Text
Nr. 78
Die amtsenthobenen preußischen Staatsminister an den Reichskanzler. 21. Juli 1932
[Rechtsverwahrung gegen die Amtsenthebung und ihre Begründung]
In Ihrem Schreiben vom 20. Juli d. Js.1 teilen Sie uns mit, daß Sie uns von der Führung der laufenden Geschäfte des Preußischen Ressortministers entheben. Als Grund geben Sie an, daß wir es abgelehnt hätten, der von Ihnen erlassenen Einladung zu einer Sitzung der Staatsregierung2 Folge zu leisten.
Welche Stellung die Preußische Staatsregierung im allgemeinen zur Frage der Rechtsgültigkeit der gestern ergangenen Ausnahmeverordnungen und ihrer praktischen Anwendung einnimmt, ist Ihnen bekannt. Sie ist der Meinung, daß sie über den Rahmen der Reichsverfassung hinausgehen.
Das gilt im besonderen Maße von diesem neuen Schritt.
Eine Verhandlung mit der Reichsregierung oder dem Reichskommissar haben wir in keinem Falle abgelehnt. Wir haben es lediglich abgelehnt, in die Reichskanzlei auf Grund der beigefügten Einladung zu gehen, in der als Einladender und als betreibender Ressortchef der Preußische Ministerpräsident bezeichnet war. Diese Stellungnahme war eine selbstverständliche Folge unserer Rechtsauffassung darüber, wer zur Zeit Preußischer Ministerpräsident und sein Stellvertreter sind. Uns aus diesem Grunde von der Führung der laufenden Geschäfte zu entheben, widerspricht der Reichsverfassung und der Preußischen Verfassung selbst dann, wenn man in anderen Fragen eine andere Rechtsauffassung vertreten wollte3.
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Das Schreiben wurde nicht beantwortet, sondern von Planck am 21. 7. sogleich zu den Akten verfügt (R 43 I/2280, S. 219).
Steiger
Hirtsiefer
Dr. Schmidt
Grimme
Dr. Schreiber
Klepper