2.168 (bru1p): Nr. 168 Aufzeichnung des Ministerialrats Feßler über die Ergebnisse der Preissenkung. 15. November 1930

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Nr. 168
Aufzeichnung des Ministerialrats Feßler über die Ergebnisse der Preissenkung. 15. November 1930

R 43 I /1158 , Bl. 412–413

I. Ergebnis der bisherigen Preissenkung:

Auf die anliegende amtliche Verlautbarung vom 14. November 1930 hierüber wird Bezug genommen1. Ergänzend folgendes2:

1

Der Kabinettsausschuß für Arbeits- und Preisfragen hatte in seiner Verlautbarung die Hausfrauen zu preisbewußten Käufen aufgefordert, die Erhöhung der landwirtschaftlichen Erzeugerpreise verteidigt und der Öffentlichkeit eine Zusammenstellung der bisherigen Preissenkungen vorgelegt (WTB Nr. 2313 vom 14.11.30 in R 43 I /1158 , Bl. 416).

2

Vgl. die Zusammenstellung über die Preissenkungen in der Investitionsgüterindustrie seit dem 1.1.30 in R 43 I /1158 , Bl. 394–396.

1. Preise:

a)

Es ist vereinbart, daß die Schweinefleischpreise in Zukunft der Preisbewegung der Schweine folgen sollen.

b)

Die Gemüse- und Obstpreise unterliegen der Kontrolle der Marktforschungsstelle3.

[627] c)

Die Preise für elektrotechnische Erzeugnisse sind um 5% gesenkt worden, über die Wirkung der Lohnsenkung hinaus.

d)

Es wurde festgestellt, daß Preisvergleiche zwischen Konsumvereinen und anderen Händlern verboten sind, weil dabei die Qualitätsunterschiede nicht ausreichend berücksichtigt werden können.

e)

Auf die Steigerung der Preise durch die hohen Transportarbeitertarife wurde hingewiesen (insbesondere bei Kartoffeln und Brennstoffen).

f)

Auch die Bezüge der Bauarbeiter sind im Vergleich zu anderen Arbeiterkategorien wesentlich überhöht und verteuern die Baukosten.

g)

Bei der Baukostenberechnung ist von der Grundlage des cbm umbauten Raumes abgegangen worden. Die Leistungen werden einzeln berechnet. Klarheit und Verbilligung ist die Folge.

h)

Von den Konsumvereinen scheint keine Hilfe beim Preisabbau zu erwarten zu sein. Sie haben bei unverbindlichen Verhandlungen den Standpunkt der Unternehmer vertreten und halten am Rabatt von 4% fest.

i)

Lohnberechnungen der Handwerker sind wesentlich überhöht. Die Unternehmer haben daran Interesse, weil sie an der Entlohnung beteiligt sind.

3

Die Reichsforschungsstelle für landwirtschaftliches Marktwesen beim REMin. war 1929 gegründet worden.

II. Arbeitsplan:

1. Maßnahmen zur Preissenkung:

a)

Prüfung der Frage, ob die Brotfabriken kartellmäßige Bindungen eingegangen sind. In diesem Falle sofortige Aufhebung dieser Bindungen.

b)

Überwachung der Auswirkung der Kohlenpreissenkung bis zum letzten Konsumenten, auch bei den Elektrizitätswerken Herbeiziehung eines Gutachtens, dann Herangehen an die Kommunen; Widerstände brechen. Nachprüfungen in Kiel und Altona durch die preußischen Stellen.

c)

Dies insbesondere auch bei der Zementindustrie. Unterstützung von Außenseitern, gegebenenfalls durch Kredithergabe.

d)

Einwirkung auf Herabsetzung der Eisenpreise. Ziel: Weltmarktniveau + Zoll (Senkung um 25 M).

e)

Verhandlungen mit der eisenschaffenden Industrie wegen Konzentration der Betriebe zur Verbilligung (Arbeitsmarktschwierigkeiten).

f)

Vorgehen gegen die Tapetenindustrie. Sie hält ihre Kartellpreise als Richtpreise aufrecht.

g)

Vorlegung einer Verordnung an den Reichswirtschaftsrat, nach der die Preise der Markenartikel vom 1. August 1930 um einen Rabatt von 10% zu senken sind. Erörterung der Frage, ob die Verkäufer dem Erzeuger entsprechend Abzüge machen können.

h)

Druck auf die Baukosten bei Vergebung von Aufträgen und Hauszinssteuerhypotheken (Preußen). Erörterungen, ob Verwertung des Holzanfalls durch Windbruch in Schlesien für Bauunternehmungen möglich.

i)

Druck auf die Verkehrstarife der Reichsbahn, der Kommunen und der Droschkenunternehmer.

k)

Feststellung durch Reichsministerium des Innern, ob Arznei-Taxe wie Markenartikel angegriffen werden kann (Reichswirtschaftsministerium schreibt dorthin).

[628] 2. Andere Wirtschaftsfragen:

a)

Bekämpfung der Vereinbarungen, nach denen Konsumgenossenschaften von der Belieferung ausgeschlossen werden (z. B. Osram).

b)

Weiterbehandlung der Frage der Zinssenkung unter Berücksichtigung der Liquidität der Unternehmungen und der Verschiedenheit der Zinsberechnungen. Festhalten grundsätzlich am 7%igen Pfandbrief (2 Ausnahmen bei Konventierung 10%iger).

c)

Verhandlungen über Aufhebung des Nachtbackverbots.

d)

Entscheidung über den Gesetzentwurf gegen das Zugabewesen.

3. Weiteres Vorgehen:

a)

Propaganda für den Preisabbau, Einwirkung auf die Bevölkerung, die Preissenkung ihrerseits zu fördern. Ausspielen der bereitwilligen Verkäufer gegen die widerstrebenden. Lenkung der Käufer entsprechend. Eingehende Aufklärungen in den Einzelfällen (Milch).

b)

Propagandamittel:

Presse. Aufrechterhaltung ihrer Bewegung für Preissenkung.

Rundfunk. Zwiegespräch zwischen Frau Lüders und einem Volkswirtschaftler (etwa Oberregierungsrat a. D. Tiburtius über Preisabbau) Rundfunkrede. Zweimal wöchentlich Mitteilungen über Preisbewegungen.

Sonderkorrespondenz?

Reichsforschungsstelle für landwirtschaftliches Marktwesen.

Reklamesachverständigen?

Bei der Propaganda Vorsicht wegen Gefahr der Geschäftsstockung, Kapitalflucht und Arbeitslosigkeit.

c)

Zwang zum Aushang von Preisschildern, insbesondere bei Brot, unter Strafandrohung.

d)

Enges Zusammenarbeiten der Reichsministerien und der Preußischen Ministerien, andere Behörden und Stadtverwaltungen unter Wahrung der bisherigen Zuständigkeiten.

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