 430, P. 2.

16

Siehe zum Fortgang Dok. Nr. 475.

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