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Münchener Abkommen

Kalender 29. September 1938

Teilnehmer der Münchener Konferenz, 29. September 1938

Im Bestand des Allgemeinen Deutschen Nachrichtendienstes der DDR (ADN) ist diese Fotografie des Scherl Bilderdienstes überliefert. Zu sehen sind in der vorderen Reihe (von links): der britische Premierminister Neville Chamberlain, der französische Ministerpräsident Edouard Daladier, Adolf Hitler, der italienische „Duce“ Benito Mussolini und der italienische Außenminister Graf Galeazzo Ciano. In der zweiten Reihe stehen unter anderem der deutsche Außenminister Joachim von Ribbentrop (rechts hinter Hitler) und Ernst von Weizsäcker, Staatssekretär im Auswärtigen Amt (zweiter von rechts).

In der Nacht vom 29. auf den 30. September 1938 unterzeichneten Deutschland, das Vereinigte Königreich, Frankreich und Italien das Münchener Abkommen. Namentlich Adolf Hitler, der britische Premierminister Neville Chamberlain, der französische Ministerpräsident Edouard Daladier und der italienische „Duce“ Benito Mussolini beschlossen über den Kopf der tschechoslowakischen Regierung hinweg die Abtretung der sudetendeutschen Gebiete an das Deutsche Reich zum 1. Oktober 1938.

Vorausgegangen waren Monate höchster politischer Anspannung und Kriegsangst in ganz Europa. Hitler hatte sich nach dem Anschluss Österreichs die Tschechoslowakei als nächstes Expansionsziel vorgenommen. Als Vorwand diente die „Sudetenkrise“. Hitler gab vor, die politisch und wirtschaftlich benachteiligte sudetendeutsche Bevölkerung schützen zu wollen. Instrumentalisieren ließ sich insbesondere die Sudetendeutsche Partei, die in ihrem „Karlsbader Programm“ vom 24. April 1938 weitgehende Autonomieforderungen stellte.

Die Situation drohte zu eskalieren. Am 20. Mai 1938 machte die Tschechoslowakei in Erwartung eines deutschen Angriffs mobil. Großbritannien und Frankreich erklärten, ihr als Bündnispartner beistehen zu wollen. Hitler erklärte gegenüber seinen führenden Militärs am 30. Mai 1938 deutlich seine Absichten: „Es ist mein unabänderlicher Entschluß, die Tschechoslowakei in absehbarer Zeit durch eine militärische Aktion zu zerschlagen.“

Der Generalstabschef des Heeres, General Ludwig Beck, ahnte Deutschlands Untergang („finis Germaniae“) voraus. Er sah in der Befehlsverweigerung die einzige Möglichkeit, den Krieg gegen die Tschechoslowakei und ihre Bündnispartner zu verhindern. Er versuchte, führende Militärs zu überzeugen: „Ihr soldatischer Gehorsam hat dort eine Grenze, wo ihr Wissen, ihr Gewissen und ihre Verantwortung die Ausführung eines Befehls verbietet.“ Da er beim Oberbefehlshaber des Heeres, Generaloberst von Brauchitsch, nicht durchdrang, reichte Beck am 18. August 1938 seinen Abschied ein.

Erst viel später sollte bekannt werden, dass die sogenannten „Septemberverschwörer“ um Ludwig Beck, Hans Oster, Franz Halder und viele weitere Personen schließlich einen Staatsstreich und die gewaltsame Ausschaltung Hitlers für den Ernstfall in Erwägung gezogen hatten.

Auf dem Reichsparteitag am 12. September 1938 drohte Hitler offen mit militärischer Konfrontation. Die Sudetendeutsche Partei verlangte lautstark den „Anschluss“. Interventionen Chamberlains und Mussolinis bei Hitler führten dann jedoch zur Münchener Konferenz. Das in der Nacht vom 29. auf den 30. September 1938 geschlossene Abkommen sollte dazu dienen, den Frieden in Europa zu erhalten. Die Tschechoslowakei wurde verpflichtet, die sudetendeutschen Gebiete ab dem 1. Oktober zu räumen und an Deutschland abzutreten. Bei einer Verweigerung wollten Großbritannien und Frankreich ihr jede Hilfe bei einem Konflikt mit Deutschland verweigern. Vorgesehen waren Volksabstimmungen in bestimmten Gebieten sowie die Einsetzung eines internationalen Ausschusses.

Es folgte am 1. Oktober 1938 der deutsche Einmarsch ins Sudetenland, das per Gesetz „über die Wiedervereinigung der sudetendeutschen Gebiete mit dem Deutschen Reich“ vom 21. November 1938 dem deutschen Staatsgebiet einverleibt wurde. Polen und Ungarn besetzten unmittelbar nach Vertragsabschluss ebenfalls Gebiete der Tschechoslowakei.

Chamberlains Politik der Beschwichtigung Hitlers („Appeasement“) sollte nicht weit tragen. Hitler hielt an seinen ursprünglichen Plänen fest. Die deutsche Expansion war nicht aufzuhalten. Die Slowakei spaltete sich, ermutigt seitens Deutschlands, ab. Die Wehrmacht begann am 15. März 1939 mit der militärischen Besetzung der „Rest-Tschechei“. Per Erlass Hitlers wurde am 16. März 1939 das Reichsprotektorat Böhmen und Mähren errichtet. Dieses besetzte Territorium wurde ebenfalls „Großdeutschland“ zugeschlagen. Dessen weitere Expansion sollte folgen. Schon kurze Zeit nach der „Zerschlagung“ des tschechoslowakischen Staates entfesselte das Deutsche Reich den Zweiten Weltkrieg.

Im Bundesarchiv ist wichtiges Archivgut zu diesen Vorgängen überliefert. Neben Schriftgut gibt es auch fotografische Dokumentation sowie Filmmaterial. Lesen Sie hierzu unser Auswahlinventar.

Zahlreiche Archivalien wurden bereits digitalisiert. Weitere sollen in den kommenden Jahren folgen.

Sabine Dumschat