2.81 (str1p): Nr. 81 Ministerrat vom 25. September 1923, 19 Uhr

Zum Text. Zur Fußnote (erste von 42). Zu den Funktionen. Zum Navigationsmenü. Zum Navigationsbaum

 

Bandbilder:

Die Kabinette Stresemann I und II. Band 1Gustav Stresemann und Werner Freiherr von Rheinhaben Bild 102-00171Bild 146-1972-062-11Reichsexekution gegen Sachsen. Bild 102-00189Odeonsplatz in München am 9.11.1923 Bild 119-1426

Extras:

 

Text

RTF

Nr. 81
Ministerrat vom 25. September 1923, 19 Uhr

R 43 I /1387 , Bl. 273–284, 286, 316–317 handschriftlich1

1

Zur Handschrift Kempners, des Protokollanten, und ihrer Auflösung s. Anm. 2 zu Dok. Nr. 80. Auch diese Übertragung stützt sich auf den Versuch Dr. G. Abramowskis, den Text zu entziffern.

Anwesend: Ebert, Stresemann, Schmidt, Sollmann, Hilferding, von Raumer, Brauns, Radbruch, Geßler, Höfle, Oeser, Luther, Fuchs; StS von Rheinbaben, von Maltzan; MinDir. Meissner, von Schubert; Protokoll: MinR Kempner.

Präsident eröffnet.

Kanzler: berichtet über Verhandlungen mit Vertretern der besetzten Gebiete und heutige mit Parteien2.

2

S. Dok. Nr. 76 u. 77, 79 u. 80.

Nicht eine einzige Stimme für passiven Widerstand. Öffentlichkeit wird sich abfinden.

Nicht Einheit über bevorstehende Schritte. Kerkhoff! Heute Hergt3!

3

S. Dok. Nr. 76 u. 80.

Hergt will stärkeren Trumpf, Bruch! Etwas andere Form gestern Jarres und Lenel-Mannheim4.

4

S. Dok. Nr. 77.

Demgegenüber von Bedeutung, daß Leicht entschieden hiergegen. Er fragt, was nach Bruch? Zusammenbruch schließlich, Leid für Deutschland5.

5

S. Dok. Nr. 80.

Scholz meinte (s. anderes Protokoll) [!]6.

6

S. Dok. Nr. 80.

Alle anderen Parteien einverstanden mit Regierung. Zum Ausdruck, nicht rücksichtslos Unterstützungen stoppen, nicht Gedanken aufkommen, daß Bevölkerung im Stich gelassen.

[362] Ferner Frage, wie Schritt begründen. Betont, notwendig, kein Vakuum, so daß Beamte pp. nicht wissen, was tun. Welche Richtlinien?

Knilling: Nicht Eindruck, als ob Ehrlosigkeit, als ob Kapitulation. Vielleicht so, daß keine offizielle Rücknahme der Verordnungen7.

7

S. Dok. Nr. 79.

Ich unmöglich, nur Verordnungen für Beamte maßgebend. Entscheidend für Knilling, daß Rücknahme nicht notifiziert. Sonst Eindruck, daß geschehen, um Entente gefällig zu sein. Bei Parteien fast alle gleicher Ansicht. Ich schließe mich an, also auf Notifikation verzichten!

Vermeiden, als ob Unterwerfung unter Diktat Poincarés; vielmehr innerdeutsche Interessen.

Kam Frage, was dann? Niemand sagte, wir auf Verhandlungen drängen. Aber: gerüstet sein. Botschafterfrage8!

8

S. Anm. 15 zu Dok. Nr. 64 und die Diskussion dieser Frage in der vorhergehenden Parteiführerbesprechung.

Vorbereitung stimme [?] ich zu.

Unsere Forderungen Amnestie pp.: nicht Eindruck, als ob aufgeben!

Breitscheid: Nicht Rechtswidrigkeit betonen. Andere sagten: Notwendig! Nicht erträglich, 9 Monate kämpfen lassen und dann Zweifel aufkommen, ob richtig9.

9

Schon Mitte August hatte Breitscheid gegenüber MinDir. von Schubert gemeint, „jetzt sei es aber höchste Zeit, sich nach Paris zu wenden, um mit den Franzosen in Verhandlungen einzutreten“ (14.8.23; Pol. Arch.: Handakten v. Schubert B Besondere Sachen).

Ich, Poincaré wird nicht fordern Anerkenntnis, daß Einbruch legal10.

10

S. Dok. Nr. 80.

Deutschnationale Opposition, Vertreter seien nicht richtig gewählt11. Ferner: Einige hätten gefordert Bruch mit Frankreich. Nur so sei zugestimmt der Aufgabe.

11

S. Anm. 5 zu Dok. Nr. 80. Der DDP-Abg. Hermann Dietrich wandte sich am 27.9.23 mit der Frage an die Rkei, nach welchen Prinzipien die Vertreter des besetzten Gebietes eingeladen worden seien, da er Vertreter des Bezirks Kehl, ehemaliger Bürgermeister und LT-Abg. der Stadt Kehl, in der er noch immer wohne, die Situation der Bevölkerung besonders gut kenne, aber zu der Besprechung am 24. 9. nicht hinzugezogen worden sei (R 43 I /215 , Bl. 191). Die Rkei gab dieses Schreiben an den RMinbesGeb., von dem die Einladungen ausgegangen waren, ab, und benachrichtigte Dietrich entsprechend (R 43 I /215 , Bl. 192). Weiteres konnte nicht ermittelt werden.

Hergt mir: von ihren Anhängern schwer bestürmt12!

12

S. dazu den Bericht über die Haltung der Parteien im Ruhrgebiet (Dok. Nr. 70). Daß die innere Opposition der DVP auf enge Zusammenarbeit mit der DNVP hinarbeitete, geht auch aus der Fraktionssitzung der DVP am 25.9.23 hervor (Pol. Arch.: NL Stresemann  87).

Lichtblick heute Leicht! (Geßler: aber einflußlos!).

Form muß voll nationalen Stolzes sein!

Werde morgen im Auswärtigen Ausschuß alles sagen13.

13

Der Text der Rede Stresemanns in: Schultheß 1923, S. 179 f.; eine Aufzeichnung der Ausschußsitzung, die auch Reden der Parteivertreter enthält, in: H. Stehkämper, Der Nachlaß des Reichskanzlers Wilhelm Marx II, S. 9 ff.

Dann schwere Frage über Verhandlungen. (Poincaré will auf Urlaub, dilatieren!)

In kurzer Zeit das ganz große Problem! Bald im Kabinett klären. Heute wohl nur über Aufhebung und Form der Aufgabe sprechen!

Präsident: So verfahren.

[363] Brauns: Über Aufgabe ja Einigkeit! Wohl nur Formen!

Majorität der Parteien sagt, nicht notifizieren. Also so verfahren14!

14

Zur Unterrichtung der Alliierten über den Abbruch des passiven Widerstands s. Anm. 8 zu Dok. Nr. 83.

Raumer: Wir müssen Verordnungen aufheben. Bei mir vorbereitet. Ich kann morgen aufheben.!

Schubert: verliest Aufzeichnung zur Aufhebung der Verordnungen.

Raumer: Jetzt durch Rechtsakt aufheben.

Oeser: Schwierigkeit Verhältnis zu Regie! Bei Post und Schiffahrt leicht! Wenn Kohlen abgefahren werden: an wen Fracht zahlen? Beamte pp. an Regie verweisen?

Versucht mit Organisation zu verständigen. Ergebnis: Sie verhandeln von sich aus mit interalliierten Kommissionen in Köln und Koblenz, unter welchen Bedingungen Eisenbahnen wieder in Dienst, wie Bezahlung, wie Ausgewiesene und Bestrafte, Sozialfürsorge pp.15Maltzan: keine Bedenken!

15

Die Besprechung mit den Spitzenorganisationen der Eisenbahner-Gewerkschaften hatte am Nachmittag des 25.9.23 stattgefunden. Die Probleme waren gemeinsam mit den Ressortvertretern, dann von den Gewerkschaftsführern unter sich beraten worden. Danach hatten die Gewerkschaften sich bereit erklärt, „als ehrliche Makler und Vermittler der Verwaltung aufzutreten“. Sie hatten jedoch keine Bindung gegenüber den all. Kommissionen eingehen, sondern lediglich den Boden für Verhandlungen vorbereiten wollen. Angesichts der bevorstehenden Proklamationen war ihnen eine rasche Kontaktaufnahme zu ihren Organisationen im besetzten Gebiet erforderlich erschienen. Die Gewerkschaften waren dafür eingetreten, eine Verhandlungskommission zu bilden und für Detailfragen Spezialisten heranzuziehen. Arbeitnehmern, die die Arbeit nicht sofort aufnähmen, sollte die weitere Zahlung der bisherigen Vergütung vom Ressort zugesichert werden (R 43 I /215 , Bl. 194–195).

Furcht, wir werden Maschinen, Wagen pp. ins besetzte Gebiet abgeben sollen! Alle die Dinge schreien nach Verhandlung!

Wie es in Werkstätten und Strecken aussieht, wissen wir nicht!

Muß vielleicht diese wertvollen Dinge an fremde Regie geben!

Präsident: Keine Details!

Widerstand abgeschlossen!

Zunächst Proklamation16!

16

Für die Proklamation an die Bevölkerung liegen im NL von Maltzan  mehrere Skizzen und Entwürfe von Vortr.LegR von Friedberg, MinDir. von Schubert und StS von Maltzan vor (Pol. Arch.: NL v. Maltzan: Bis zum Aufruf). Von wem der Entw. stammt, mit dem sich dieser Ministerrat beschäftigte, konnte nicht ermittelt werden. Der endgültige Wortlaut ist abgedruckt in Schultheß 1923, S. 177 f. Er enthält neben stilistischen Änderungen einige markante Abweichungen, die im folgenden angezeigt sind: „An das deutsche Volk! Am 11. Januar dieses Jahres haben unter Bruch jeden geschriebenen [im Entwurf ausgestrichen:] und ungeschriebenen Rechtes französische und belgische Truppen [endgültig: haben französische und belgische Truppen wider Recht und Vertrag] das deutsche Ruhrgebiet besetzt. Seit dieser Zeit [endgültig: haben Ruhrgebiet und Rheinland schwerste Bedrückung zu erleiden] ist das Ruhrgebiet und das Rheinland den schwersten Bedrückungen seitens fremder Besatzung ausgesetzt gewesen. Über 180 000 Deutsche, Männer, Frauen, Greise, Kinder sind von Haus und Hof vertrieben worden. Der Begriff der persönlichen Freiheit hat für Millionen Deutsche aufgehört zu existieren. Gewalttaten ohne Zahl haben den Weg der Okkupation begleitet. Mehr als 100 Volksgenossen haben ihr Leben lassen müssen. [Im Entwurf gestrichen: und] Hunderte schmachten noch in Gefängnissen [endgültige Fassung setzt erst wieder ein: Die Bevölkerung weigerte sich, unter fremden Bajonetten zu arbeiten], weil sie sich weigerten, den Befehlen der Einbruchsmächte zu gehorchen. – Gegen die Unrechtmäßigkeit des im Frieden erfolgten militärischen Einbruchs, die [danach im Entwurf gestrichen: sogar von dem mit Frankreich und Belgien alliierten England] sogar von anderer alliierter Seite dokumentarisch festgelegt wurde, hat sich das Rechtsgefühl und die vaterländische Gesinnung der Rhein- und Ruhrbevölkerung erhoben. Sie hat sich geweigert, unter den Bajonetten der Bedrücker zu arbeiten und ihren Ausbeutungsplänen dienstbar zu sein. Für diese dem Deutschen Reich in schwerster Zeit bewiesene Treue und Standhaftigkeit [endgültige Fassung: dankt das ganze deutsche Volk] zu danken, ist in der jetzigen schweren Stunde die oberste Pflicht der Reichsregierung und des ganzen deutschen Volkes. – [Entwurf S. 2:] Die Reichsregierung hat es übernommen, [endgültige Fassung: nach ihren Kräften für die leidenden Volksgenossen zu sorgen] für alle Volksgenossen zu sorgen, die durch die Folgen des Abwehrkampfes in Mitleidenschaft gezogen worden sind. Der Betrag der [im Entwurf aus: die] hierfür notwendigen Mittel ist [im Entwurf aus: sind] in immer schnellerem Ausmaße gestiegen. Er hat [im Entwurf aus: sie haben] in der abgelaufenen Woche die Summe von 3½ Billionen Mark [endgültige Fassung: 3500 Billionen Mark] erreicht. [Im Entwurf gestrichen: und] In der laufenden Woche ist [endgültige Fassung: mindestens] die Verdoppelung dieser Summe zu erwarten. [Endgültige Fassung: Die einstige Produktion des Rheinlandes und des Ruhrgebiets hat aufgehört. Das Wirtschaftsleben im besetzten und unbesetzten Deutschland ist zerrüttet. Mit furchtbarem Ernst usw.] Dadurch ist unsere Währung völlig zerrüttet worden. Im Ruhrgebiet hörte die Produktion auf. Im unbesetzten Deutschland mußten die fehlenden Rohstoffe in fremder Valuta aus dem Ausland bezogen werden. [Danach im Entwurf gestrichen: Die Anforderungen an die Reichsfinanzen wurden in einem unerträglichen Maße gesteigert.] Mit furchtbarem Ernste droht die Gefahr, daß bei Festhalten an dem bisherigen Verfahren, die Wiederherstellung der zusammengebrochenen Währung, die Wiederbelebung der aufs äußerste geschwächten Wirtschaft und damit die Sicherung der nackten Existenz für unser Volk unmöglich wird. – Diese Gefahr muß im Interesse von Rhein und Ruhr und der ganzen Zukunft Deutschlands abgewendet werden. Um unser Leben zu erhalten, stehen wir heute vor der harten Notwendigkeit, den Abwehrkampf einzustellen. [In der endgültigen Fassung fehlt der folgende Satz:] Im Einvernehmen mit berufenen Vertretern des besetzten Gebietes ersuchen wir, die Arbeit wiederaufzunehmen. Noch größere Opfer als alle bisherigen an Leben, Freiheit und Vermögen werden hiermit von den Bewohnern der besetzten Gebiete verlangt. Heroisch war ihr Kampf, beispiellos ihre Selbstbeherrschung. [In der endgültigen Fassung statt des folgenden Entwurftextes: Wir werden niemals vergessen, was diejenigen erlitten, die im besetzten Gebiet duldeten. Wir werden niemals vergessen, was diejenigen aufgaben, die lieber die Heimat verließen, als dem Vaterlande die Treue zu brechen. Dafür zu sorgen, daß die Gefangenen freigegeben werden, daß die Verstoßenen zurückkehren, bleibt die vornehmste Aufgabe der Reichsregg. Vor allen wirtschaftlichen und materiellen Sorgen steht der Kampf für die elementarsten Menschenrechte. Deutschland hat sich bereit erklärt, die schwersten materiellen Opfer für die Freiheit der deutschen Volksgenossen und deutscher Erde auf sich zu nehmen. Diese Freiheit ist uns aber kein Objekt für Verhandlungen oder für Tauschgeschäfte. Reichspräsident und Reichsregierung versichern hierdurch feierlich vor dem deutschen Volk und vor der Welt, daß sie sich zu keiner Abmachung verstehen werden, die auch nur das kleinste Stück deutscher Erde vom Deutschen Reiche loslöst. In der Hand der Einbruchsmächte und ihrer Verbündeten liegt es, ob sie durch Anerkennung dieser Auffassung Deutschland den Frieden wiedergeben oder mit der Verweigerung dieses Friedens alle die Folgen herbeiführen wollen, die daraus für die Beziehung der Völker entstehen müssen. Das deutsche Volk fordern wir auf usw.] Gerade darum aber weisen wir mit allem Nachdruck darauf hin, daß friedliche [Entwurf S. 3:] und produktive Arbeit in den besetzten Gebieten undenkbar ist, wenn nicht die Besatzungsmächte allen denen, die an Rhein und Ruhr das Opfer ihrer Treue zum Vaterland geworden sind, Gerechtigkeit widerfahren lassen. Eine normale Gestaltung des Wirtschaftslebens und erst recht die Durchführung von Leistungen aus dem Versailler Vertrag werden nur dann möglich sein, wenn die Verurteilten befreit, die Ausgewiesenen zurückgekehrt und die vertriebenen Beamten in ihre Ämter wiedereingesetzt sind. In der Hand der Besatzungsmächte und ihrer Verbündeten liegt es, durch Anerkennung dieser Forderungen Frieden und produktive Arbeit wiederherzustellen, oder mit der Verweigerung des Friedens die Verantwortung für alle daraus entstehenden Folgen auf sich zu nehmen. – Ungewiß liegt die Zukunft vor uns. Gewiß aber ist, daß wir niemals Ruhr und Rhein preisgeben, sondern alles tun werden, was noch in unserer Macht liegt, um das schwere Los der durch fremde Willkür von uns getrennten Volksgenossen zu lindern. Man hat auf der Gegenseite erklärt, daß Verhandlungen sofort einsetzen werden, nachdem der passive Widerstand stillgelegt sein wird. Wir haben darüber keinerlei Gewißheit. Aber wie es auch kommen möge – unverrückbar bleibt das Ziel der Reichsregierung: Räumung des Ruhrgebietes und Wiederherstellung des dem Rheinlandabkommen entsprechenden Zustandes im Rheinland. So erklären wir hierdurch feierlich vor dem deutschen Volk und vor der Welt, daß wir uns zu keiner Abmachung verstehen werden, die auch nur das kleinste Stück deutscher Erde von der deutschen Souveränität löst und in ihren [Entwurf S. 4:] territorialen Bestimmungen über den Rahmen des Versailler Vertrages hinausgeht. Wir sind bereit, für die Freiheit des deutschen Bodens die schwersten materiellen Opfer auf uns zu nehmen. Wir lehnen es aber ab, diese Freiheit zum Gegenstand von Verhandlungen oder von Tauschgeschäften zu machen. – Das deutsche Volk fordern wir auf, in den bevorstehenden Zeiten härtester politischer, seelischer und moralischer Prüfung der Reichsregierung einig und treu zur Seite zu stehen [Satzende in der endgültigen Fassung gestrichen] und ihr so die Bewältigung der schweren Aufgaben zu ermöglichen, die in der Lösung der durch die Entwicklung des Ruhrkampfes gezeitigten inneren und äußeren Wirrnisse liegt. Nur so werden wir die Absichten unserer Gegner auf Zertrümmerung des Reichs zunichte machen, nur so der Nation Ehre und Leben erhalten und ihr die Freiheit wiedergewinnen [Zusatz in der endgültigen Fassung: die unser unveräußerliches Recht ist]!“ Weder im Bestand R 43 I des BA noch im NL Stresemann des Pol. Arch. haben sich andere Fassungen o. Texte dieser Proklamation ermitteln lassen. Die dt. Auslandsvertretungen wurden am 26.9.23 vom Abbruch des passiven Widerstandes und der Rückziehung der entsprechenden Verordnungen orientiert (Pol. Arch.: Büro RM 14–5, Bd. 1).

[365] Hilferding: Sachlich keine Meinungsverschiedenheit. Einbruch Bruch des Versailler Vertrags und des Rechts.

Fraglich nur Taktik!

So, daß alle außenpolitischen Möglichkeiten erschöpft werden können. Klar machen, daß nicht durch deutsche Schuld alles gekommen, sondern nur durch Ausland. Daher nötig, in Proklamation sagen in einer Form, die würdig, aber nicht Vorwand geben, dilatorisch vorzugehen und so Lage verschlimmern!

Furcht, daß Poincaré doch Forderung stellen wird, Legalität anzuerkennen. Schlage einige Änderungen vor!

Marx warnt Dinge zu sagen, die Juristen Poincaré neue Pläne [?] geben! Nicht sagen, daß Vertrag gebrochen! So juristisch unrichtig und nicht nützlich17.

17

Vgl. Dok. Nr. 80.

Ich meine, das nicht in juristischer Form sagen!

Präsident: Jetzt große Gesichtspunkte. Stilisierung kleine Kommission!

Hilferding: Erste Absätze kürzen. Schlägt mehrere Änderungen vor.

Höfle: Mit Hilferding, daß Verhandlungen nicht erschweren! Aber Hilferding schwächt zu stark ab und streicht Unrechtmäßigkeit des Einbruchs.

Hauptsache jetzt, Einheit des Reichs wahren! Erfreut über Knilling heute! Darum starke nationale Note nötig. Hinweis Rechtsbruch nötig.

Ich gegen Hilferding!

Brauns: Vorschlag Hilferding beseitigt Verwahrung! Gewalt kann man auch auf Boden des Rechts brauchen! Wir nicht schonender gegenüber unserem Volk, als England in seiner Auffassung18. – Lassen wir es hier weg, so wirds als Absicht gedeutet, besonders da vorher mit Parteien darüber gesprochen.

18

Die Äußerung Brauns’ bezieht sich wahrscheinlich auf die ablehnende Haltung der brit. Reg. in der Frage der Ruhrbesetzung gegenüber Frankreich. Sie war zuletzt zum Ausdruck gebracht worden in P. 32 der brit. Note an die Botschafter Belgiens und Frankreichs in London vom 11.8.23 (RT-Drucks. Nr. 6204 , S. 131 f., Bd. 379).

Marx hat Anderes gesagt! Nicht Kronzeuge für Hilferding!

Fuchs: Ich bin für Proklamation an Bevölkerung besetzten Gebiets! – Ich eigne Proklamation gemacht!

Bei Besprechung ausdrücklich verlangt, daß Rechtswidrigkeit rein muß19.

19

Als Formulierung des RMbesGeb. für eine Proklamation findet sich in R 43 I /215 , Bl. 146: „124 Deutsche sind getötet und 11 weitere zum Tode verurteilt worden. Tausende sind von den französischen Militärgerichten mit schweren Vermögens- und Freiheitsstrafen belegt worden, die zumeist noch in den Gefängnissen schmachten. 181 820 Deutsche sind von Haus und Hof vertrieben, davon 166 241 aus dem gesetzten Gebiete ausgewiesen“.

[366] Besetztes Gebiet will es!

Wir müssen es tun!

Aufruf an besetztes Gebiet vorzuziehen20!

20

Ein besonderer Aufruf des RMbesGeb. für die Bevölkerung des besetzten Gebiets erschien erst einen Tag nach der Proklamation der RReg., also am 27.9.23 (Schultheß 1923, S. 181 f.).

Raumer: Wie Hilferding, daß Poincaré vielleicht Erklärung von uns über Rechtswidrigkeit verlangt! Tut er es, kümmert er sich um England gar nicht. Bringt es so, dann Einigung mit ihm überhaupt unmöglich. – Müssen These Rechtswidrigkeit aufrecht erhalten! Dies Basis unserer künftigen Verhandlung! Sonst Kosten der Besatzung, Nachlieferung von Kohlen pp.!

Unterstreicht man es im Aufruf nicht, dann nicht plausibel zu machen. Müssen auch auf Eindruck in Bayern pp. achten21! Formulieren ohne zu schimpfen!

21

Zur bayer. Einstellung s. die Ausführungen von Knillings in der Besprechung mit den Ministerpräsidenten (Dok. Nr. 79).

Aufruf nicht an … [!]

Schmidt: Kein Vorwand für Verzögerung oder demütigende Bedingungen geben! Cunos Verwahrungen in Presse als zu scharf getadelt!

Fassung Hilferding vielleicht besser, wenn man sie schriftlich sieht. – Verwahrung vielleicht einflechten, aber nicht so wie Entwurf.

Rechtsverwahrung bei Hilferding auch drin!

Möglichkeiten die Verhandlungen nicht gefährden.

Bitte milder, wie Hilferding!

Luther: Frage, ob Poincaré verhandeln will, entschieden. Unser Text ändert daran nichts! – Können nicht daran vorüber: Verletztes Rechtsgefühl subjektiv, das irrig sein kann! Verletztes Recht muß rein! Vielleicht Wortlaut englischer Note rein22? Ohne es zu zitieren!

22

Vgl. o. Anm. 18.

Vielleicht ganze Sache kürzen!

Oeser: Stark kürzen! – Wir können nicht davon ausgehen, daß keine Verhandlungen kommen! Fassung Hilferding Limonade! Aufruf soll uns vor schweren Erschütterungen bewahren!

Präsident: Verwahrung also rein, Form in Redaktionskommission.

Brauns: Aufruf ans ganze Volk. Vielleicht Spezialschluß für besetztes Gebiet.

Präsident: Also wie Brauns!

Kanzler: Absatz 2 Bezugnahme auf England streichen23!

23

S. o. den unredigierten Text der Proklamation in Anm. 16.

Brauns: Seite 2 unten ändern. Zusammenhang gezwungen! Währungssache ans Ende! S. 3: Versailler Vertrag (oben) streichen24!

24

Vgl. o. in Anm. 16.

Oeser: Satz „Leistung“ legt sehr fest25!

25

Der entsprechende Satz ist im Entw. am Rand angestrichen.

S. 2 Wiederaufnahme der Arbeit: Besonders für Beamte sagen, Weisungen abwarten26!

26

Zur Situation der Beamten s. a. Dok. Nr. 63.

[367] Luther: zu 2 und 327 oben: „Menschenrecht“ rein, so zu händlerisch mit technischen Dingen zusammenbringen.

27

Gemeint sind die S. 2 und 3 der Proklamation; vgl. Anm. 16.

Hilferding: zu 2 unten: [!]

Sollmann: Wir wollen aufs deutsche Volk wirken, dürfen Franzosen keine Waffen geben.

Hinweis auf wirtschaftliche Notwendigkeit machen! – Stelle gefährlich, denn Bedingungen für Frankreich. Dies kann es als Aufforderung zu neuer Sabotage ansehen!

Luthers Gedanken hier reinbringen!

Geßler: Muß kürzer, elementarer, energischer sein! Nur gut, wenn Kanzler ihn selbst diktiert!

Vielleicht zur Einleitung sagen, daß wir immer bereit gewesen, zu erfüllen! Fassung über Verhaftete pp. innenpolitisch das Wichtigste! Hier nationale Ehre! Etwas für Herz und Gemüt finden!

Feststellen, daß wir versucht haben, dies vor Abbruch zu regeln, und Versuch mißlungen! Falsch, darzustellen suchen, als ob keine Kapitulation. Es ist eine bedingungslose, aber ehrenhafte, da am Ende der Kraft. Auch Blücher28!

28

Geßler bezieht sich hier wohl auf die Kapitulation Blüchers bei Lübeck im November 1806, nachdem seine Truppen nicht mehr über Proviant und Munition zur weiteren Verteidigung gegen die napoleonische Armee verfügten.

Luther: Nicht Note an Frankreich, sondern Aufruf an unser Volk! – Vertriebene pp. ohne Zusammenhang mit Wirtschaftsfragen erörtern!

Präsident: Einig, Gefangene pp. am wichtigsten. Formulierung in Kommission.

Oeser: Eisenbahnen erwähnen!

Kanzler: Vielleicht doch besonderer Aufruf an besetztes Gebiet!

An alle: Neuguß mit heutigen Anregungen!

Brauns: Doch besonderer Aufruf für besetztes Gebiet!

Fuchs: Beide Aufrufe zugleich!

Kanzler: Ja!

Präsident: Kommission?

Kanzler: Ich gieße um. Dann drei Herren überprüfen.

Präsident: Brauns, Sollmann, Oeser (Schubert).

Oeser: Übergangsmaßnahmen zur Inbetriebsetzung der Wirtschaft. Massenandrang zur Regie muß vermieden werden. Kein ungeregeltes Eindringen.

Gewisse passive Resistenz ergibt sich von selbst, da Leute der Arbeit entwöhnt und Arbeitszeug pp. in Unordnung und viele Leute ausgewiesen.

Präsident: Also nur Arbeiterorganisationen nehmen Verhandlungen auf, Beamte nicht!

Oeser: Ja.

Höfle: Bei mir Apparat intakt. Leicht, ihn in Gang zu bringen. Organisationen der Angestellten und Arbeiter könnten Verhandlungen aufnehmen. Aber Richtlinien von Regierung ausgeben.

[368] Bei Eisenbahnen Gefahr, daß wir gutes Material liefern, das verloren geht. Verhandlungen durch Organisationen ja, aber einheitlich!

Im Ganzen Oeser folgen.

Präsident: Also bei Post Anweisung, Betrieb wieder aufzunehmen.

Hoefle: ja!

Hilferding: Problem im Ganzen sehen [?]!

Zechen wollen wieder eröffnen. Dazu nötig gewisse Zusicherungen der Franzosen. Absatz der Produktion. Frage: Kohlensteuer an Franzosen29? Exportzoll30! Ems31? Sie wollen mit Franzosen verhandeln!

29

Zur Beschlagnahme der Kohlensteuer im besetzten Gebiet s. die „Ordonnance spéciale relative à la saisie de I’Impot sur le Charbon dans les Territoires Occupés“ vom 18.1.23, in: Das Rheinlandabkommen, S. 122.

30

Auf Grund des Notgesetzes zum Schutz der Finanzen und der Währung war am 16.3.23 eine VO ergangen, die u. a. die Zahlung von Steuern und Zoll an nichtdeutsche Mächte verbot (RGBl. I, S. 188 ).

31

Gemeint ist Bad Ems als Sitz des Ein- und Ausfuhramtes der Besatzungsbehörden für das altbesetzte Gebiet. Für das neubesetzte Gebiet war Essen zuständig (Köln. Ztg. Nr. 723 vom 19.10.23).

Steuer ist Tribut! Je Tonne 6 Goldmark rund!

Kann man Verhandlungen Privaten überlassen?

Industrielle als Beauftragte der Regierung?

Einen Kommissar ernennen generell zur Verhandlungsführung? Viele Fragen! Hoheitsverwaltungsfrage!

Zollverwaltung!

Ohne Verhandlungen kommen wir nicht weiter. Müssen Männer ernennen, die für Regierung Verhandlungen führen! Schnell ernennen!

Geßler: Ungeheure Mittel für Instandsetzung der Bahnen nötig. Man muß verlangen, daß Betriebseinnahmen die Ausgaben decken! Wir können nicht Lasten tragen und Regie Einnahmen haben! – Wirtschaft will leistungsfähige Bahnen! Steuer! Zollverwaltung! Regie will nur Einnahmen!

Wir falsch [?], lange nichts zu tun (Zahlung der Beamtengehälter). Volk wird ungeheure Lasten für Finanzierung verlangen, keine Einnahmen dagegen!

Etwa 14 Tage schleifen lassen! Organisationen, wir müssen sie instruieren, diese Fragen aufzuwerfen!

Brauns: Einzelne Berufe das Nötige besprechen. Im Ganzen. Abwehrausschüsse! Lohnabbau nötig! Sonst kann Industrie nicht arbeiten! Dies in freien Verhandlungen regeln32!

32

Zur Diskussion der sozialpolitischen Tagesfragen s. Dok. Nr. 97, P. d.

Kohlensteuer: Löhne bald so hoch, daß nichts an Steuer übrig33!

33

Zur Lohnfrage im Bergbau s. den Beschluß der Vertreter des Ruhrkohlenbergbaues vom 30.9.23, in: Ursachen und Folgen V, Dok. Nr. 1081.

Anweisungen an Hoheitsverwaltungen das Wichtigste!

Brauns (weiter): Wie weit und schnell mit Löhnen pp. abbauen? Dies Hauptfrage! Buchdruck, hier akut!

Raumer: Schwierigkeit: Für wen machen wir Ordnung? – Mit Ausführungen kurz treten.

Gegner muß selbst seine Verordnungen zur Bekämpfung Widerstandes[369] aufheben34. An Gegner in diesem Sinn herantreten! Sonst zahlen wir Alles! Dann Waffenstreckung [?] und Zwangsarbeit!

34

Die VOVO in „Das Rheinlandabkommen“; s. ferner die Anlagen zu H. Spethmann, Zwölf Jahre Ruhrbergbau, Bd. III.

Fuchs: Beamte der Hoheitsverwaltung; Wir können jetzt keine Anweisungen geben! Pfänderpolitik nicht klar! Von Besatzung erfahren, wie sie sich Sache denken!

Wer soll verhandeln?

Oeser sagt, Organisation! Wir müssen aber Einfluß haben35!

35

Vor der Gefahr, daß amtliche und private Stellen ohne gegenseitigen Kontakt und ohne Verbindung zur RReg. mit den Besatzungsbehörden Verhandlungen aufnähmen, warnte in einem Schreiben vom 29.9.23 der RMbesGeb. den RK: „Hierdurch droht die größte Verwirrung zu entstehen und ein allgemeiner Wettlauf um die Gunst der Besatzungsbehörden einzusetzen.“ Nach ihm bekanntgewordenen Plänen der Eisenbahnregie und frz. Presseberichten beabsichtigten die Besatzungsbehörden keine direkten Verhandlungen mit deutschen Regierungsvertretern, daher sei eine amtliche Klarstellung erforderlich. „Die Reichsregierung darf sich nicht dem Vorwurf aussetzen, daß sie durch eigene Passivität einen Zustand sich habe entwickeln lassen, der ihr die Führung bei den Verhandlungen von vornherein abschneidet. Ich gestatte mir daher die dringende Bitte auszusprechen, daß unverzüglich die deutschen Geschäftsträger in Paris und Brüssel Weisung erhalten, bei den fremden Regierungen anzufragen, ob diese bereit sind, mit bevollmächtigten Vertretern der Reichsregierung über die Wiederherstellung normaler Zustände und insbesondere über die Wiederaufnahme der Wirtschaft im besetzten Gebiet zu verhandeln.“ Von Frankreich werde die Beauftragung des derzeitigen RMbesGeb. mit der Abwicklung des passiven Widerstands als unerträglich angesehen. Seinem Vertreter in Koblenz, ORegR von Sybel, sei die Ausreise, um Instruktionen zur Einstellung des Widerstandes einzuholen, nicht gestattet worden. „Auch hieraus ist zu ersehen, daß die Rheinlandkommission Verhandlungen mit Berliner Vertretern, insbesondere mit Ausgewiesenen, nicht führen will“ (R 43 I /215 , Bl. 229–230). Nach einer Aufzeichnung von Stockhausens sprach sich StS von Maltzan beim RK gegen eine Aktion der Geschäftsträger in Paris und Brüssel aus. RFM Hilferding empfahl einen inoffiziellen Kommissar ins Ruhrgebiet zu entsenden (R 43 I /215 , Bl. 232).

Privatwirtschaft: Kann es tun, aber im Einvernehmen mit uns.

Hoheitsbeamte: Von uns ernannte Zentralstelle dort!

Wir müssen ihnen sagen, zu Verhandlungen bereit, wir aber bestimmen die Stelle, die sofort (in Köln) zusammentritt!

Präsident: Aufhebung der Verordnungen, wie Schubert36!

36

MinDir. von Schubert hatte zwei Notenentwürfe zur Übergabe an die frz. u. belg. Reg. vorbereitet und in Abstimmung mit StS von Maltzan dem RK zugeleitet. Im ersten Entw. wurde ausgeführt: „Die Französische und die Belgische Regierung haben wiederholt erklärt, daß sie die Ruhrbesetzung lediglich beschlossen hätten, um dadurch Deutschland zu Reparationszahlungen zu veranlassen, daß ihnen aber jede Absicht einer Annexion deutschen Gebietes oder einer Beeinträchtigung des territorialen Besitzstandes Deutschlands fernliege. Sie haben ferner wiederholt erklärt, daß die Räumung des Ruhrgebietes im Zusammenhang mit den von Deutschland zu leistenden Reparationszahlungen erfolgen werde. Sie haben jedoch den Beginn von Verhandlungen davon abhängig gemacht, daß der passive Widerstand gegen die französisch-belgischen Okkupationsmaßnahmen aufgegeben werde. – Indem die Deutsche Regierung von jenen Erklärungen feierlich Akt nimmt, hat sie im Einvernehmen mit den berufenen Vertretern des Rheinlandes und des Ruhrgebietes beschlossen, die in Deutschland erlassenen Regierungsanordnungen, die sich auf den passiven Widerstand beziehen, außer Kraft zu setzen und die Zahlungen, die der Fortsetzung dieses Widerstandes dienen, einzustellen.“ Der zweite Notenentwurf behandelte im ersten Abschnitt die „chaotische Verwirrung“ im besetzten Gebiet. „Es darf nicht damit gerechnet werden, daß diesem unhaltbaren Zustand schon durch die von der Deutschen Regierung jetzt beschlossenen Außerkraftsetzung der sich auf den passiven Widerstand beziehenden Anordnungen abgeholfen wäre. Die weiteren Mittel für eine durchgreifende Änderung der Verhältnisse liegen aber nicht in den Händen der Deutschen Regierung, sondern allein in den Händen der französischen und belgischen Regierung. Nachdem deutscherseits die Regierungsanordnungen zurückgezogen worden sind, ist es nicht nur ein Gebot der Gerechtigkeit, sondern auch eine unbedingte praktische Notwendigkeit, daß die französische und die belgische Regierung ihrerseits nunmehr diejenigen Maßnahmen rückgängig machen, die sie getroffen haben, um den passiven Widerstand zu brechen.“ Nur danach und nach der Rückkehr der Ausgewiesenen, Amnestierung der Verurteilten und Verminderung der Besatzung sowie auch Einsetzung einer gemischten Kommission zur Regelung aller entstandenen Fragen seien die Voraussetzungen gegeben, wieder zu einer Produktivität zu gelangen, die die Erfüllung der Reparationsverpflichtungen ermögliche (24.9.23; Pol. Arch.: NL von Maltzan : Bis zum Aufruf).

[370] Fuchs: Sofort alle Verordnungen aufheben, die Bevölkerung binden! z. B. Kohlensteuer zahlen. Regie fahren pp.

Präsident: Ja! So auch Schubert!

Geßler: Dies sehr schnell! Sonst tut es Bevölkerung auf Anordnung der Franzosen37!

37

Die „Verordnung über Aufhebung der aus Anlaß des Ruhreinbruchs erlassenen Verordnungen“ vom 27.9.23 s. in RGBl. I, S. 911 . Sie trat am gleichen Tag in Kraft. S. dazu Dok. Nr. 83, P. 1.

Brauns: Solchen Satz einflechten in Aufruf an besetztes Gebiet!

Fuchs: Besprechungen darüber im Gang!

Kanzler: Zur Notifizierung: Ich wollte absehen38!

38

Wie o. Anm. 14.

Raumer: Kein Ressort darf allein verhandeln.

Hilferding: Einverstanden mit Kanzler hierin.

Aber: Spezialverhandlungen nötig!

Präsident: Also Notifizierung entschieden, wie Kanzler!

Ingangsetzung: Wie verfährt man? Verhandlungskommissionen vorgeschlagen! Dies jetzt zu entscheiden!

Raumer: Gegner auffordern, seine Anordnungen zurückziehen und mit unseren Kommissionen zu verhandeln!

Präsident: Kommissionen ernennen oder Gruppen die Verhandlungen überlassen?

Brauns: Jetzt wohl keine Kommissionen! In 14 Tagen!

Fuchs: Es muß jedenfalls jemand bestimmt werden, der mit der Rheinlandkommission verhandelt!

Raumer: Bevölkerung entbinden! – Aber: was wir im Ruhrgebiet tun, ist abhängig davon, was wir von Gegenseite hören! Deshalb: Von Antwort abhängig machen!

Präsident: Vorbehalt, was wir tun, wie weit wir uns einlassen. Aber: Eine Stelle, die Fühlung hält, und Dinge zusammenhält, und mit uns Einvernehmen hält!

Also: zunächst Kommission, die hingeht und sich und uns informiert. Solche Stelle muß da sein! – Personenfrage!

Sollmann: Ernennung nötig.

Hilferding: Ja! Sonst Zersplitterung und Umgehung der Reichsregierung! Was aber? Verhandlungen äußerst schwierig und präjudizieren die Regierungsverhandlungen! Also integre [?] Persönlichkeit! Bergmann39?

39

Gemeint ist StS a. D. Bergmann, der nach seiner Amtsniederlegung im Jahr 1921 auch weiterhin Dtld. vor der Repko vertreten hatte.

Geßler: Nicht gleich ihn gegenüber Franzosen legitimieren! Zunächst Fühlung dort nehmen!

[371] Vielleicht Schiffer40! In Elberfeld! Ich für Vorschlag Reichspräsident!

40

Nach seiner Demission als RJM hatte Eugen Schiffer als dt. Vertreter bei den Teilungsverhandlungen über Oberschlesien in Genf mitgearbeitet.

Präsident: Er soll Demobilmachung zusammenhalten und Fühlung.

Präsident: Einig, Kommission bestellen, die drüben Abbau des Widerstandes und Einrichtung der Wirtschaft als Zentrale in Händen hat.

Einzelheiten morgen oder übermorgen im Kabinett41!

41

S. Dok. Nr. 82 und Dok. Nr. 83, P. a.

Oeser: Vielleicht Alliierte hineinschieben [?], Kanzler mit ihnen Fühlung nehmen.

Präsident: Übrige Fragen in kommender Kabinettssitzung, Presse die 2 Kabinettserlasse [?]42 regeln.

42

Evtl. sind der Aufruf der RReg. und die Aufhebung der VOVO zur Durchführung des passiven Widerstands gemeint.

Arbeitslosenunterstützung auf Reichssatz [?] schrauben, desgleichen im Kabinett.

Extras (Fußzeile):