1.9.3 (bru3p): 3. Außerhalb der Tagesordnung: Deutsch-schweizerische Handelsvertragsverhandlungen.

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3. Außerhalb der Tagesordnung: Deutsch-schweizerische Handelsvertragsverhandlungen.

Ministerialdirektor Dr. Ritter berichtete eingehend über den Verlauf und Stand der deutsch-schweizerischen Handelsvertragsverhandlungen8. Neben Einfuhrkontingenten wolle die Schweiz auch die Anordnung treffen, daß die Ausfuhrerlöse an eine schweizer Stelle gezahlt und von dieser mit deutschen Einfuhrforderungen verrechnet werden sollen9. Es sei ein unglaubliches Ansinnen, das die schlimmen Methoden der Zeit kurz nach dem Kriege wiederholen wolle. Die Folgen seien nicht abzusehen. Frankreich trage sich bereits mit ähnlichen Gedankengängen und Schaffung einer caisse de compensation.

8

Siehe Dok. Nr. 503, Anm. 5.

9

Vgl. das Schreiben des RAM Curtius vom 6.10.31 sowie die Aufzeichnung der Schweizerischen Gesandtschaft vom 5.10.31 in R 43 I /1115 , Bl. 87–91. Die dt.-schweizerischen Verhandlungen hatten am 19.10.31 in Bern begonnen. Leiter der dt. Delegation war MinDir. Posse vom RWiMin. (WTB Nr. 2206 vom 20.10.31, R 43 I /1115 , Bl. 98).

Deutschland könne sich auf derartige handelspolitische Maßnahmen nicht einlassen und müsse es der Schweiz anheimstellen, den geltenden Handelsvertrag zu kündigen. Wahrscheinlich würden sich in der Schweiz Gegenströmungen geltend machen, die verhindern würden, daß die Schweiz übermäßig rigorose Maßnahmen treffe. Ein Zollkrieg mit Deutschland würde auch für die Schweiz schwere Folgen haben; es sei möglich, daß während der Kündigungsfrist von dort neue Vorschläge kämen oder autonome Regelungen getroffen würden, die schlimmste Schädigungen des deutschen Außenhandels vermeiden würden. Am 1. Februar 1932 würde gegebenenfalls der vertragslose Zustand eintreten. Dann würde voraussichtlich die Schweiz allgemeine Einfuhrverbote erlassen, die zur Zeit noch durch den deutsch-schweizerischen Vertrag ausgeschlossen würden. Dies würde allerdings Deutschland in erster Linie treffen.

Der Reichsminister der Finanzen glaubte, daß die Schweiz wohl schwerer unter einem Zollkrieg leiden würde als Deutschland, denn der Prozentsatz der Ausfuhr Schweizer Waren nach Deutschland sei wesentlich größer als umgekehrt. Deswegen sei auch früher bereits ein Zollkrieg für die Schweiz ungünstig entschieden worden. Deutschland müsse gegebenenfalls stark reagieren.

Der Reichsbankpräsident wies auf die Rückwirkungen eines Zollkrieges auf die deutschen Zinszahlungen hin. Der Schweiz müsse angedeutet werden, daß bei der starken Hergabe Schweizer Gelder nach Deutschland (2,5 Milliarden kurzfristig 1 Milliarde langfristig) die Folgen von Differenzen für die Schweiz außerordentlich nachteilig wären. Die Schweizer nähmen manchmal einen merkwürdigen Standpunkt[1848] ein. So habe das Mitglied einer großen Schweizer Bank von ihm Devisenfreigabe über das Stillhalteabkommen hinaus verlangt10.

10

Der RbkPräs. hatte am 27.10.31 den Wunsch der Schweizerischen Kreditanstalt, der Norddeutsche Lloyd möge der Bank einen geschuldeten Betrag in Devisen zurückzahlen, abgelehnt (Nachl. Luther  Nr. 366, Bl. 197).

Auch Staatssekretär Dr. Trendelenburg riet zu energischen Maßnahmen gegen die Schweiz. Sie könne nicht Deutschland Forderungen stellen und sich gleichzeitig deutschen Waren absperren. Würden Einfuhrverbote zugelassen, so wäre das für die Verhandlungen mit Frankreich von übler Vorbedeutung. Zwischen Finanz- und Handelspolitik müßten verständige Beziehungen aufrechterhalten werden. Wenn die Stillhalteverhandlungen günstig verliefen, so sei die Ausfuhr nicht in gleichem Maße nötig wie bisher. Es würde sich eine Beruhigung einstellen. Vielleicht könnte versucht werden, die eine oder andere große deutsche Firma zu veranlassen, ihre Schweizer Filiale in ein anderes Land zu verlegen; das würde seine Wirkung auf die Schweiz nicht verfehlen.

Der Reichskanzler stellte fest, daß das Kabinett mit den Vorschlägen des Handelspolitischen Ausschusses einverstanden ist11.

11

Zur Fortsetzung der Beratungen siehe Dok. Nr. 532, P. 1.

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