Text
Nr. 122
Der Reichspräsident an den Reichskanzler. 22. November 19261
[Ausführungsgesetz zu Art. 48 der Reichsverfassung.]
Sehr verehrter Herr Reichskanzler!
Mit Schreiben vom 14. August d. J. – P 4470 – hat der Herr Reichsminister des Innern meinem Büro einen in seinem Ministerium aufgestellten Referentenentwurf[351] eines Ausführungsgesetzes zu Artikel 48 der Reichsverfassung zur Stellungnahme zugehen lassen2 mit dem Hinzufügen, daß nach Eingang der erbetenen Äußerung eine mündliche Erörterung in Aussicht genommen ist. Ich entnehme daraus, daß die Reichsregierung den Zeitpunkt für den Erlaß des im Absatz 5 des Art. 48 vorgesehenen Reichsgesetzes für gekommen erachtet und in absehbarer Zeit zu dessen Ausarbeitung und Einbringung im Parlament zu schreiten beabsichtigt.
Bei der großen verfassungsrechtlichen und politischen Bedeutung dieses Gesetzes, das die nähere Festlegung der dem Reichspräsidenten im Art. 48 gegebenen besonderen Rechte zum Gegenstand hat, halte ich es als Hüter dieser Rechte für meine Pflicht, Sie, Herr Reichskanzler, schon jetzt auf die ernsten Bedenken hinzuweisen, die mir angesichts des mitgeteilten Entwurfs aufgestiegen sind. Sie beziehen sich einerseits auf den Zeitpunkt der Einbringung des Gesetzentwurfs, andererseits auf einzelne der in ihm enthaltenen Bestimmungen.
Bereits in der Weimarer Nationalversammlung stieß der Versuch einer näheren Umgrenzung und Bestimmung der Rechte des Art. 48 auf die größten Schwierigkeiten und wurde schließlich in der Form des letzten Absatzes des Artikels vertagt. Die inzwischen verflossenen Jahre haben gelehrt, wie notwendig es angesichts der Mannigfaltigkeit der die Staatssicherheit bedrohenden Gefahren ist, dem Reichspräsidenten freie Hand zu lassen in der Wahl und in der Durchführung der in jedem einzelnen Falle sich als erforderlich erweisenden Abwehrmaßnahmen. Eine starre formalistische Festlegung in der Ausübung oder gar eine Beschränkung seiner Rechte würde eine Schwächung seiner Autorität und eine bedenkliche Gefährdung der Staatssicherheit bedeuten. Es hat sich gezeigt, daß in Zeiten von Unruhen und Aufruhr die vom Vertrauen des Parlaments abhängige Reichsregierung nicht die Möglichkeit hat, durchzugreifen und Ordnung zu schaffen, und daß nur der Reichspräsident mit den Ausnahmemaßnahmen, die Art. 48 ihm gibt, die Staatsautorität und die Sicherheit des Staates wiederherstellen kann. Es wäre daher m. E. nicht zu verantworten, daß diese für staatliche Notstandsfälle verfassungsmäßig vorgesehenen Sonderrechte des Reichsoberhauptes geschmälert, eingeengt oder in ihrer Ausübung beschränkt würden. Eine solche Beeinträchtigung dieser Ausnahmerechte zugunsten des Reichstags oder der vom Reichstag abhängigen Regierung ist aber, wie die Behandlung des Referentenentwurfs in der Öffentlichkeit, insbesondere in der Presse, zeigt, Ziel gewisser politischer Kreise; dieses Bestreben wird, wie ich annehme, sowohl von der Reichsregierung wie von einem erheblichen Teil des Reichstags energisch bekämpft werden. Somit wird der Versuch, jetzt die Lösung zu finden, mit Sicherheit zu schweren Kämpfen im Reichstag führen, deren Endergebnis nicht abzusehen ist und sowohl mich persönlich als auch die Reichsregierung in eine schwierige Lage bringen kann.
Aus diesen Gründen möchte ich meiner Auffassung dahin Ausdruck geben, daß ich den gegenwärtigen Zeitpunkt nicht für geeignet für die Einbringung des Gesetzentwurfs halte; es liegt m. E. kein dringender Anlaß vor, das Ausführungsgesetz[352] jetzt einzubringen, nachdem es 8 Jahre lang ohne ein solches gegangen ist3. Ich möchte Ihnen, Herr Reichskanzler, empfehlen, die Weiterverfolgung der Angelegenheit auf später zu verschieben, bis die Festigung des Staates weitere Fortschritte gemacht hat, bis die Wahlreform4 durchgeführt ist und der Reichstag dadurch ein anderes Gesicht erhalten hat, vielleicht auch, bis die allgemeine Verfassungsreform, die ja von vielen Seiten verlangt wird, die Abgrenzung der Rechte des Reichspräsidenten gegenüber dem Reichstage einer grundsätzlichen Änderung unterzogen haben wird.
Wenn ich hiernach in erster Linie für eine Vertagung der ganzen Frage bin, so will ich doch nicht unterlassen, bereits jetzt meine Auffassung zu den Leitgedanken und den einzelnen Bestimmungen des Referentenentwurfs mitzuteilen. Dabei ist es für mich erster Grundsatz, daß das zu erlassende Gesetz, da es nur ein Ausführungsgesetz zu dem Art. 48 ist, keinerlei Bestimmungen enthalten darf, die mit dem Inhalt dieses Artikels in Widerspruch stehen, insbesondere die darin festgelegten Rechte des Reichspräsidenten irgendwie beschränken oder einengen. Alle Befugnisse, die der Reichspräsident ausüben konnte, müssen ihm in vollem Umfange gewahrt bleiben.
Der Entwurf enthält aber eine Reihe von Bestimmungen, die mit diesen Grundsätzen in Widerspruch stehen. Im einzelnen ist zu sagen5:
Zu § 1:
Die Bestimmung, daß der Reichspräsident vor Anordnung der sogenannten Reichsexekutive gegen ein Land den Staatsgerichtshof gutachtlich zu hören hat, bedeutet eine Beschränkung des ihm im Artikel 48 gewährten Rechts. Der Artikel 48 legt die Entscheidung über die Einleitung der Exekutive ausschließlich in die Hand des Reichspräsidenten, der nur an die verfassungsmäßige Gegenzeichnung gebunden ist. Eine Beteiligung des Staatsgerichtshofs ist nicht vorgesehen. Die Aufnahme einer solchen Bestimmung in das Ausführungsgesetz erscheint mir deshalb nach dem oben Gesagten unzulässig.
Auch praktische Gründe sprechen gegen die Bestimmung. Die Möglichkeit, daß der Staatsgerichtshof das Vorliegen einer Pflichtverletzung gutachtlich verneint, der Reichspräsident sie nach pflichtmäßigem Ermessen dennoch für gegeben erachtet und demgemäß die Reichsexekutive anordnet, birgt die Gefahr[353] schärfster Auseinandersetzungen in Presse und Parlament in sich. Es kommt dazu, daß die Befragung des Staatsgerichtshofs unter Umständen längere Zeit beansprucht und störend und erschwerend wirken kann, wenn die Voraussetzung der Gefahr im Verzuge nicht klar gegeben ist.
Der § 1 des Entwurfes ist demgemäß abzulehnen.
Zu § 2:
Es erscheint bedenklich, für Verordnungen auf Grund des Artikel 48 in Abweichung von dem Grundsatz des Artikel 50 der Reichsverfassung nur die Gegenzeichnung des Reichskanzlers oder des Reichsministers des Innern zuzulassen. Nach Artikel 50 der Reichsverfassung ist zur Gültigkeit der Anordnungen des Reichspräsidenten die Gegenzeichnung durch den Reichskanzler oder den zuständigen Reichsminister erforderlich. Ein Grund, von dieser Verfassungsbestimmung abzuweichen, ist nicht gegeben. Die Staatspraxis der letzten Jahre zeigt, daß viele auf Grund des Art. 48 erlassenen Anordnungen wirtschaftliche oder finanzielle Fragen behandeln und daher die Gegenzeichnung des Reichswirtschafts-, des Reichsarbeits- und des Reichsfinanzministers tragen. An dieser Praxis ist festzuhalten und diese Einschränkung abzulehnen.
Zu § 7 Abs. 1:
Die Einschaltung des Wortes „unverzüglich“ im ersten Absatz des § 7 stellt eine Abänderung der entsprechenden Bestimmungen des Artikel 48 dar. Artikel 48 bestimmt lediglich, daß der Reichspräsident seine Maßnahmen auf Verlangen des Reichstags außer Kraft setzen muß, überläßt aber den Zeitpunkt der Aufhebung dem pflichtmäßigen Ermessen des Reichspräsidenten. Wenn das Ausführungsgesetz vorschreibt, daß der Reichspräsident auf Verlangen des Reichstags seine Maßnahmen unverzüglich aufheben muß, so beschränkt es damit in unzulässiger Weise die Sonderrechte des Reichspräsidenten. Die vorgeschlagene Bestimmung ist aber auch unzweckmäßig; es lassen sich sehr wohl Fälle denken, in denen der Reichspräsident pflichtmäßig zögern muß, dem Ersuchen des Reichstags sofort nachzukommen, z. B. wenn nach dem Beschluß des Reichstags neue Ereignisse eingetreten oder zu erwarten sind, wenn noch Berichte ausstehen oder wenn zunächst Gegenvorstellungen beim Reichstag erhoben werden sollen.
Die neue Bestimmung ist daher abzulehnen.
Zu § 7 Abs. 3:
Die Einsetzung des Staatsgerichtshofs als höchste Instanz für die Aufhebung der Maßnahmen nach Artikel 48 für den Fall der Weigerung des Reichspräsidenten ist mit der Stellung und Autorität des Reichsoberhauptes völlig unvereinbar. Der Artikel 48 gibt keinerlei Grundlagen für eine solche Bestimmung. Angesichts des Artikel 59 der Reichsverfassung besteht für sie auch kein Bedürfnis.
Zu § 8:
Die Worte: „und die Bestimmungen dieses Gesetzes“ müssen gestrichen werden, da das Ausführungsgesetz keine besonderen Bindungen der Rechte des Reichspräsidenten bringen darf und dessen Befugnisse daher lediglich in der Reichsverfassung ihre Grenzen finden.
[354] Zu § 9:
Der Absatz 2 des § 9, wonach der Reichspräsident von anderen Bestimmungen der Reichsverfassung als den im Artikel 48 aufgeführten Grundrechten nur insoweit abweichen darf, als es durch nichtverfassungsänderndes Gesetz geschehen kann, enthält ebenfalls eine Beschränkung des Rechtes des Reichspräsidenten gegenüber dem gegenwärtigen Zustand. Es ist mir bekannt, daß die Bestimmung des Artikel 48 Absatz 2 verschiedenartig ausgelegt wird und daß es in der Rechtslehre strittig ist, wie weit das gesetzgeberische Recht des Reichspräsidenten aus Artikel 48 geht. Mein Amtsvorgänger6 und auch die Reichsregierung haben die hier in Rede stehenden Bestimmungen stets dahin ausgelegt, daß der Reichspräsident von den Grundrechten der Verfassung nur die in Artikel 48 Absatz 2 bezeichneten außer Kraft setzen kann, daß er im übrigen aber zur Erreichung des Zweckes der Wiederherstellung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung alle erforderlichen Anordnungen treffen und zu diesem Zweck gesetzliche, ja auch verfassungsmäßige Bestimmungen zeitweise außer Kraft setzen oder abändern kann. Die Grenzen, an die er naturgemäß gebunden ist, bilden lediglich die organischen, die konstruktiven Bestimmungen der Reichsverfassung. Er kann weder die Institution des Reichspräsidenten oder der Reichsregierung, noch die des Reichstags (auch des Reichsrats) beseitigen, umändern oder beschränken. Hieraus ergibt sich, daß der Reichspräsident auch Maßnahmen treffen kann, für die es im übrigen eines verfassungsändernden Gesetzes bedurfte. – Die Bestimmung des § 9 Abs. 2 des Entwurfs würde für die Zukunft diese Auslegungsmöglichkeit nehmen und an ihre Stelle eine gegenüber dem derzeitigen Zustande einengende gesetzliche Interpretation setzen. Damit bedeutet sie eine wichtige Beschränkung der gegenwärtigen Rechte des Reichspräsidenten und muß deshalb abgelehnt werden.
Zu § 10 Abs. 2:
Die Freiheit der Entschließung darüber, wer zu Reichsbeauftragten bestellt werden soll, muß dem Reichspräsidenten gewahrt bleiben. Die vorgeschlagene Bestimmung muß wegen der in ihr liegenden Beschränkung der Präsidialrechte abgelehnt werden.
Zu § 14 Abs. 2:
Die Einschaltung des Reichsministers des Innern bei der Anforderung militärischer Hilfe ist im Artikel 48 nicht vorgesehen und nach dem oben allgemein Gesagten daher als Einschränkung der Befugnisse des Reichspräsidenten abzulehnen. Sie ist auch unzweckmäßig. Bei der Unterdrückung von Unruhen ist Schnelligkeit stets das erste Gebot. Da jedes Zögern erfahrungsgemäß den Widerstand versteift und damit die Zahl der Opfer auf beiden Seiten erhöht, bedeutet schnelles, energisches Zugreifen die humanste Art der Wiederherstellung der Ordnung. Die Beantragung der militärischen Hilfe durch den Reichsminister des Innern bei dem Reichswehrminister würde aber einen Umweg bedeuten, der notwendigerweise Verzögerungen mit sich bringt. Zweckmäßigerweise ergeht daher das Ersuchen von dem zur Wiederherstellung der Ruhe[355] eingesetzten „Reichsbeauftragten“ unmittelbar an den Wehrkreiskommandeur. Zweckmäßig wäre auch eine Bestimmung dahin, daß die Regelung der Befehlsgewalt innerhalb der Reichswehr durch dieses Gesetz nicht berührt wird, mithin auch der Oberbefehl des Reichspräsidenten gewährleistet bleibt.
Zu § 15:
Ob im Falle des militärischen Ausnahmezustandes dem Militärbefehlshaber ein bürgerlicher Beauftragter zur Seite zu stellen ist, muß dem Ermessen des Reichspräsidenten nach Maßgabe der jeweiligen Lage vorbehalten bleiben. Die vorgesehene Mußbestimmung ist auch unzweckmäßig und widerspricht der bisherigen Praxis; z. B. ist in der anläßlich des Ausnahmezustandes von 1923/ 1924 erlassenen Verordnung des Reichspräsidenten vom 26.9.23 (R.G.Bl. I S. 905) bestimmt, daß der Inhaber der vollziehenden Gewalt Regierungskomissare ernennen kann. Nach vorliegenden Berichten des Reichswehrministers hat sich diese Regelung bewährt. Ich empfehle deshalb, diese Regelung auch in Zukunft der Entscheidung des Reichspräsidenten vorzubehalten und eine generelle Festlegung zu vermeiden.
Nach dem Vorhergesagten bin ich der Auffassung, daß der Gesetzentwurf in seiner gegenwärtigen Gestalt verfassungsändernden Charakter hat und daher der Annahme durch eine Zweidrittelmehrheit bedarf. Ich halte es für richtig, bereits jetzt zu bemerken, daß, wenn ich mich überhaupt zur Vollziehung eines solchen Gesetzes entschließen könnte, ich verlangen müßte, daß das Gesetz mit der verfassungsändernden Mehrheit angenommen ist.
Dem Herrn Reichsminister des Innern lasse ich Abschrift dieses Schreibens unmittelbar zugehen, ebenso dem Herrn Reichswehrminister7.
Mit der Versicherung meiner ausgezeichneten Hochachtung bin ich, Herr Reichskanzler,
Ihr sehr ergebener
von Hindenburg
Fußnoten
- 1
Fotomechanische Wiedergabe dieses Schreibens in: Schulz, Zwischen Demokratie und Diktatur, S. 647–658; Abdruck nach einer Durchschrift im Nachl. Hindenburg in: Hubatsch, Hindenburg und der Staat, Dok. Nr. 46, S. 242–246.
- 3
Bezugnehmend auf die hier geäußerte Ansicht des RPräs. führte RIM Külz in einem Schreiben an StS Meissner vom 22.11.26 aus, daß der Erlaß eines Ausführungsgesetzes zu Art. 48 im Rechtsausschuß des RT „bereits mehrfach Gegenstand der Erörterungen und der Antragstellung vor allem von seiten der Sozialdemokratie gewesen ist. Wenn die Reichsregierung sich nicht ihrerseits entschließt, die Behandlung dieser Frage wenigstens einzuleiten, würde mit einer an Bestimmtheit grenzenden Wahrscheinlichkeit damit zu rechnen sein, daß aus dem Reichstag heraus ein Initiativgesetz vorgelegt werden würde, wodurch der Reichsregierung die Möglichkeit des Handelns unterbunden werden würde. Die jetzt eingeleitete Behandlung der Frage hat in erster Linie den taktischen Zweck, die Initiativneigung zu einem gesetzgeberischen Vorgehen im Reichstag einzudämmen. Auch nach meiner Auffassung gehört das Gesetz nicht zu den dringenden Aufgaben der Reichsgesetzgebung und bedarf sehr sorgfältiger und gründlicher Abwägung aller in Betracht kommenden Momente. […]“ (R 43 I/1870, Bl. 69–70; vollständig abgedruckt in: Hubatsch, Hindenburg und der Staat, Dok. Nr. 47, S. 246 f.).
- 4
Siehe dazu Dok. Nr. 106, P. 1.
- 5
Zum folgenden vgl. den in Dok. Nr. 70 wiedergegebenen Entwurf eines Ausführungsgesetzes zu Art. 48.
- 6
Friedrich Ebert.
- 7
Am 4.12.26 vermerkte ORegR Wienstein für den RK: StS Meissner habe vor Übersendung des Schreibens des RPräs. darauf hingewiesen, „daß das Schreiben keine akute Bedeutung habe und daß er über die Form einer Antwort gelegentlich mit der Reichskanzlei sprechen wolle“. Nun habe Meissner mitteilen lassen, daß der RPräs. in dem Antwortschreiben des RK „ein sachliches Eingehen auf die einzelnen dort behandelten Fragen nicht erwarte. Der Herr Reichspräsident würde es nur begrüßen, wenn der Herr Reichskanzler seine Auffassung teilen könnte, daß der gegenwärtige Zeitpunkt für die Einbringung des Gesetzentwurfs nicht geeignet sei und daß die ganze Frage am besten vertagt werde.“ (R 43 I/1870, Bl. 71–72).
In seinem Antwortschreiben an den RPräs. vom 4. 12. teilte RK Marx mit, „daß die Reichsregierung bisher noch gar nicht in die Beratung eines Entwurfs zu einem im Absatz 5 des Artikels 48 vorgesehenen Reichsgesetz eingetreten ist. Daß der Versuch einer näheren Umgrenzung und Bestimmung der Rechte des Artikels 48 im Reichstag auf die größten Schwierigkeiten stoßen würde, nehme ich als sicher an. Auch ich bin davon überzeugt, daß der Versuch, jetzt die Lösung zu finden, zu schweren Kämpfen im Reichstag führen würde. Nach eingehender und gründlicher Prüfung möchte ich daher Ihre Auffassung, sehr verehrter Herr Reichspräsident, teilen, daß jedenfalls der gegenwärtige Zeitpunkt für die Einbringung des Gesetzentwurfs im Reichstag nicht geeignet ist. […] Über den Inhalt des Gesetzentwurfs bin ich mit Ihnen […] durchaus darin einig, daß alle Befugnisse, die der Reichspräsident bisher auf Grund des Artikels 48 der Reichsverfassung ausüben konnte, ihm in vollem Umfange gewahrt bleiben müssen.“ (Entwurf in R 43 I/1870, Bl. 72–73; vollständig gedruckt in: Hubatsch, Hindenburg und der Staat, Dok. Nr. 50, S. 251 f.). Zur Stellungnahme des RIM siehe Anm. 3.
Der Vorgang wurde bis zum 23.3.28 in der Rkei wiederholt vorgelegt und dann „vorläufig“ zu den Akten geschrieben. Das Gesamtkabinett ist mit dem Entwurf eines Ausführungsgesetzes zu Art. 48 offenbar nie befaßt worden.