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April 1848

Die außen- und innenpolitische Lage im Deutschen Bund blieb angespannt. Viele befürchteten eine Intervention des revolutionären Frankreichs oder des russischen Zarenreiches. Im zu Dänemark gehörenden Schleswig und Holstein rebellierte die deutschsprachige Minderheit, was durch die Unterstützung preußischer Truppen zu einem Krieg des Deutschen Bundes mit Dänemark eskalierte.

Der bei der Heidelberger Versammlung gegründete Siebenerausschuss hatte Parlamentarier und "durch das Vertrauen des deutschen Volkes ausgezeichnete Männer" nach Frankfurt am Main eingeladen, um über ein gesamtdeutsches Parlament zu beraten. Das vom 31. März bis 3. April in der Frankfurter Paulskirche tagende Vorparlament handelte ohne staatlichen Auftrag und war nicht durch eine Wahl der Abgeordneten legitimiert. Auch die regionale Zusammensetzung der 574 Mitglieder war ungleichmäßig – der deutsche Südwesten war überdurchschnittlich stark vertreten. Dies tat dem Ansehen der Versammlung keinen Abbruch: Sie legitimierte sich durch das Prestige, das Männer wie Robert Blum, Carl Joseph Mittermaier, Friedrich Dahlmann, Heinrich von Gagern und Johann Adam von Itzstein als Anführer der Freiheits- und Nationalbewegung innehatten.

Es gelang rasch, die Modalitäten für die Wahl einer deutschen Nationalversammlung zu klären. In Punkten wie der zukünftigen Staatsform herrschte jedoch große Uneinigkeit. Gegen die liberale Mehrheit der Abgeordneten konnten sich Radikale wie Gustav Struve und Friedrich Hecker mit ihren Forderungen nach umfassenden sozialen Reformen, der Auflösung der stehenden Heere, der Trennung von Kirche und Staat und vor allem der Abschaffung der herrschenden Dynastien und Einführung einer deutschen Republik "nach dem Muster der nordamerikanischen Freistaaten" nicht durchsetzen.

Mit dem Fazit "Hier in Frankfurt ist nichts zu machen. Es gilt, in Baden loszuschlagen" entschlossen sich Hecker und seine Mitstreiter, die selbst innerhalb der politischen Linken eine Minderheit waren, ihre Ziele gewaltsam durchzusetzen. Auch mehrere Frauen wie Amalie Struve und Emma Herwegh gehörten zu den Aufständischen. Laut Plan sollten revolutionäre Freischaren unter Führung von Hecker, Struve, Franz Sigel, Georg Herwegh und Joseph Weißhaar koordiniert auf Karlsruhe marschieren, den badischen Großherzog entmachten und die Republik ausrufen. Dies sollte als Initialzündung für ganz Deutschland fungieren.

Doch schon bei seinem Aufbruch von dem als besonders revolutionär geltenden Koblenz am 13. April sah Hecker seine Erwartungen enttäuscht. Er hatte die Revolutionsbereitschaft der Menschen überschätzt. Sein Zug bestand anfangs gerade einmal aus etwa 50 Mitgliedern, wuchs in den Folgetagen allerdings auf etwa 1.000 an. Doch wie die an anderen Orten mobilisierten Freischaren war auch der "Heckerzug" schlecht bewaffnet und undiszipliniert. Dank dem neuen Transportmittel Eisenbahn waren regierungstreue Truppen viel schneller vor Ort als erwartet. Es gelang den verschiedenen Freischaren nicht, sich zu vereinigen. Heckers Zug wurde an den südlichen Schwarzwald abgedrängt. Bei Kandern trafen die Freischärler am 20. April auf hessische und badische Regierungstruppen unter dem Kommando des Generals Friedrich von Gagern, dem Bruder des späteren Paulskirchenpräsidenten Heinrich von Gagern. Nach erfolglosen Verhandlungen kam es zu einem Gefecht mit Dutzenden Opfern. Unter den Toten war auch General von Gagern. Die schlecht ausgerüsteten und militärisch nicht ausgebildeten Freischärler hatten gegen reguläres Militär keine Chance. Heckers Schar wurde versprengt, er selber musste in die Schweiz fliehen.

Auch den anderen Freischaren und lokalen Aufständischen erging es nicht besser. So versuchte Franz Sigel mit fast 3.000 Freischärlern vergeblich, Freiburg zu erreichen, wo die städtischen Republikaner die Macht übernommen hatten. Doch schon nach zwei Tagen wurde Freiburg von Regierungstruppen zurückerobert. Sigels Zug löste sich auf. Als Folge der Unruhen wurde in Südbaden der Kriegszustand verhängt. Der gescheiterte Aufstand stärkte bei vielen Menschen die Furcht vor revolutionärem Blutvergießen und schadete dem Ansehen der politischen Linken. Schon am 13. April urteilte Robert Blum, selbst ein Befürworter der Republik, in einem Brief an seine Frau: "Hecker und Struve sind wahre Viehkerls, rennen durch den Wald wie geschlagene Ochsen und haben uns den Sieg furchtbar schwer gemacht." Doch sein Urteil galt nicht für alle Menschen: Gerade in Baden blieb Hecker auch nach seiner Flucht populär. Und die Motive des "Heckerzuges", der Wunsch nach einer demokratischen Staatsform und nach umfassenden sozialen Reformen, waren nicht aus der Welt.