Im Mittelpunkt des Vortrags stand Eberts entscheidende Rolle in der Novemberrevolution und der Frühphase der Weimarer Republik. Am 9. November 1918 vom letzten kaiserlichen Reichskanzler Prinz Max von Baden zu dessen Nachfolger bestimmt, übernahm er politische Verantwortung in einer äußerst schwierigen Situation, die ihn auch zum Konkursverwalter des zusammengebrochenen Systems machte. Beseelt von demokratischen Grundüberzeugungen und dem Glauben an Reformen, lehnte er ein Revolutionsregime ab. Sein Ziel war eine parlamentarische Demokratie und als erster Schritt dahin die Einberufung einer verfassunggebenden Nationalversammlung.
Der von Ebert geführte Rat der Volksbeauftragten stand Professor Mühlhausen zufolge vor Herausforderungen wie keine andere deutsche Regierung der jüngeren Vergangenheit: die militärische Niederlage, unnachgiebige Sieger, eine katastrophale Versorgungslage. Millionen Soldaten mussten in die Heimat zurückgeführt und demobilisiert werden. Um wirtschaftliches und soziales Chaos und revolutionäre Gewalt zu verhindern, setzte Ebert auf die Kooperation mit den alten Verwaltungseliten und der Heeresführung – eine Entscheidung, die bis heute umstritten bleibt.
Wiederholte linke Aufstandsversuche und deren brutale Niederschlagung durch regierungstreue Truppen und rechte Freikorps vertieften die Kluft in der Arbeiterbewegung. Ebert wurde vorgeworfen, die Arbeiterklasse verraten zu haben.
Bereits der Rat der Volksbeauftragten führte weitreichende politische und soziale Reformen durch: u.a. das freie und gleiche Wahlrecht für Männer UND Frauen, die Abschaffung der Zensur und den Achtstundentag. Nur drei Monate nach dem Zusammenbruch des Kaiserreichs und trotz der innenpolitisch instabilen Lage wurde im Deutschen Reich im Januar 1919 erstmals nach dem neuen Wahlrecht gewählt. Dass bereits im Juli 1919 eine neue, freiheitliche Verfassung beschlossen wurde, war auch ein Verdienst Eberts, der der erste Reichspräsident der Weimarer Republik wurde.
In seinem neuen Amt verstand sich Ebert laut Professor Mühlhausen als Teil der Regierung, als Hüter der Verfassung und Bewahrer der demokratischen Ordnung, der auch Entscheidungen der wechselnden Regierungskoalitionen mittrug, mit denen er nicht einverstanden war. Obwohl auch er die harten Bedingungen des Versailler Vertrags ablehnte, setzte Ebert alles daran, die für die Zustimmung nötigen Mehrheiten zu mobilisieren, um eine Wiederaufnahme von Kampfhandlungen zu vermeiden. Dass er den Friedensvertrag akzeptierte, brachte ihm von Rechts den Vorwurf des „Landesverrates“ ein. Bis zu seinem frühen Tod 1925 musste Ebert mit einer breiten Verleumdungskampagne vor allem von Rechts kämpfen, die ihn auch gesundheitlich belastete.
Die anschließende lebhafte Diskussion zeigte, wie kontrovers die Rolle Friedrich Eberts sowie tatsächliche oder vermeintliche Versäumnisse und „verpasste Chancen“ der Novemberrevolution bis heute gedeutet werden.