Die Meldung sorgte Ende Januar 2020 für Furore: Nicht zuletzt anhand von Quellen des Bundesarchivs konnte die tiefe Verstrickung des ersten Berlinale-Direktors in die nationalsozialistische Filmpolitik nachgewiesen werden. Drei Jahre lang war Alfred Bauer Referent in der Reichsfilmintendanz und überwachte in dieser Funktion den Einsatz von Schauspielern, Regisseuren und weiterem Filmpersonal in der Spielfilmproduktion. Nach Ende des Zweiten Weltkriegs leugnete Bauer diese Tätigkeit.
Die erhaltenen 70 Akten der Reichsfilmintendanz waren im Jahr 1967 vom Berlin Document Center an das Bundesarchiv abgegeben worden und bilden dort den Bestand R 109-II. Die Unterlagen wurden inzwischen digitalisiert und stehen ab sofort ohne Nutzungseinschränkungen über die Anwendung invenio zur Verfügung.
Die Reichsfilmintendanz war durch Erlass des Reichsministers für Volksaufklärung und Propaganda vom 28. Februar 1942 errichtet worden. Als Chef der Behörde hatte der Reichsfilmintendant weitreichende Zuständigkeiten im Bereich der NS-Filmproduktion: Er war unter anderem für die Gesamtplanung, für die Genehmigung von Drehbüchern, Kostenanschlägen und Schauspielerbesetzungen sowie für die Gestaltung von Gagen und Honoraren der an der Filmproduktion beteiligten Personen verantwortlich.
Die Akten des Bestands R 109-II bieten Einblicke in personelle, finanzielle und technische Probleme der Filmproduktion der Jahre 1943-1945. Enthalten sind auch eine Reihe von Vorlagen für den Reichspropagandaminister Goebbels und Unabkömmlichkeitsstellungen von Schauspielern und Filmschaffenden.