Text
Nr. 32
Der Reichsminister des Innern an den Reichsminister der Finanzen. 23. Juni 1926
R 43 I/2271, Bl. 274–275 Abschrift1
Auf das Schreiben vom 31. Mai 1926 – I C 11125 –.
Betr. Hessische Frage2.
In der Anlage beehre ich mich, eine Aufzeichnung zur staatspolitischen Seite der hessischen Frage als Material für die Vorlage an das Reichskabinett zu übersenden.
(gez.) Dr. Külz
Fußnoten
- 1
Eine Abschrift erhielten der StSRkei, der RMbesGeb., der RArbM und der RWiM.
- 2
Am 31.5.26 hatte RFM Reinhold sämtlichen RM ein Schreiben des Hess. FM Henrich vom 15. 3. sowie ein Ergänzungsschreiben vom 28. 4. zur Kenntnis übersandt. Im Schreiben vom 15. 3. legte der Hess. FM die finanzielle Notlage des Landes Hessen dar. Der Staatsvoranschlag für 1925 habe mit einem Fehlbetrag von 8,5 Mio RM abgeschlossen. Der Voranschlag für 1926 weise ein Defizit von 9,1 Mio RM auf, das sich noch erheblich vergrößern würde, wenn nicht das Reich im wesentlichen die Aufwendungen für die Erwerbslosenfürsorge übernehme. Die ungünstige Finanzlage Hessens sei in erster Linie auf die Besetzung eines großen, und zwar des wirtschaftlich wichtigsten Teiles des Landes zurückzuführen. Der Hess. FM erklärte sich bereit, gemeinsam mit der RReg. die Möglichkeit weiterer Ersparnismaßnahmen in der hess. Staatsverwaltung zu prüfen. Zur „Aufrechterhaltung einer geordneten Verwaltung im Lande“ sei es jedoch nötig, möglichst bald eine grundsätzliche Stellungnahme der RReg. zu der Frage herbeizuführen, „ob sie die hessische Regierung in dem Bestreben unterstützen will, den hessischen Staat zu erhalten“. Die politische Lage im Parlament und im Lande zwinge „zu einer baldigen Lösung der hessischen Frage“ (R 43 I/2271, Bl. 243–262). In einem für den RK bestimmten Vermerk vom 5. 6. urteilte MinR Wachsmann, daß die Schreiben des Hess. FM „von erheblicher allgemeinpolitischer Bedeutung“ seien, denn in ihnen werde „nicht weniger als die Aufrechterhaltung des hessischen Staats als Staat zur Debatte gestellt und eine Entscheidung der Reichsregierung insbesondere darüber erbeten, ob Hessen die zur Balancierung seines Haushalts erforderlichen Zuschüsse von Reichs wegen gewährt werden können. Bereits in den letzten Monaten ist wiederholt in mündlichen Verhandlungen darauf hingewiesen, zum Teil auch hessischerseits in öffentlichen Reden angedeutet worden, daß Hessen beabsichtige, seine staatliche Selbständigkeit für den Fall einer Unmöglichkeit der finanziellen Sanierung gegen eine Art Mediatisierung (Reichsprovinz) einzutauschen.“ (R 43 I/2271, Bl. 263–264). In einer Besprechung im RFMin. am 9. 6. vertraten die beteiligten Reichsressorts den Standpunkt, „daß eine Entscheidung über Einzelheiten der von Hessen erbetenen Hilfsaktion erst möglich sei, wenn die politische Linie, die verfolgt werden soll, vom Reichskabinett festgestellt worden ist“. Zur Vorbereitung der Kabinettsentscheidung sollten die Ressorts ihre Auffassung schriftlich darlegen (Vermerk Wachsmanns vom 9. 6., R 43 I/2271, Bl. 265).
Die Stellungnahme des RIMin. ist oben abgedruckt. Das Votum des RIMin. sowie die Äußerungen des RFMin., des RArbMin., des RWiMin., des REMin., des RMinbesGeb. und des RSparkom. übersandte der RFM mit Schreiben vom 30. 7. an den StSRkei als Material für eine Ministerbesprechung (R 43 I/2271, Bl. 276–299).