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Der Offizierssäbel und andere Exponate zur Deutschen Reichsflotte in einer Vitrine

Der Offizierssäbel und andere Exponate zur Deutschen Reichsflotte, Quelle: Bundesarchiv / Alexander Danner

Rastatt

Flottenbegeisterung in Baden

Säbel und Dokumente der ersten deutschen Flotte in der Bundesarchiv-Erinnerungsstätte im Rastatter Schloss

Dank einer Leihgabe des Privatsammlers Jan Grünberg präsentiert die Bundesarchiv-Erinnerungsstätte seit kurzem einen der wenigen erhaltenen Offizierssäbel der ersten gesamtdeutschen Flotte, die während der Revolution 1848/49 geschaffen wurde. Zusammen mit Bildern und Dokumenten des Bundesarchivs veranschaulicht die Waffe eine heute fast vergessene Facette der Revolution und bereichert so die Dauerausstellung der Erinnerungsstätte um ein weiteres spannendes Ausstellungsstück.

1848/49 grassiert in Deutschland das „Flottenfieber“: Überall bilden sich Vereine, die Geld für den Bau von Kriegsschiffen sammeln. Regelmäßig lässt sich die in Frankfurt tagende Nationalversammlung von den Spendenaktionen berichten. Auch das weitab von der Küste liegende Baden und die Festungsstadt Rastatt werden von der Begeisterung erfasst. So vermeldet die am 31. Juli 1848 stattfindende Sitzung der Frankfurter Nationalversammlung ein Spende von 240 Gulden als „Ertrag einer Verlosung weiblicher Arbeiten in Rastatt, und eines, von mehreren Musikfreunden daselbst veranstalteten Concerts“.

Die Flottenbegeisterung hat einen ernsten Hintergrund: In den von Dänemark beherrschten Herzogtümern Schleswig und Holstein rebelliert im Frühjahr 1848 die deutschsprachige Minderheit. Der Aufstand wird durch mehrere deutsche Staaten unterstützt. Doch auf dem Meer ist die Seemacht Dänemark weit überlegen. Eine gesamtdeutsche Flotte soll der dänischen Marine Paroli bieten. Tatsächlich gelingt es binnen kurzer Zeit, eine Flotte von knapp 40 größeren und kleinen Kriegsschiffen aufzustellen. Teilweise treibt die Flottenbegeisterung auch skurrile Blüten: In den Marineakten finden sich Vorschläge für den Bau „eigentümlicher unabwehrbarer Zerstörungsmittel“ wie die eisernen Luftdampfschiffe des Erfinders L. A. Leinberger oder der Entwurf des Halberstädter Regierungs-Geometers Gustav Winkler für ein Ein-Mann-Tauchboot.

Dr. Andrej Bartuschka und Herr Alexander Danner bestücken die neue Ausstellungsvitrine
Dr. Andrej Bartuschka und Herr Alexander Danner bestücken die neue AusstellungsvitrineQuelle: Bundesarchiv / Alexander Danner

Am 4. Juni 1849 besteht die erste gesamtdeutsche Marine ihre Bewährungsprobe: Nahe Helgoland liefern sich drei deutsche Schiffe unter Admiral Karl Rudolf Brommy ein Feuergefecht mit einem dänischen Kriegsschiff. Als weitere dänische Schiffe hinzustoßen, dreht Brommy ab. Von den Dänen verfolgt, bringt er seinen Verband in der Elbemündung bei Cuxhaven in Sicherheit. Dieses Gefecht ist bis heute die einzige Seeschlacht unter schwarz-rot-goldener Flagge.

Die Fahne, unter der die neue Flotte ausläuft, weckt große Emotionen. Denn Schwarz-Rot-Gold sind die vor der Revolution verbotenen Farben der deutschen Freiheits- und Nationalbewegung. 1848 wehen sie über vielen Barrikaden und schmücken die Frankfurter Nationalversammlung.

Umstritten ist 1848 allerdings das auf der Kriegsschifflagge prangende Wappen: Soll die Fahne nach amerikanischen Vorbild 38 Sterne für die deutschen Bundesstaaten tragen? Wird der auf der Fahne prangende Adler einen oder zwei Köpfe haben? Und was soll er in seinen Klauen tragen? Letztlich entscheidet sich die Nationalversammlung für einen zweiköpfigen Adler, obwohl der Parlamentsabgeordnete Konrad Dietrich Haßler spöttisch davor warnt, dass „…der eine Kopf rechts, der andere links fliegen wollte…“

Die Niederschlagung der Revolution im Sommer 1849 bedeutet auch für die mit so großer Begeisterung geschaffene Flotte das Aus: Nach nur wenigen Jahren wird sie aufgelöst, die Schiffe und Ausrüstung werden verkauft. Umso größer ist das Glück, eines der wenigen verbliebenen und über die ganze Welt verstreuten Relikte der ersten deutschen Flotte in Rastatt der Öffentlichkeit zugänglich machen zu können.

Der Offizierssäbel und andere Exponate zur Deutschen Reichsflotte in einer Vitrine
Der Offizierssäbel und andere Exponate zur Deutschen ReichsflotteQuelle: Bundesarchiv / Alexander Danner