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Londoner Schuldenabkommen und Bundesentschädigungsgesetz (1952-1956)

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Deutscher Bundestag, 1955

Quelle: BArch, B 145 Bild-F002450-0003; Foto: Unterberg, Rolf

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Im Überleitungsvertrag der drei Westalliierten mit Bonn vom 26.5.1952, der erst in geänderter Fassung 1955 in Kraft trat, wird die Bundesrepublik verpflichtet, "Rechtsvorschriften zu erlassen [...], welche im gesamten Bundesgebiet eine nicht weniger günstige Grundlage für die Entschädigung bilden, als die gegenwärtig in den Ländern der amerikanischen Zone geltenden Rechtsvorschriften." Bereits im September 1953 hat der Bundestag mit dem Bundesentschädigungsgesetz diese Vertragsverpflichtung umgesetzt.

Wichtigstes Kriterium für Entschädigungsansprüche wurde der Wohnsitz der Betroffenen. Für verschiedene Personengruppen wurden verschiedene Stichdaten festgelegt, an denen sie in Deutschland gelebt haben mussten. Zum Teil kamen Öffnungsklauseln hinzu, etwa genügte mitunter eine Wohnsitznahme in irgendeinem Staat der westlichen Welt.

Zahlreiche Ausnahme- und Zusatzbestimmungen änderten letztlich nichts daran, dass NS-Opfer nichtdeutscher Nationalität, die vor Ende 1952 Deutschland verlassen oder nie in Deutschland gelebt hatten, keine Chance auf eine Entschädigung bekamen. Betroffen waren davon vor allem osteuropäische Zwangsarbeiter, die nach dem Krieg wieder in ihre Heimatländer zurückgekehrt waren, und Zwangsarbeiter, die außerhalb des Reichsgebiets eingesetzt worden waren. Das änderte sich auch nach der Gesetzesnovellierung von 1956 nicht. Zwei Sonder- bzw. Härtefonds aus den Jahren 1965 und 1980 schafften noch eine begrenzte Möglichkeit für Verfolgte aus den Sowjetrepubliken, die nach dem 1.10.1953 in den Westen ausgewandert waren. Dabei handelte es sich vor allem um jüdische Emigranten.

Um eine Entschädigung auf der Grundlage des Bundesentschädigungsgesetzes erhalten zu können, waren nicht nur die geographischen Voraussetzungen zu erfüllen. Zudem musste der Grund der Verfolgung den Kriterien des Gesetzes genügen. Demnach waren nur diejenigen entschädigungsberechtigt, die auf Grund der politischen Gegnerschaft, der Rasse, des Glaubens oder wegen ihrer Nationalität vom nationalsozialistischen Regime verfolgt worden waren. Ehemalige Zwangsarbeiter wurden nicht zu diesem Personenkreis gerechnet. Sie konnten noch immer keine Entschädigungsleistungen erwarten. Dieser Ausklammerung von Millionen von Menschen waren sich sowohl die Bundesregierung als auch die Alliierten sehr wohl bewusst.

 
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Hermann Josef Abs, Leiter der deutschen Delegation zur Regelung der deutschen Auslandsschulden, unterzeichnet das Londoner Schuldenabkommen, 27.2.1953

Quelle: Deutsche Bank, Kultur und Gesellschaft Historisches Institut, Frankfurt am Main (GNU Free Documentation License)

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Der Grund, weshalb ehemalige Zwangsarbeiter bei den Entschädigungsregelungen nicht berücksichtigt wurden, lag im Wortlaut des Londoner Schuldenabkommens von 27.2.1953, oder besser: in seiner Interpretation. Eine Schlüsselrolle für die gesamte künftige Behandlung der Entschädigungsfrage in der deutschen Rechtsetzung und Rechtsprechung kam darin dem Artikel 5 Absatz 2 zu:

"Eine Prüfung der aus dem Zweiten Weltkriege herrührenden Forderungen von Staaten, die sich mit Deutschland im Kriegszustand befanden oder deren Gebiet von Deutschland besetzt war, und von Staatsangehörigen dieser Staaten gegen das Reich und im Auftrage des Reichs handelnde Stellen oder Personen [...] wird bis zur endgültigen Regelung der Reparationsfrage zurückgestellt."

Die Bundesregierung interpretierte diese Bestimmung so, dass die Prüfung und damit auch die Begleichung solcher Forderungen erst nach dem Abschluss eines Friedensvertrags erfolge. Da man zugleich verneinte, dass der kriegsbedingte Arbeitseinsatz von Einwohnern besetzter Gebiete und von Kriegsgefangenen ein NS-typisches Unrecht sei, sondern die Auffassung vertrat, dieser sei eine übliche kriegsbegleitende Erscheinung, konnte man Entschädigungsleistungen aus Zwangsarbeit den Reparationsleistungen zuordnen. Ein verstärkter Blick auf die Bedingungen der Einsätze führte erst in den 90er Jahren zu einer veränderten Wahrnehmung und Beantwortung dieser Frage.

 
Entschädigung von KZ-Häftlingen und Zwangsarbeitern - Besprechung im BFM 1953 (3195 kb)

Anlässlich eines Gerichtsverfahrens gegen die I.G. Farbenindustrie und angesichts der bevorstehenden Verabschiedung des BEG fand am 27. Mai 1953 im Bundesfinanzministerium eine Besprechung mit Vertretern der Industrie statt. Thema waren die Entschädigungsansprüche vormals in den Betrieben eingesetzter Zwangsarbeiter und Häftlinge.