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Nr. 67
Besprechung über die neue Währung Bodenmark im Reichsfinanzministerium. 19. September 1923
R 13 I/15–181
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Die Aufzeichnung stammt wie in Dok. 9 u. 29 von Dr. Reichert. S. zu dieser Besprechung: Ramhorst, Die Entstehung der Deutschen Rentenbank, S. 25 f.
Unter Vorsitz des Herrn Reichsfinanzministers Dr. Hilferding waren etwa 30 bis 40 Personen anwesend. Dr. Hilferding sprach zunächst in allgemeinen Ausführungen über sein Vorhaben der Verbindung eines neuen Finanzprogramms und der Balanzierung des Reichsetats mit der neuen Währung2. Er sprach die Hoffnung aus, das Defizit werde innerhalb eines halben Jahres zum Verschwinden gebracht werden. Der neue Entwurf habe die Goldbasis statt der Roggenbasis gewählt namentlich mit Rücksicht auf die industriellen Bedürfnisse. Die Bodenmark3 werde nunmehr das gesetzliche Zahlungsmittel anstelle der Reichsbanknoten, während die bei einer Umwandlung der Reichsbank zu einer Goldnotenbank herauskommenden Goldnoten nicht zum gesetzlichen Zahlungsmittel erhoben werden sollen.
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S. dazu Dok. Nr. 51, P. 1 und Dok. Nr. 55, P. 8 sowie Dok. Nr. 66. Inzwischen war auch ein Währungsplan von REM Luther vorgelegt worden (Beusch-Briefs, Währungszerfall und Währungsstabilisierung, Anlage 19, S. 147–151; Ursachen und Folgen V, Dok. Nr. 1225 d), an dem die Rbk mitarbeiten wollte (R 43 I/2440, Bl. 111–113; Beusch-Briefs, S. 152 f.; Ursachen und Folgen V, Dok. Nr. 1225 e). S. dazu auch Beusch-Briefs, S. 50 ff.; Luther, Politiker ohne Partei, S. 139 ff.; Netzband-Widmaier, Währungs- und Finanzpolitik der Ära Luther, S. 20 ff.
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Der Ausdruck „Bodenmark“ ist im Luther-Plan ebenso enthalten wie in dem GesEntw. des RFM (Beusch-Briefs, Währungszerfall und Währungsstabilisierung, S. 153–162; Ramhorst, Die Entstehung der Deutschen Rentenbank, S. 23–25).
Löb (Mendelsohn) wies auf die Buntscheckigkeit der Papiermark hin, die psychologisch ungünstig wirke. Solche Fehler müßten bei der Währungsreform vermieden werden. Er verlangte eine möglichst baldige Einwechselmöglichkeit[310] der jetzigen Noten gegen die neuen Noten. Hilger4 und andere Vertreter der Wirtschaft stellten die Frage, ob Helfferichs Vorbedingung über die Abgeltung der Betriebssteuer gefallen sei5, denn § 26 stelle noch einen leeren Raum in dem neuen Entwurf dar6.
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Im handschriftl. Protokoll Reicherts ist als Äußerung Hilgers’ festgehalten: „Ist Hellferichs Vorbedingung gefallen? Abgeltung der Betriebssteuern? Betriebssteuer ist schwerer erträglich als Zinslast“ (BA: R 13 I/278, Bl. 19).
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S. hierzu die Besprechungen vom 18. und 29.8.23; vgl. auch das Schreiben des Pommerschen Landbundes an den RK vom 24.8.23 (Dok. Nr. 9, 22, 29).
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Im Ges.Entw. wie bei Luther ist lediglich angeführt: „§ 26 (Steuerparagraph).“
Dr. Hilferding hat sich hierzu nicht klar ausgesprochen7, indes wurde mir schon vor der Sitzung von seiten des Herrn Dalberg8 erklärt, diese Vorbedingung wie die andere, daß die wirtschaftlichen Berufsstände die neue Währung garantieren9, sei als festliegend anzusehen10.
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Die Mitschrift Reicherts lautet: „Hilferding: Betriebssteuer ist wichtiger als viele andere Steuern [s. Dok. Nr. 81 und Dok. Nr. 82, P. 2]. Belastung durch Betriebssteuer in 2 Jahren verschwinden. Roesicke: Betriebssteuer sollte nur vorübergehenden Charakter haben“ (BA: R 13 I/278, Bl. 19).
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Dalberg war Referent des RWiM.
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Vgl. Anm. 13 zu Dok. Nr. 51.
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Zu den Kontakten zwischen RWiM von Raumer, dem RdI und Helfferich s. Dok. Nr. 9; Anm. 34 zu Dok. Nr. 55; Dok. Nr. 82, P. 2.
Bücher und andere Herren wie Andreae nannten die „Bodenmark“ einen glücklichen Griff bzw. die neue Vorlage als einen Fortschritt. Bücher verlangte insbesondere eine Berichtigung des Wehrbeitrags mit Rücksicht auf die verschiedenen Wirkungen des im Jahre 1913 festgelegten Wehrbeitrags in der neuesten Zeit11.
Als Herr Urbig nach der oberen Grenze der Notenausgabe der Währungsbank fragte, erklärte Herr Dr. Hilferding, es sollen nicht mehr als 2 Milliarden Bodenmark ausgegeben werden.
Urbig erklärte, die Organisation der Reichsbank müsse sofort auf die neue Währungsbank übergehen; man müsse einen großen Apparat haben. Dann stellte er die Frage, wie wohl die Bankbilanzen bei einer Devalvation aussehen würden.
Wassermann wandte sich dagegen, daß die bisherige Papiermark neben der neuen Bodenmark bestehen bleiben könne. Der Giralverkehr der Hauptbank verlange die Einheitlichkeit. Daher seien auch die Goldnoten nicht denkbar, wenn sie anders bewertet würden als die Noten der Bodenmark. Er meinte, eine Unterbewertung der Goldnoten gegenüber den Bodennoten sei denkbar. Übrigens böten die §§ 15 und 16 die Möglichkeit großer Gewinne, wenn man sich gegen Ende des Jahres größere Beträge anschaffe und sie nach Abschneiden der Kupons Anfang des Jahres wieder veräußere12. Alsdann sprach er über die Gefahr des Hamsterns der Goldnoten13.
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Die Paragraphen lauteten: „§ 15. Die Währungsbank ist verpflichtet, die von ihr ausgegebenen Geldzeichen jederzeit auf Verlangen derart gegen ihre Rentenbriefe einzulösen, daß auf 500 Bodenmark ein Rentenbrief über 500 Goldmark mit Zinsenlauf von nächsten Fälligkeitstermin ab gewährt wird. § 16. Die Währungsbank ist verpflichtet, gegen Einlieferung eines Rentenbriefs über 500 Goldmark mit Zinsenlauf vom nächsten Fälligkeitstermin ab dem Einlieferer 500 Bodenmark zu verabfolgen.“
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Diese Passage lautet in Reicherts handschriftl. Protokoll: „Gefahr des Hamsterns von Goldnoten, falls nur durch Gold oder Devisen gedeckt.“
[311] Keinath meinte, das Vertrauen in die neue Währung sei wohl nicht groß genug, um ein Disagio zu vermeiden.
Hilger nannte die Einschaltung der Reichsbank einen Fortschritt. Er will angesichts der jetzigen Notlage mit den Arbeitern verhandelt wissen, damit eine Mehrleistung der Wirtschaft erzielt wird.
Auf die wiederholt gestellten Fragen nach der gerechten Einschätzung der Vermögen sprach Herr Dr. Hilferding von der Absicht, zum 31. Dezember eine neue Veranlagung herbeizuführen. Dagegen wandte sich Herr Wassermann, der erklärte, bei der Desorganisation der Wirtschaft sei eine richtige Einschätzung der Vermögen zum 31. Dezember unmöglich. Havenstein führte u. a. aus, es sei nur möglich, eine relativ wertbeständige, aber keine absolut wertbeständige Währung zu schaffen. Wichtig sei die reinliche Scheidung zwischen Reichsbank und Reichskredit. Die Goldnoten sollten gegen Verpflichtung der Rückzahlung in Gold oder Devisen ausgegeben werden, um den Wert zu halten. Der Giroverkehr werde in Bodenmark bei der Reichsbank geführt und zwar in einem bestimmt festzulegenden Wertverkehr zur Reichsbanknote.
Alsdann kam man auf die Frage der Aufwertung der Schulden in § 24 zu sprechen. Die Einheit der Bodenmark sei verhältnismäßig hoch gegen zum Teil recht niedrige Schuldbeträge. Im Verhältnis zur Bodenmark rechne man heute vielfach mit einem 1000stel Pfennig.
Geheimrat Schlegelberger will eine bessere Fassung für § 24 vorschlagen14.
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§ 24 lautete im ersten GesEntw. des RFMin.: „Gesetzliches Zahlungsmittel ist fortan allein die Bodenmark. Anstelle der Bodenmark sind bei allen Zahlungen in Beträgen bis zu 500 Bodenmark die im Umlauf befindlichen Reichsbanknoten und andere gesetzliche Zahlungsmittel nach Maßgabe des § 21 Abs. 2 [Einlösungswert der Reichsbanknoten wird von der RReg. bestimmt] festgestellten Wertverhältnisse in Zahlung zu nehmen. Die Beschränkung auf den Höchstbetrag gilt nicht bei Zahlungen an öffentlichen Kassen. Eine vor Inkrafttreten dieser Verordnung entstandene, in Reichsmark ausgedrückte Geldschuld ist in Bodenmark nach Maßgabe des auf Grund des § 21 Abs. 2 festgestellten Wertverhältnisses zu erfüllen.“ Dem entspricht § 23 der RT-Drucks. Nr. 6216 vom 1.10.23 über die Schaffung der Neumark.
Dr. Fröchtling wies darauf hin, welche Schwierigkeiten sich außenpolitisch ergeben können, wenn zunächst eine erste Hypothek für die Währung gegeben werde und dann später zu Gunsten der Entente die erste Hypothek auf deutschen Grundbesitz eingeräumt werde15. Man muß daher mit der Gefahr der Erschütterung des Vertrauens rechnen. Im übrigen verlangte er eine vernünftige Devisenpolitik und keine törichte Devisenjagd auf Privatbesitz16.
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Vgl. die Ausführungen des RK in Dok. Nr. 51, P. 1 und dort Anm. 20.
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Damit bezieht sich der Dresdner Glasfabrikant auf die Devisen-VO vom 7.9.23 (s. Dok. Nr. 47, P. 2); vgl. dazu Dok. Nr. 71, P. III d.
Andreae stellte die Frage, wie die Bodenmark zur Devise stände und machte auf die Gefahr der passiven Handelsbilanz aufmerksam.
Dr. Roesicke erklärt, die Heranziehung der Landwirtschaft zur Leistung von Goldrenten stände der Natur der Landwirtschaft entgegen. Daher hätte sich die Landwirtschaft mit dem Roggenmarkprojekt eher versöhnen können als mit der neuen Goldbelastung.
Urbig fragte, warum 6½% Zinsen für die hypothekarische Eintragung gefordert werden. Die Bodenmark sei doch nichts anderes als ein zerstückelter Hypotheken-Pfandbrief, für den keine Zinsen gegeben werden. Warum sollten[312] so hohe Goldmillionenbeträge der neuen Bank zugeführt werden. Das Helfferichsche Projekt verlange doch auch nur Deckung, soweit die Ausschüttung des Reingewinns die Deckung unnötig macht. Man laufe hier Gefahr, einen hohen Zinssatz zu präjudizieren, auf den die Entente zurückgreifen könne. Auf die weitere Frage, was soll im Hinblick auf das besetzte Gebiet in der Währung geschehen, erwiderte Herr Hilferding ungefähr soviel, daß diese Währung wohl erst dann käme, wenn man nicht mehr für das besetzte Gebiet in der bisherigen Weise zu sorgen habe17.
Dann schloß Hilferding die Beratung, indem er die Zustimmung feststellte, wonach das vorliegende Projekt eine erhebliche Verbesserung darstelle18. Die weitere Behandlung werde einem kleineren Kreis übergeben werden19.
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In einem Schreiben an die Industriellen Reusch, Vögler und Justizrat W. Meyer bemerkte Reichert, der Regierungsentwurf enthalte in den § 3 (Satzung), § 4 (Verwaltung und Geschäftsführung), § 6 (hypothekarische Bodenbelastung), § 17 (Darlehen an das Reich von 300 Mill. M) und § 20 (jährliche Tilgung von 3% der Rentenbriefe) bedenkliche Abänderungen. „Hoffentlich wird sich der Widerstand der wirtschaftlichen Berufsstände in der Landwirtschaft und Industrie so groß erweisen, daß die Regierung diese Maschinerie, die lediglich der Neufinanzierung des Reichs, aber keiner wertbeständigen Währung dient, aufgibt und zu den vernünftigen Vorschlägen [= Helfferich-Plan] zurückkehrt“ (BA: R 13 I/178, Bl. 10).
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