Häufig nahmen Wehrmachtserfassungskommandos und andere wirtschaftliche und technische Truppen (z.B. Bergungstrupps, Rohstofferkundertrupps, Landwirtschaftlich-technische Züge, Mineralöleinheiten, Bergbaukompanien) bereits mit der kämpfenden Truppe im eroberten und besetzten Gebiet ihre Tätigkeit auf. Das Foto zeigt einen Unteroffizier eines Technischen Bataillons bei Reparaturarbeiten in einem Elektrizitätswerk in Radomyschl (Südrussland) im August 1941. Insbesondere die Wiederinbetriebnahme von Energieversorgungseinrichtungen war für die Versorgung der deutschen Truppen im Operationsgebiet und bei den Bemühungen um einen systematischen Wirtschaftsaufbau zur Unterstützung der deutschen Kriegsproduktion von entscheidender Bedeutung.

Nachdem die Vorarbeiten für eine militärische Wirtschaftsverwaltung für die im geplanten Ostkrieg zu besetzenden sowjetischen Gebiete bereits im Oktober 1940 begonnen hatten, nahm am 21. Februar 1941 die Wirtschaftsorganisation Ost (bis zum 9. Juni unter dem Decknamen "Wirtschaftsorganisation Oldenburg") ihre Arbeit auf. Führungsorgan war der Wirtschaftsstab Ost, dem fünf Wirtschaftsinspektionen, 23 Wirtschaftskommandos und 12 Außenstellen nachgeordnet waren. Als übergeordnetes Leitungsgremium fungierte der Wirtschaftsführungsstab Ost, der zu Görings Vierjahrsplan-Administration gehörte, in dem aber der Chef des Wehrwirtschafts- und Rüstungsamts des OKW, General Georg Thomas, die Federführung hatte.

Generalleutnant Dr. Wilhelm Schubert geb. 12. November 1879, gest. 26. Juni 1972. Von 1918 bis 1921 Militärattaché bei der Deutschen Vertretung in Moskau. Nach seiner Verabschiedung aus dem Militärdienst Tätigkeit als Verbindungsmann deutscher Rüstungskonzerne in der sowjetischen Hauptstadt. 1924 Ausweisung aufgrund seiner offen antibolschewistischen Haltung. Von 1922 bis 1925 als Mitarbeiter der Firma Junkers in Dessau mit dem geheimen Ausbau eines Flugzeugwerks in der UdSSR befasst, dann Ausbildertätigkeiten in Potsdam. 1925 Promotion zum Dr. rer. pol., 1928 bis 1930 Lehrer an der türkischen Generalstabsakademie in Istanbul. 1934 Wiedereintritt in die Offizierslaufbahn bei der Luftwaffe. 1939 Inspekteur der Rüstungsinspektion VII, 1940 Rüstungsinspekteur Paris. Vor dem Hintergrund seiner Erfahrungen in der Rüstungswirtschaft und seiner Kenntnisse der Sowjetunion Ernennung zum Chef des Wirtschaftsstabs Ost am 25. März 1941. Aufgrund offensichtlicher Führungsschwäche Ablösung am 30. Juni 1942 und Übernahme der Ersatz- und Ausbildungsinspektion der Luftwaffe (zuletzt als General der Flieger). Nachfolger als Chef des Wirtschaftsstabs Ost wurde General der Infanterie Otto Stapf.

In den "Richtlinien für die Führung der Wirtschaft in den neubesetzten Ostgebieten" (Juni 1941), nach der Farbe ihres Einbandes auch als "Grüne Mappe" bezeichnet, wurde das Programm zur ökonomischen Ausbeutung der besetzten sowjetischen Gebiete für alle beteiligten Dienststellen verbindlich festgeschrieben. Als Hauptaufgaben wiesen die "Richtlinien", die in hoher Auflage in verschiedenen Fassungen erschienen, der Wirtschaftsorganisation Ost die Versorgung der kämpfenden Truppe aus dem okkupierten Land mit Arbeitskräften, Nachschubgütern und Nahrungsmitteln sowie die Unterstützung der deutschen Kriegswirtschaft durch eine radikale Ausbeutung der besetzten Ostgebiete zu.

Angesichts der großen Entfernungen in der Sowjetunion war die Versorgung der Wehrmachtstruppen mit Nahrungsmitteln, Munition und anderen Nachschubgütern von Beginn des Ostkrieges an von entscheidender Bedeutung für die deutsche Kriegsführung. Neben anderen Maßnahmen zur Verbesserung der Transportlage in den besetzten Ostgebieten betrieb der Wirtschaftsstab Ost die Nutzbarmachung erbeuteter sowjetischer Eisenbahn-Transportkapazität für deutsche Zwecke. Das Bild (aufgenommen Juli 1943) zeigt die Anpassung einer Radachse aus sowjetischer Produktion mit einer um 8,9 Zentimeter größeren Spurtweite (Breitspur) auf die deutsche Schienenbreite. Neben einem russischen Arbeiter sind ein Mitarbeiter der Reichsbahn und ein Wehrmachtsangehöriger zu sehen (v.l.n.r.)

Ukrainische Bäuerinnen überreichen Oberstleutnant von Ahlfen, Kommandeur des Pionier-Regiments z.b.V. 617, das vor Ort wahrscheinlich für Instandsetzungsarbeiten eingesetzt worden war, einen Erntekranz, Sommer 1941. Die anfängliche Deutschfreundlichkeit großer Bevölkerungsteile in den besetzten Ostgebieten verflog größtenteils schon nach kurzer Zeit angesichts einer Besatzungspolitik, die sich im wirtschaftlichen Bereich vor allem in der hemmungslosen Ausbeutung des Landes für deutsche Zwecke und der zwangsweisen Verschickung von Millionen "Ostarbeitern" ins Reich äußerte. Unverzüglich nach dem Einmarsch wurde von den deutschen Wirtschaftsdienststellen die Zerschlagung der sowjetischen Zentralverwaltungswirtschaft in Angriff genommen.

Als Ergänzung zu seinen Richtlinien und Weisungen für die Landwirtschaftsführer der Wirtschaftsorganisation Ost vom 23. Mai 1941 verfasste der Staatssekretär im Reichsernährungsministerium, Herbert Backe, seine berüchtigten "12 Gebote für das Verhalten der Deutschen im Osten und die Behandlung der Russen". Die Richtlinien und Weisungen, die in aller Deutlichkeit die nationalsozialistische Rassenideologie mit einer brutalen Ausbeutungsstrategie verbanden, wurden vom OKW vorbehaltlos akzeptiert und in die militärischen Richtlinien übernommen.

Ein deutscher Landwirtschaftsführer beim Gespräch mit einem einheimischen Arbeiter vor einem von sowjetischen Truppen beim Rückzug zerstörten Betrieb. Das von der deutschen Führung ursprünglich verfolgte Konzept einer Kolonisations- und Raubbauwirtschaft wurde nach dem ersten Besatzungsjahr angesichts der veränderten Kriegslage aufgegeben. Stattdessen sollte nun durch einen umfassenden Wirtschaftsaufbau in den besetzten Ostgebieten die deutsche Kriegswirtschaft unterstützt werden. Für die Dienststellen des Wirtschaftsstabs Ost bedeutete dies, sowjetische Betriebe nicht mehr nur "auszuschlachten" und alles Verwertbare abzutransportieren, sondern die Anlagen unter Einsatz der einheimischen Bevölkerung wieder in Gang zu setzen.

Das Bild zeigt den Abtransport von "Ostarbeiterinnen" vom Hauptbahnhof Kiew zum Reichseinsatz, 1942. Zur Ersetzung der durch Einziehungen zur Wehrmacht ausgefallenen deutschen Arbeitskräfte bei gleichzeitig verstärkten Rüstungsanstrengungen wurden insgesamt etwa 2,8 Millionen sowjetische Zivilisten als Zwangsarbeiter nach Deutschland verbracht. Neben den so genannten "Sauckel-Kommissionen" des Generalbevollmächtigten für den Arbeitseinsatz war es vor allem der Wirtschaftsstab Ost, der die zwangsweisen Rekrutierungen in den besetzten Ostgebieten durchführte.

Dieses Plakat aus dem Jahr 1942 mit der Aufschrift: "Deine Arbeit in Deutschland - ein vernichtender Schlag gegen den Bolschewismus" diente zur Anwerbung von "Ostarbeitern" für die deutsche Rüstungsindustrie. Da das Bekanntwerden der menschenunwürdigen Lebensumstände der sowjetischen Zivilarbeiter im Reich die Anwerbeaktionen zum Misserfolg werden ließ, wurden die Rekrutierungen ab 1942 zunehmend unter Zwang durchgeführt. Bei den vielerorts vom Wirtschaftsstab Ost organisierten "Aushebungen" wurden die "Dienstpflichtigen" nach Jahrgängen erfasst, in Auffanglagern gesammelt und dann zum Arbeitseinsatz nach Deutschland transportiert.

Abtransport von Filzstiefeln für die deutschen Truppen aus einer Fabrik in den besetzten sowjetischen Gebieten, August 1942. Anders als in den übrigen besetzten Ländern, in denen die deutschen Besatzungsdienststellen nur zurückhaltend in die ökonomischen Verhältnisse eingriffen und vor allem auf eine Kooperation mit der einheimischen Wirtschaft setzten, war es im Bereich der UdSSR von vornherein das Ziel, die sowjetische Wirtschaftsführung zu beseitigen und eine Kolonisations- und Raubbauwirtschaft zu etablieren. Sämtliche Betriebe und wirtschaftlichen Ressourcen des Landes sollten unter Regie des Wirtschaftsstabes Ost von deutschem Personal gelenkt und für die deutsche Kriegswirtschaft nutzbar gemacht werden.

Auch wenn der Wirtschaftsstab Ost zu keinem Zeitpunkt die ursprünglich an ihn gestellten und teilweise überhöhten Erwartungen bezüglich seines Beitrags zur deutschen Kriegswirtschaft erfüllen konnte, vermitteln die in den Akten überlieferten Aufstellungen über die Aufbringung von Arbeitskräften, Industrieprodukten, Nahrungsmitteln und Rohstoffen ein deutliches Bild der wirtschaftlichen Ausbeutung in den besetzten Ostgebieten.

Besichtigigung einer neuen Maschine in einer landwirtschaftlichen Versuchsanstalt durch den Reichsminister für die besetzten Ostgebiete, Alfred Rosenberg (rechter Bildrand), während einer Inspektionsreise durch die Ukraine im Juni 1943. Neben Rosenberg der Reichskommissar Ukraine, Erich Koch, daneben der Generalkommissar für Dnjepropetrowsk, Claus Selzner, und weitere Vertreter der NSDAP. Der Ausbeutung der "Kornkammer Ukraine" als landwirtschaftliches Überschussgebiet wurde von deutscher Seite eine kriegsentscheidende Bedeutung beigemessen. Tatsächlich gelang es den landwirtschaftlichen Dienststellen des Wirtschaftsstabs Ost, etwa 80 Prozent des Nahrungsmittelbedarfs der Wehrmacht durch die Produktion in den besetzten Ostgebiete zu decken und gleichzeitig auch noch Lieferungen in das Reich durchzuführen. Auf die Ernährungslage der einheimischen Bevölkerung wurde hingegen kaum Rücksicht genommen und zumindest in der Anfangsphase des Ostkriegs auch der mögliche Hungertod großer Bevölkerungsteile bewusst in Kauf genommen.

Bei der Räumung besetzter Gebiete war es Aufgabe der Dienststellen des Wirtschaftsstabs Ost, sogenannte ARLZ-Maßnahmen (Auflockerung, Räumung, Lähmung, Zerstörung) durchzuführen. Sie dienten dem Ziel, einerseits die Produktion in den Betrieben bis zum Heranrücken des Feindes aufrecht zu erhalten, andererseits den Abtransport aller wirtschaftlich wertvollen Güter und die Evakuierung der Bevölkerung durchzuführen bzw. alle zurückgelassenen Werte gründlich zu zerstören.

Das Bild zeigt von zurückweichenden sowjetischen Truppen zerstörte Schienen der Bahnlinie Melitopol-Krim, Oktober 1941. Auch die deutschen Truppen setzten zwei Jahre später beim Rückzug auf die Strategie der "Verbrannten Erde" und zerstörten Bahnlinien mit dem sogenannten Schienenwolf, der die Holzschwellen in der Mitte durchtrennte. Ebenso wurden nicht abtransportfähige Wirtschaftsgüter in großem Umfang vernichtet, ohne die Not der Zivilbevölkerung zu beachten. Generelles Ziel der Zerstörungsmaßnahmen war es, dem Gegner keine verwertbaren Güter in die Hände fallen zu lassen und den Vormarsch der feindlichen Truppen zu erschweren.