2.109 (mu11p): Nr. 109 Der Reichsfinanzminister an den Preußischen Finanzminister, 20. Mai 1920

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[269] Nr. 109
Der Reichsfinanzminister an den Preußischen Finanzminister, 20. Mai 1920

R 43 I /2069 , Bl. 97

[Betrifft: Äußerung des PrFM während der Verhandlungen mit den Regiminalarbeitern.]

In der Sitzung des Reichsministeriums vom 7. Mai d. J. ist bei der Beratung über die Frage der Entlohnung der Verwaltungsarbeiter in Groß-Berlin vorgebracht worden, daß dem Vertreter des Gemeinde- und Staatsarbeiterverbandes eine Äußerung des Preuß. Finanzministers bekannt gewesen sei, wonach dieser sich für die Zubilligung der Sätze des Schiedsspruches ausgesprochen habe1. Das Kabinett hat mich beauftragt, an das Preußische Finanzministerium mit dem Ersuchen heranzutreten, vor Abgabe solcher Erklärungen mit mir in Verbindung zu treten, um ein einheitliches Vorgehen zu gewährleisten. Demgemäß darf ich die Bitte aussprechen, sich in derartigen Fällen zunächst mit mir ins Benehmen zu setzen. Nur dann wird es möglich sein, die zwischen Preußen und dem Reiche unbedingt erforderliche Einheit zu wahren und gegenseitige unliebsame Rückwirkungen, insbesondere von finanzieller Tragweite, auszuschließen. Es will mir im allgemeinen Interesse auch nicht erwünscht erscheinen, wenn eine der beiden Finanzverwaltungen in Lohnfragen Zusicherungen macht, ohne sich vorher der Zustimmung der anderen Finanzverwaltung versichert zu haben.

1

S. Dok. Nr. 81, P. 3.

In der gleichen Kabinettssitzung ist ferner zur Sprache gekommen, daß der Referent eines Reichsministers bei Verhandlungen mit Interessenten über Lohnfragen zum Ausdruck gebracht habe, er werde sich für die Annahme der gestellten Forderungen bei seinem Herrn Chef einsetzen. Eine solche Erklärung nimmt nach Auffassung der Reichsregierung gewissermaßen die Entscheidung des Chefs vorweg, der zwar tatsächlich durch diese Erklärung nicht gebunden, immerhin aber mit Rücksicht auf die politische Auswirkung in eine gewisse Zwangslage versetzt werde. Infolgedessen wünscht das Kabinett, daß[270] derartige Erklärungen der Referenten der Reichsministerien in Zukunft unterbleiben und letztere sich darauf zu beschränken haben, ihrem Herrn Chef die Entschließung vorzubehalten.

Ich beehre mich, hiervon Kenntnis zu geben mit dem Anheimstellen weiterer Veranlassung2.

2

Auf dieses Schreiben wurde vom PrFM am 3.8.20 erwidert, es sei ihm unverständlich, wieso gesagt worden, er sei „für eine Zubilligung der Sätze des Schiedsspruchs“. Weder er noch sein Referent hätten sich derartig gegenüber den Organisationen geäußert. Möglicherweise sei ein Telefongespräch mit dem RArbMin. belauscht worden. „Hiernach kann keine Rede davon sein, daß ich oder mein Referent einem Gewerkschaftsvertreter eine Erklärung abgegeben hätte, die ein einheitliches Vorgehen zu gefährden geeignet gewesen wäre. Mein Ministerium ist stets für ein einheitliches Vorgehen eingetreten, um die zwischen dem Reiche und Preußen erforderliche Gleichmäßigkeit zu wahren und wechselseitige unliebsame Rückwirkungen auszuschließen. Deshalb sind von meinem Ministerium auch niemals Zusicherungen in Lohnfragen gemacht worden, ohne daß es sich zuvor der Zustimmung der Reichsfinanzverwaltung versichert hätte. Bei dieser Gelegenheit darf ich auch meinerseits die Bitte aussprechen, stets entsprechend zu verfahren. – Mein Referent hat bei Verhandlungen über Lohnfragen stets den Standpunkt vertreten, daß es nicht angängig sei, wenn die Kommissare der Ministerien den Interessenten gegenüber zum Ausdruck brächten, sie würden sich bei ihren Herren Chefs für die Annahme dieser oder jener Forderung einsetzen. Er ist damit nicht immer durchgedrungen und hat insbesondere bei den Herren Vertretern der Reichsressorts nicht immer Verständnis für seine Auffassung gefunden“ (R 43 I /2069 , Bl. 187).

gez. Dr. Wirth

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