1.41.3 (bru3p): 3. Devisenfragen.

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3. Devisenfragen.

Der Reichswirtschaftsminister trug sodann vor, daß die Reichsbank neue Maßnahmen zur Besserung der Devisenlage für erforderlich halte, und zwar keine Verschärfung der Devisenbestimmungen. Sodann mehrten sich die Klagen aus der Wirtschaft, die glaube, nicht sicher kalkulieren zu können infolge des Fehlens der Termindevisen. Es scheine ihm notwendig, wieder Termindevisen oder eine Devisen-Clearingstelle einzuführen. Er bitte, diese Regelung mit der Verschärfung der Devisenbestimmungen zu verbinden.

Der Reichsbankpräsident bestätigte, daß namentlich aus industriellen Kreisen ein Ansturm wegen dieser Frage bei der Reichsbank wie bei dem Reichswirtschaftsministerium erfolge. Diese Wünsche könnten in Kürze erörtert werden. Dringlicher sei aber die Frage der ganzen Devisenlage. Diese sei sehr bedenklich. Die Reichsbank habe in der letzten Woche Devisen in Höhe von 72 Millionen verloren. Der Bestand sei dadurch weiter erheblich verkürzt. Das zwinge zu verschärften Maßnahmen für die Devisenbewirtschaftung. Er verspreche sich davon stärkere Ablieferungen und außerdem eine günstige außenpolitische Wirkung. Diese letztere sei auch als Vorbereitung notwendig, falls man vielleicht in einigen Wochen an ein Auslandsmoratorium denken müsse.

Im einzelnen schlage er vor:

1.

eine Ausfuhrkontrolle, obwohl diese leider einen großen Beamtenapparat erfordere,

2.

Importregelung,

3.

Devisensondergerichte,

4.

eine neue Strafbestimmung dahin, daß jede Devisenverfehlung in einem Betriebe als Schuld eines Vorstandsmitgliedes angesehen und infolgedessen durch Bestrafung des Vorstandes geahndet werden könne.

Der Reichskanzler teilte mit, er habe erfahren, daß bisher die Devisenverordnung nicht genügend durchgeführt werde. Es erfolgten z. B. vielfach Zahlungen an[1970] Tochtergesellschaften ungehindert, die den Bestimmungen widersprächen. Er sei sehr für scharfe Maßnahmen. Diese müßten aber durchführbar sein. Er bitte hierzu um Stellungnahme.

Staatssekretär Trendelenburg äußerte zu den Vorschlägen des Reichsbankpräsidenten folgendes:

1. Exportmaßnahmen würden nach seinen persönlichen früheren Erfahrungen in der Praxis eine gewaltige Arbeit und große Kosten verursachen. Es handele sich um 60 000 Fälle täglich. Deren Kontrolle sei sehr schwierig12.

12

Das Rkab. Bauer hatte im Dezember 1919 eine Ausfuhrkontrolle eingeführt: diese Edition, Das Kabinett Bauer, Dok. Nr. 118 und Nr. 119, P. 1.

2. Eine Importregelung sei für Deutschland besonders gefährlich, weil unsere Außenhandelsbilanz aktiv sei. Deswegen dürfe z. B. die Türkei nicht zum Vorbild genommen werden, deren Handelsbilanz nicht aktiv sei13. Für Deutschland seien Gegenmaßnahmen anderer Länder in Form von weiteren Kontingentierungen zu erwarten14. Die Nachteile daraus für den Export würden möglicherweise größer sein als der Nutzen der Importdrosselung.

13

Anfang Dezember 1931 erließ die Türkei monatliche Einfuhrkontingentierungen und das Importverbot für Luxuswaren. Aufträgen, die öffentliche Körperschaften und Konzessionsgesellschaften im Ausland erteilten, mußten entsprechende ausländische Aufträge in der Türkei gegenüberstehen, wenn Devisen für den Import hergegeben werden sollten. Eine andere Bestimmung sah bei neuen Handelsverträgen die Einführung von Kompensationen für die Länder mit einer aktiven Handelsbilanz gegenüber der Türkei vor (Schultheß 1931, S. 470).

14

Vgl. Dok. Nr. 99, Anm. 9 und Dok. Nr. 579.

3. Gegen eine Verfolgung von Devisenverfehlungen durch Sondergerichte habe er Bedenken, weil solche Gerichte ohne Laien nicht sehr praktisch arbeiteten. Die kleinen Vergehen würden von diesen erfaßt, die großen nicht.

Notwendig für eine Besserung der Devisenverhältnisse scheine ihm in erster Linie ein Wirtschaftsprogramm, das wieder Vertrauen zur deutschen Wirtschaft erwecke.

Der Reichsminister der Justiz erklärte, nicht Sondergerichte aber Schnellgerichte zu empfehlen. Es könne ein Schnellverfahren eingeführt werden mit einer kurzen Einlassungsfrist, etwa von nur 24 Stunden. Eine Bestrafung von Vorstandsmitgliedern aufgrund lediglich einer Fiktion widerspreche den allgemeinen Rechtsgrundsätzen im Strafrecht. Es könne aber ein besonderer Tatbestand geschaffen werden, durch den das Erschleichen von Devisen erfaßt werde. Auch die Strafandrohungen könnten verschärft werden und vielleicht die Beschlagnahme des gesamten Vermögens angedroht werden. Es bestehe aber vielfach die Schwierigkeit in der Praxis, an die Täter heranzukommen15.

15

In einem Schreiben vom 20.11.31 wies der RJM die Landesjustizverwaltungen auf die Verschärfung der Devisenvorschriften und die Strafbestimmungen hin und führte u. a. aus: „Den Justizbehörden wird es obliegen, jeden zu ihrer Kenntnis gelangenden Fall von Zuwiderhandlungen gegen die Vorschriften über die Devisenbewirtschaftung mit rücksichtsloser Strenge und mit größter Beschleunigung zu verfolgen […] Ich wäre dankbar, wenn durch besondere Anweisungen an die Staatsanwaltschaften darauf hingewirkt würde, daß derartige Zuwiderhandlungen in allen geeigneten Fällen in Schnellgerichtsverfahren verfolgt werden. Von besonderem Wert kann es auch sein, wenn an den hierfür vornehmlich in Betracht kommenden Plätzen bei den Staatsanwaltschaften besondere Dezernenten für die einschlägigen Strafsachen bestellt werden, die durch ihre Erfahrung auf diesem Gebiet in der Lage sind, die rechtlich und tatsächlich nicht immer einfach liegenden Verhältnisse zu entwirren.“ Joël erwähnte auch die Möglichkeit der Vermögensbeschlagnahme bei Devisenvergehen. In einem Schreiben an den RWiM und den RbkPräs. bat der RJM um besondere Unterstützung der Strafverfolgungsbehörden (Umdruck in R 43 I /2447 , Bl. 63–64).

[1971] Ministerialdirektor Zarden bekräftigte, daß es sehr schwer sei, an die Täter heranzukommen und empfahl, von eidesstattlichen Versicherungen mehr Gebrauch zu machen16.

16

Vgl. das Schreiben der Rbk. vom 5.12.31 über die Pflicht zur Abgabe eidesstattlicher Versicherungen in Devisenangelegenheiten (R 43 I /2447 , Bl. 113–114).

Der Reichsbankpräsident erklärte, den Vorschlag des Reichsministers der Justiz für einen neuen Straftatbestand sehr zu begrüßen, Er würde Wert darauf legen, in der Pressebesprechung am nächsten Vormittag aus Anlaß des neuen Reichsbankausweises auf die neuen Regierungsmaßnahmen hinweisen zu können.

Der Reichskanzler erklärte, gegen die Publikation einer Importzuteilung ernste Bedenken zu haben. Eine Bekanntmachung von Regierungsmaßnahmen vor Erlaß der Verordnung könne einmal mit Rücksicht auf den Herrn Reichspräsidenten nicht erfolgen. Zudem seien solche Ankündigungen unzweckmäßig, weil sich ja bis zum Erlaß der Verordnung die Devisensünder danach einrichten könnten. Er sei wohl damit einverstanden, daß der Reichsbankpräsident mitteile, daß die Reichsregierung bis abends Maßnahmen der Ausfuhrkontrolle ergreifen werde.

Sodann bat er die beteiligten Ressorts, eine entsprechende Vorlage zur Fortsetzung der Sitzung am anderen Tage auszuarbeiten17.

17

Zur Fortsetzung der Diskussion siehe Dok. Nr. 557, P. 1.

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