1.141.1 (bru3p): Ausgleich des preußischen Haushaltsplanes

Zum Text. Zur Fußnote (erste von 8). Zu den Funktionen. Zum Navigationsmenü. Zum Navigationsbaum

 

Bandbilder:

Die Kabinette Brüning I und II Band 3Das Kabinett Brüning I Bild 183-H29788NS-Wahlversammlung im Sportpalast Bild 102-10391Arbeitslose Hafenarbeiter Bild 102-11008Bankenkrise 1931 Bild 102-12023

Extras:

 

Text

RTF

Ausgleich des preußischen Haushaltsplanes

Der Preußische Ministerpräsident erklärte zunächst, daß die Preußische Staatsregierung die feste Absicht habe, entsprechend der Praxis aller voraufgegangenen Jahre, dem Preußischen Landtag einen ausgeglichenen Etat vorzulegen.

Die Schwierigkeiten, dieses Ziel auch in diesem Jahr zu erreichen, seien bekannt1. Ohne weiteres werde sich das Ziel auch kaum erreichen lassen. Am einfachsten[2251] würde es jedenfalls sein, wenn das Reich dem Lande Preußen eine Abschlagszahlung auf die Ansprüche für abgetretenes Staatseigentum leiste2.

1

Vgl. hierzu Dok. Nr. 566, Nr. 574, Nr. 581 und Nr. 613.

2

Gemeint ist die Eisenbahnabfindung: siehe Dok. Nr. 613, Anm. 2.

Der Reichskanzler erwiderte, daß eine derartige Abschlagszahlung angesichts der eigenen Schwierigkeiten des Reichs nicht in Aussicht gestellt werden könne. Er erinnerte aber daran, daß er sich in der voraufgegangenen Besprechung über den gleichen Beratungsgegenstand bereiterklärt habe, an der Überwindung der preußischen Schwierigkeiten mitzuarbeiten. Diese Bereitwilligkeit habe sich allerdings nur darauf erstreckt, Mittel und Wege zu suchen, der Preußischen Staatsregierung vor den Wahlen3 die Einführung der Schlachtsteuer zu ersparen. Wenn die Wahlen vorüber seien, werde die Preußische Staatsregierung in der Wahl der Mittel, den Ausgleich des Etats herbeizuführen, ja wieder erheblich freier sein als vor den Wahlen. Insbesondere werde sich alsdann auch die Schlachtsteuer durchsetzen lassen, wenn ein anderer Weg zum Ausgleich des Etats nicht gangbarer erscheine. Wenn die vor den Wahlen zu leistende Reichshilfe in einer Barleistung bestehen müsse, so müsse diese natürlich in den Reichsetat eingestellt werden. Dies könne aber nur dann geschehen, wenn Preußen einen Gegenposten dafür biete. In diesem Zusammenhang sei ja bereits davon die Rede gewesen, daß das Reich die preußischen Anteile an der Preußenkasse übernehme oder die preußischen Anteile an der Siedlungsbank.

3

RPräs.-Wahlen am 13. 3. und 10. 4. und die Wahl des Pr.LT am 24.4.32.

Der Preußische Ministerpräsident erwiderte, daß es für die Preußische Staatsregierung unmöglich sei, noch vor den Wahlen die Schlachtsteuer einzuführen. Er glaube auch nicht, daß die Frage des endgültigen Ausgleichs des preußischen Haushaltsplanes noch vor den Wahlen spruchreif werde. Das, was die Preußische Staatsregierung dem Landtag Ende Februar oder Anfang März vorlege, sei nichts anderes als der Entwurf eines Etats, dessen endgültige Festsetzung vom Verlauf der Landtagsverhandlungen abhänge4. Die Landtagsverhandlungen würden sich sicher bis in den Sommer hinziehen. Der „Entwurf“ formal auszugleichen werde keine übergroßen Schwierigkeiten bereiten. Wenn vor der endgültigen Verabschiedung neue Einnahmequellen erschlossen werden müßten, so sei dazu auch nach den preußischen Wahlen noch Zeit genug vorhanden. Er erblicke das Problem daher in der Zeit vor den Wahlen in der Hauptsache darin, kassenmäßig durchzukommen. In konkreten Zahlen ausgedrückt, bedeute dies, daß Preußen, um kassenmäßig durchhalten zu können, einen Kredit von 50 Millionen RM erlangen müsse. Für die Beschaffung dieses Kredits sei die Mitwirkung der Reichsbank ausschlaggebend5. Ohne tatkräftige Unterstützung des Reichs werde Preußen bei der Reichsbank wahrscheinlich dann nicht zum Ziele kommen. Er erbitte daher diese Mitwirkung der Reichsregierung.

4

Vgl. Dok. Nr. 689, Anm. 2.

5

Vgl. hierzu Dok. Nr. 613, Anm. 3.

Staatsminister Klepper bemerkte noch, daß er die Übernahme von Anteilen der Preußenkasse auf das Reich nicht befürworten könne. Entgegen anders lautenden Meinungen müsse er betonen, daß die Preußenkasse auf absolut gesunden Füßen stehe. Wenn das Reich preußische Gegenwerte anstrebe, so sei die Beteiligung an der Siedlungsbank jedenfalls das geeignetere Objekt.

[2252] Der Reichsminister der Finanzen führte unter Bezugnahme auf die in seinem Schreiben vom 28. Januar 1932 […] zusammengefaßte Übersicht über die Etat- und Kassenlage des Reichs aus, daß das Reich aus eigenen Mitteln nicht werde helfen können. Das Reich stehe selbst noch vor der ungelösten Schwierigkeit, einen ungedeckten Fehlbetrag von 190 Millionen RM im Etat 1932 auszugleichen6. Nach seiner Meinung müsse Preußen nach dem Vorbild des Reichs den sachlichen Aufwand seiner Verwaltung weiter einschränken; insbesondere halte er die Aufwendungen Preußens für den Justizetat und den Schuletat nach wie vor für zu hoch. Wenn es Preußen nur darauf ankomme, daß das Reich ihm zur Erlangung eines Kassenkredits von 50 Millionen bei der Reichsbank Hilfe leiste, so sei er zu dieser Hilfeleistung durchaus bereit. Vielleicht genüge es schon wenn das Reich in der genannten Höhe Reichsschatzanweisungen zur Verfügung stelle, im Austausch gegen preußische Schatzanweisungen in gleicher Höhe.

6

In diesem Schreiben hatte der RFM eine Übersicht über die Etats- und Kassenlage für 1931 und die Etatslage für 1932 gegeben. Danach ergab sich für den Etat 1931 ein Fehlbetrag von 415 MioRM. Kassenmäßig fehlten dem Reich für die Monate Januar, Februar und März 1932 insgesamt 307 MioRM. Dieser kassenmäßige Fehlbedarf sollte durch Prolongierung fälliger Schatzanweisungen, Lombardierung von Vorzugsaktien, durch Fortsetzung der Münzprägung und sächliche Abstriche von 50 MioRM in allen Ressorts gedeckt werden.

Für den haushalt 1932/33 hatte der RFM einen Fehlbetrag von 994 MioRM errechnet, wovon er für 805 MioRM Deckungsvorschläge vorgelegt hatte (R 43 I /882 , Bl. 176–179). Im Nachgang zu seinem Schreiben hatte der RFM mit Schreiben vom 8.2.32 für die Sanierung der Finanzen von Ländern und Gemeinden durchgreifende Maßnahmen zum Umbau der Arbeitslosenfürsorge und zur Verwaltungsreform im weitesten Sinne gefordert (R 43 I /882 , Bl. 180–181). Vgl. zur Haushaltslage des Reichs auch Dok. Nr. 697, P. 4.

Da die preußischen Herren mit dieser Erklärung zufrieden waren, schloß der Reichskanzler die Besprechung mit dem Bemerken7, daß er nötigenfalls auch seinerseits gern bereit ist, mit Herrn Reichsbankpräsidenten Dr. Luther persönlich zu sprechen, um die preußischen Kreditwünsche nach Möglichkeit zu fördern8.

7

Zur Fortsetzung der Beratung siehe Dok. Nr. 660.

8

Vgl. hierzu Schulz, Staat und Wirtschaft in der Krise, Dok. Nr. 419.

Extras (Fußzeile):