Einführende Informationen
1. Bei welchen Fragestellungen muss ich mich mit den Unterlagen der Flugplatzorganisation beschäftigen?
- Fragen bezogen auf die Aktivitäten der deutschen Luftwaffe an einem bestimmten Ort/einer bestimmten Region (z. B. Wie finde ich Informationen über die Aktivitäten der deutschen Luftwaffe in meiner Heimatregion in Frankreich?)
- Fragen zu Flugzeugabstürzen deutscher oder alliierter Flugzeuge über von der deutschen Wehrmacht kontrolliertem Gebiet
- Ereignisse bezogen auf bestimmte Akteure (z. B. Wie finde ich Informationen zu einem Luftkampf/zu einem deutschen Luftangriff in der Region/im Ort XY?) → Hinweis: Die Bodenorganisation war ortsfest, jedoch wechselten die Verbände, die diese Infrastruktur nutzten, relativ häufig, weil sie aus operativen Gründen an andere Standorte verlegt wurden. Wenn Sie also Informationen zu einem bestimmten Ereignis (Kämpfen, Abstürzen etc.) suchen, sollten Sie auch die Unterlagen der fliegenden Verbände, die in dieses Ereignis verwickelt waren, in Ihre Forschung mit einbeziehen. Nähere Informationen, wie Sie sich in diesen Archivbeständen zurecht finden, können Sie unserem Research Guide „Die fliegenden Verbände der deutschen Luftwaffe im Zweiten Weltkrieg, Recherche im Bundesarchiv“ entnehmen. Bei Bedarf schicken wir Ihnen diesen gerne zu.
2. Ein vorauszuschickender Hinweis
Von der ehemaligen deutschen Luftwaffe sind nur unbedeutende Aktensplitter einzelner Dienst- und Kommandostellen sowie Verbände und Einheiten erhalten geblieben. Die Masse des seinerzeit entstandenen Schriftgutes wurde bedauerlicherweise vernichtet. Aus diesen Gründen lassen sich Sachverhalte häufig nicht mehr aus unseren Quellen klären.
Dies bedeutet, dass es im konkreten Fall sehr häufig vorkommen wird, dass die im Folgenden erklärten Wege der Recherche früher oder später in einer Sackgasse enden, da von einer ermittelten Organisationseinheit keine oder nur sehr wenige Unterlagen die Kriegsereignisse überdauert haben.
Nähere Informationen zur Überlieferungssituation bei den Unterlagen der ehemaligen deutschen Wehrmacht und Waffen-SS finden Sie auf der Seite „Spezielle Bereiche militärischer Unterlagen“.
3. Welche Angaben müssen mir bekannt sein, um die Dokumente nutzen zu können?
Sie müssen naturgemäß den Ort oder die Region kennen, auf den oder die sich Ihre Frage bezieht. Ohne diese Information können Sie nicht ermitteln, in welchen Beständen der Bodenorganisation Sie suchen müssen.
4. Aufgaben und Aufbau der Flugplatzorganisation der Luftwaffe
Aufgabe der – noch deutlich mehr Stellen als die hier beschriebenen umfassende - Bodenorganisation der Luftwaffe war es u.a., den fliegenden Verbänden geeignete Flugplätze zum Starten und Landen anzubieten, für die Verpflegung und Unterbringung der Truppe zu sorgen und die Wartung, Munitionierung sowie die Instandsetzung der Flugzeuge sicherzustellen.
Die Bodenorganisation der Luftwaffe war wie alle militärischen Organisationen hierarchisch gegliedert. Es gab mehrere Ebenen, jeder Ebene unterstanden mehrere Stellen der jeweiligen darunter liegenden Ebene. Diese Ebenen kommunizierten intensiv miteinander, Befehle wurden von oben nach unten erteilt, Berichte von unten nach oben erstattet. Erfolgte diese Kommunikation schriftlich, besteht die Möglichkeit, dass sie in den Beständen des Bundesarchivs zu finden ist.
Aus diesem Grund können Informationen, die einen bestimmten Bereich betreffen, immer auch auf der jeweils nächsthöheren Ebene der Befehlshierarchie gesucht werden. Dies kann auch dann hilfreich sein, wenn von der gesuchten Stelle keine Unterlagen mehr vorhanden sind. In diesem Fall kann die nächsthöhere Ebene in die Suche mit einbezogen werden.
Eine durch wiederholte Grenzänderungen wechselnde Zahl militärischer Flugplätze (Ebene 1), auf denen Kommandanturen bzw. Platzkommandos den Dienstbetrieb regelten, wurde in einem Flughafenbereich unter einem Kommando des Flughafenbereichs (Kdo.Fl.B. - später Koflug, Ebene 2) zusammengefasst. Mehrere Flughafenbereiche bildeten den von einem Luftgaukommando geführten Luftgaubereich (Ebene 3).
4.1 Ebene 1: Flugplatz
Die von der Luftwaffe betriebenen militärischen Flugplätze - es handelte sich um Landflugplätze und Seeflugplätze - wurden eingeteilt in:
- Fliegerhorste (Land und See)
- Einsatzplätze (Land und See)
- Feldflugplätze
- Seeflugstützpunkte
- Gefechtslandeplätze
- Arbeitsplätze
- Scheinflugplätze
Insgesamt bildeten sie den wesentlichen Teil der Fliegerbodenorganisation.
Fliegerhorste waren voll ausgebaute Plätze, auf denen im Frieden ständig Flugbetrieb herrschte. Sie bildeten die Friedensstandorte der fliegenden Verbände, der Fliegerschulen, der Fliegerausbildungsregimenter und von höheren Nachschubeinrichtungen (Luftzeugämter und Luftparke). In jedem Flughafenbereich wurde ein Fliegerhorst als Leithorst bestimmt. Dieser war seit dem 1. Juli 1939 zugleich Sitz des Kommandanten eines Flughafenbereichs.
Ab 1935 wurden zur Entflechtung und Tarnung des Aufmarsches eine Reihe weitgehend getarnter, unbesetzter Einsatzplätze, die so genannten E-Häfen, geschaffen. Unterschieden wurde - abhängig von dem Ausbau ihrer Anlagen - zwischen Einsatzplätzen I. und II. Ordnung. E-Häfen waren in erster Linie für den Einsatz von Kampf-, Sturzkampf- und Zerstörergeschwadern vorgesehen.
Leichte Verbände wie Aufklärer, Schlachtflieger und Jäger mit eigener Bodenorganisation waren in der Regel auf Feldflugplätzen untergebracht.
Als Seeflugstützpunkte wurden Plätze bezeichnet, auf denen im Frieden Luftdienstkommandos und Luftdienstteilkommandos ständig Flugbetrieb durchführten.
In der Nähe von Gefechtsständen der Kommandostellen, die über Aufklärungsverbände verfügten, gab es zum Landen behelfsmäßig eingerichtete Gefechtslandeplätze, die den Aufklärern als Zwischenlandeplätze dienten.
Arbeitsplätze waren Nebenplätze eines mit einer Schule (Flugzeugführerschule) belegten Fliegerhorstes, die den Horst während des laufenden Schulbetriebs entlasten sollten.
Scheinflugplätze sollten die feindliche Luftaufklärung täuschen und angreifende feindliche Verbände zum Bombenabwurf veranlassen.
Detaillierte Informationen zur Organisation der Flugplätze finden Sie in unserer Archivdatenbank invenio in den Bestandsinformationen zum Bestand RL 21 unter dem Punkt „Informationen zur Provenienz“.
4.2 Ebene 2: Flughafenbereich
Die Bodenorganisation der Luftwaffe war innerhalb des Luftgau- bzw. Feldluftgaubereichs in Flughafenbereichskommandos aufgeteilt, denen die ihnen zugeordneten Fliegerhorstkommandanturen unterstanden. Die unterstellten Flugplätze waren durch Fernsprech- und Fernschreibleitungen - das Flughafenbereichsnetz - an den Leithorst angeschlossen. Der Leithorst war der Sitz des Kommandanten des Flughafenbereichs. Ihm oblag der Bau, die Instandhaltung und Tarnung sowie Luft- und Erdverteidigung der Anlagen der Fliegerbodenorganisation, die Steuerung des Flugbetriebs auf den Flugplätzen, Ausbau und Betrieb der erforderlichen Nachrichtenverbindungen, die Versorgung der zum Flughafenbereich gehörenden und der dort stationierten Dienststellen und Einheiten sowie die Unterstützung der Einheiten der Flakartillerie und Luftnachrichtentruppe beim Ausbau ihrer Stellungen.
4.3 Ebene 3: Luftgau
Seit dem 1. April 1936 wurden unterhalb der Luftkreiskommandos 15 Luftgaukommandos gebildet, deren Zahl sich am 1. Juli 1938 auf 10 verminderte. Im 2. Weltkrieg wurden weitere Luftgaue zusammengelegt, in den angegliederten Gebieten neue geschaffen, während in den besetzten Ländern Feld-Luftgaukommandos entstanden. Die Grenzen der Luftgaue bzw. ihre regionale Zuständigkeit wurden sehr oft verändert. Dies kann eine Recherche in diesen Unterlagen erschweren.
Die Luftgaukommandos hatten die Mobilmachung vorzubereiten. Im Krieg oblagen ihnen die Luftverteidigung, die Bodenorganisation, der Luftschutz, die Flugsicherung, der Flugmeldedienst und die Luftwaffengerichtsbarkeit. Übergeordnete Dienststellen waren zunächst die Luftwaffen- bzw. Luftkreiskommandos (vor 1939), dann die Luftflotten.
