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Eine „fanatische“ Demokratin: Die badische Revolutionärin Henriette Obermüller-Venedey

Dass Revolutionen auch vor 175 Jahren nicht nur „Männersache“ waren, veranschaulichte der Vortrag von Birgit Bublies-Godau am 18. April 2024 in der Bundesarchiv-Erinnerungsstätte im Residenzschloss Rastatt. Die Historikerin, Autorin und Journalistin entrollte vor ihrem Publikum das spannende Leben der Demokratin, Frauenrechtlerin und Revolutionärin Henriette Obermüller-Venedey.

1817 in einer demokratisch geprägten Karlsruher Familie aufgewachsen, geriet Henriette 1837 ins Visier der Polizei, die sie der Fluchthilfe für zwei ihrer am Frankfurter Wachensturm beteiligten Cousins verdächtigte. Sie entzog sich den Ermittlungen, indem sie mit ihrem Ehemann Gustav ins französische Exil in Le Havre ging. Ihren politischen Überzeugungen blieb Henriette jedoch treu und setzte ihr Engagement auch nach der Rückkehr nach Baden fort. Dabei knüpfte sie Kontakte zu führenden Köpfen der südwestdeutschen Freiheitsbewegung. Das in Durlach lebende Ehepaar war in der politischen Vereinsbewegung tätig und stellte ihr Haus für politische Treffen zur Verfügung.
Während der Revolution 1848/49 nahm Henriette nicht nur an zahlreichen Volksversammlungen teil, mit dem Verein der Demokratinnen Durchlachs gründete sie einen der ersten politischen Frauenvereine Deutschlands. Sie war eine vehemente Befürworterin einer deutschen Republik und trat leidenschaftlich für soziale Verbesserungen und die politische Teilhabe der Frauen ein. Die Polizei stufte das Durlacher Ehepaar deshalb als „rote Republikaner“ und „Hauptwühler“ ein.

1849 unterstützte Henriette die Verteidigung des revolutionären Badens gegen die einmarschierenden Preußen. Diesen Einsatz bezahlte sie mit einer Haftstrafe in Durlach, aus der sie 1850 auf Kaution entlassen wurde. Ihr Ehemann starb 1853 an den Spätfolgen seiner Haft.
1854 heiratete Henriette den Demokraten und ehemaligen Paulskirchenabgeordneten Jacob Vendey. Die beiden hatten sich im französischen Exil kennengelernt und waren mehr als 15 Jahre Brieffreunde geblieben, obwohl der politische gemäßigtere Venedey und die „fanatische“ Demokratin nicht immer einer Meinung waren – auch bezüglich der Frage nach der politischen Teilhabe der Frauen.
Henriette unterstützte nicht nur die politische Arbeit ihres Ehemanns, dass von ihr geführte Gasthaus sicherte den Unterhalt der Familie und diente als Treffpunkt für politische Versammlungen. Daneben fand sie die Kraft, sich als Autorin zu betätigen und in der entstehenden Frauenbewegung aktiv zu werden. Während des deutsch-französischen Krieg organisierte sie die Versorgung von Verwundeten. Dass Henriette und ihr Ehemann sich gegen den nationalistischen Zeitgeist für die Versöhnung mit Frankreich einsetzten, brachte ihr einmal mehr Anfeindungen und Verdächtigungen ein. Der plötzliche Krankheitstod Jacobs 1871 zwang sie dann, sich auf den Unterhalt ihrer Familie zu konzentrieren.

An den Vortrag schloss sich eine lebhafte Diskussion an, die sich auch während des folgenden Umtrunks fortsetzte.