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Gruppe II/2 II/2 - 35020 - In 16  Bonn, den 21.03.1975 Hä.  [handschriftliche Ergänzung: Ø an StäV gez. Stern]  Über Herrn Abteilungsleiter II Herrn Chef BK Herrn Bundeskanzler  Frau PStS hat Kopie  [Unterschriftskürzel: [unleserlich]][handschriftliche Ergänzung: 21][handschriftliche Ergänzung: 25/3] [handschriftliche Ergänzung: 1) [durchgestrichen: VL/L] als Eingang zgK 2) WV A[unleserlich] II Kü 25/3  [Stempel: Ständige Vertretung der Bundesrepublik Deutschland 25. März 1975 Anlagen [Auslassung]]  [handschriftliche Ergänzung: 1.) [unleserlich] 2.) ZelA 3502406 Kü 26/3]  Betr.: Swing im innerdeutschen Handel; hier: Gegenleistungen in der Vergangenheit  Weisungsgemäß habe ich BMWi, BMB, Landesvertretung Berlin und SPD-Fraktion (Herr Selbmann) um Prüfung gebeten, ob es zutrifft, daß zu keiner Zeit der Versuch gemacht wurde, den Swing mit Gegenleistungen der DDR zu verbinden. Aufzeichnungen des BMWi und BMB sind beigefügt (Anlagen 1-3). Danch ergibt sich folgendes Bild:  1. Bis 1962 wurde nicht versucht, für den Swing Gegenleistungen zu erhalten. Damals bewegte sich der Swing in einer Größenordnung (16-100 Mio VE), die für ein politisches Druckmittel nicht ausreichte. Er hatte im wesentlichen noch technischen Charakter zur Abwicklung des bilateralen Verrechnungsverkehrs.  Daß aber auch in den 50er Jahren dem Swing immerhin gewisse politische Bedeutung begemessen wurde, zeigen Überlegungen anläßlich der Swingerhöhung 1953 wo auf das Junktim zwischen Berlinverkehr und innerdeutschen Handel hingewiesen wurde. An Gegenleistungen wurde jedoch nicht gedacht.  Ein tatsächliches [unterstrichen: Junktim] wurde durch die Gegenblockade 1948 hergestellt. Durch das New Yorker Abkommen vom 04.05.1949 wurden alle Behinderungen wieder gleichzeitig aufgehoben. Danach wurde von unserer Seite bei Behinderungen des Berlinverkehrs wiederholt Druck über den innerdeutschen Handel auf die DDR ausgeübt:

Vorlage an Bundeskanzler Schmidt: „Swing im innerdeutschen Handel, Gegenleistungen in der Vergangenheit“, 21. März 1975, Quelle: BArch, B 288/426, Image 3

1975: Der Swing im innerdeutschen Handel

Der innerdeutsche Handel überlebte vierzig Jahre deutscher Teilung ziemlich ungeschoren. Kein politisches Ereignis brachte den Warenaustausch zum Stillstand. Erst in den 1960er Jahren setzte die Bundesrepublik den Swing verstärkt als politisches Druckmittel gegenüber der DDR ein.

  • Das Liniendiagramm zeigt die Entwicklung des Swings zwischen 1949 und 1975. "Swing" steht für den Überziehungskredit, den die Bundesrepublik Deutschland der DDR immer wieder zeitlich befristet gewährte. Der Spitzenwert liegt bei 800 Millionen im Jahr 1976.
    <p>Die Entwicklung des Swings im innerdeutschen Handel 1949-1975</p>
  • [An der Kurve des Liniendiagramms ist abzulesen, dass die DDR die von der BRD gewährten Swings (zeitlich befristete Überziehungskredite) zwischen 1967 und 1973 fast in jedem Jahr vollständig in Anspruch genommen hat. Der Spitzenwert liegt bei 600 Millionen im Jahr 1973.]
    <p>Inanspruchnahme des Swings durch die DDR 1962-1973</p>
  • Gruppe II/2 II/2 - 35020 - In 16  Bonn, den 21.03.1975 Hä.  [handschriftliche Ergänzung: Ø an StäV gez. Stern]  Über Herrn Abteilungsleiter II Herrn Chef BK Herrn Bundeskanzler  Frau PStS hat Kopie  [Unterschriftskürzel: [unleserlich]][handschriftliche Ergänzung: 21][handschriftliche Ergänzung: 25/3] [handschriftliche Ergänzung: 1) [durchgestrichen: VL/L] als Eingang zgK 2) WV A[unleserlich] II Kü 25/3  [Stempel: Ständige Vertretung der Bundesrepublik Deutschland 25. März 1975 Anlagen [Auslassung]]  [handschriftliche Ergänzung: 1.) [unleserlich] 2.) ZelA 3502406 Kü 26/3]  Betr.: Swing im innerdeutschen Handel; hier: Gegenleistungen in der Vergangenheit  Weisungsgemäß habe ich BMWi, BMB, Landesvertretung Berlin und SPD-Fraktion (Herr Selbmann) um Prüfung gebeten, ob es zutrifft, daß zu keiner Zeit der Versuch gemacht wurde, den Swing mit Gegenleistungen der DDR zu verbinden. Aufzeichnungen des BMWi und BMB sind beigefügt (Anlagen 1-3). Danch ergibt sich folgendes Bild:  1. Bis 1962 wurde nicht versucht, für den Swing Gegenleistungen zu erhalten. Damals bewegte sich der Swing in einer Größenordnung (16-100 Mio VE), die für ein politisches Druckmittel nicht ausreichte. Er hatte im wesentlichen noch technischen Charakter zur Abwicklung des bilateralen Verrechnungsverkehrs.  Daß aber auch in den 50er Jahren dem Swing immerhin gewisse politische Bedeutung begemessen wurde, zeigen Überlegungen anläßlich der Swingerhöhung 1953 wo auf das Junktim zwischen Berlinverkehr und innerdeutschen Handel hingewiesen wurde. An Gegenleistungen wurde jedoch nicht gedacht.  Ein tatsächliches [unterstrichen: Junktim] wurde durch die Gegenblockade 1948 hergestellt. Durch das New Yorker Abkommen vom 04.05.1949 wurden alle Behinderungen wieder gleichzeitig aufgehoben. Danach wurde von unserer Seite bei Behinderungen des Berlinverkehrs wiederholt Druck über den innerdeutschen Handel auf die DDR ausgeübt:
    <p>Vorlage an Bundeskanzler Schmidt: „Swing im innerdeutschen Handel, Gegenleistungen in der Vergangenheit“, 21. März 1975</p>
  • [handschriftliche Ergänzung: Anlage 1]  MinDirig Kleindienst im Bundesministerium für Wirtschaft  53 Bonn, den [Ergänzung: 3. März 1975] Villemombler Str. 76 Fernsprecher: (02221) 76 - [Ergänzung: 4318] oder über Vermittlung 76-1 Telex: 886 747  Bundesministerium für Wirtschaft, 53 Bonn-Duisdorf, Postfach  Herrn MD Dr. C.W. Sanne Bundeskanzleramt 5300 Bonn  [handschriftliche Ergänzung: II/2] [Unterschrift: Sanne] [Unterschrift: Thunig] [handschriftliche Ergänzung: [unleserlich]/7]  Sehr geehrter Herr Sanne!  Ich bitte zu entschuldigen, daß ich Ihrer Bitte vom 4. Februar 1975 nicht bis Ende Februar nachkommen konnte. Die Sichtung der vielen alten Akten nahm mehr Zeit in Anspruch als zu erwarten war.  Zu der beigefügten Aufzeichnung meine ich, daß sie nach meinen Erinnerungen die wesentlichen von Ihnen genannten Vorgänge enthält.  Mit freundlichen Grüßen  [Unterschrift: Ihr W. Kleindienst]
    Schreiben des BMWi an das Bundeskanzleramt mit Aufzeichnung über <span class="entity">„</span>Versuche, Gegenleistungen der DDR für den Swing zu erhalten<span class="entity">“</span>, 03. März 1975
  • [geschwärzt]  [handschriftliche Ergänzung: Anlage 1]  [durchgestrichen: 1] [handschriftliche Ergänzung: 2]3. Juli 1962 306/3514  IV C 7 - 28 00 03/2 - 1481/62 [durchgestrichen][handschriftliche Ergänzung: OV]  [handschriftliche Ergänzung: lt. Verfüg. v. IV [unleserlich] v. 3.3.75 wird [unleserlich] 4/3.75]  [Stempel: [unleserlich]]  Eine Ausfertigung  [handschriftliche Ergänzung: W 23/7 [unleserlich] an Dr. Leopold [unleserlich] 23/7 13:40 Uhr]  An den Leiter der Treuhandstelle für den Interzonenhandel Herrn Dr. Kurt Leopold Berlin W 15 Kurfürstendamm 32  Sehr geehrter Herr Dr. Leopold!  Für die Verhandlungen in obengenannter Angelegenheit gebe ich Ihnen folgende Direktive: Die Vorschläge der SBZ auf Abschluß eines Warenkreditabkommens in der von der SBZ gewünschten Größenordnung sind unrealistisch. Es läßt sich wohl über eine Erweiterung des Interzonenhandels und eine Erhöhung der Swingbeträge verhandeln, um der SBZ in gewissem Umfang Möglichkeiten zum Kauf von Maschinen und industriellen Ausrüstungen sowie Ernährungsgütern, Chemikalien und Textilien in der Bundesrepublik zu eröffnen, wenn zunächst die Vorfrage geklärt ist, zu welchen politischen Zugeständnissen die SBZ bereit ist.  Ich bitte also zunächst zu klären, zu welchen politischen Zugeständnissen die SBZ für den Fall einer Ausweitung des Interzonenhandels bereit ist. Als Konzessionen der SBZ kommen zum Beispiel folgende in Betracht:  1. Wiedereröffnung des Personenverkehrs von Westberlin nach Ostberlin; die Westberliner sollen bei der Abfertigung an der Sektorengrenze den Bundesbürgern gleichgestellt werden.  [geschwärzt]
    Schreiben des Bundesministeriums für Wirtschaft an den Leiter der Treuhandstelle für den Interzonenhandel, 23. Juli 1962
  • [handschriftliche Ergänzung: Anlage 2]  IV C 7 - [Auslassung]  Bonn, den 26. September 1967 App. 3753  Herrn  RegDir Braubich L 2 [Unterschriftskürzel: [unleserlich]]  Betr.: Interzonenhandel  Anliegend übersende ich Durchdruck des Schreibens an Herrn Pollak vom 20. September 1967. Wie Herr Pollak mir gestern fernmündlich mitteilte, hat er inzwischen das vorgesehene Gespräch mit Herrn Senator Lönig geführt. Einzelheiten wurden am Telefon aus den bekannten Gründen nicht gesagt.  [Unterschrift: Kleindienst] (Kleindienst)
    <p>Schreiben des Bundesministeriums für Wirtschaft an den Leiter der Treuhandstelle für den Interzonenhandel, 20. September 1967</p>
  • [handschriftliche Ergänzung: Anlage 2]  MD Jürgen C. Weichert im Bundesministerium für innerdeutsche Beziehungen  53 Bonn-Bad Godesberg, den [Ergänzung: 20. Februar 1975] Kölner Str. 140 Fernruf [durchgestrichen: [unleserlich]] [Ergänzung: 306-350] oder [durchgestrichen] (Vermittlung) [Ergänzung: 306-1] Fernschreiber [durchgestrichen] [Ergänzung: 885673]  Herrn MD Dr. C.W. Sanne o.V.i.A. im Bundeskanzleramt  53 Bonn  [handschriftliche Ergänzung: H. GL II/2] [Unterschrift: Sanne] [handschriftliche Ergänzung: 21/[unleserlich]] [Unterschrift: [Thunig]] [handschriftliche Ergänzung: [unleserlich]]  Sehr geehrter Herr Dr. Sanne!  Unter Bezugnahme auf Ihr Schreiben vom 4. Februar 1975 übermittle ich die gewünschte Aufzeichnung des zuständigen Referates meiner Abteilung zu den nach den hier vorliegenden Akten möglichen Feststellungen über frühere politische Erwägungen bei der Gewährung des Swings im innerdeutschen Handel.  Ich war mir nicht ganz sicher, ob nicht mit Ihrer Anfrage eine Ausarbeitung erwartet worden ist, die sich auf die politischen Erwägungen bei der Ausgestaltung und Durchführung des innerdeutschen Handels im allgemeinen beziehen sollte. Eine Rückfrage von MR Dr. Volze bei Frau Thunig-Nittner hat aber ergeben, daß der Auftrag des Bundeskanzlers sich tatsächlich nur auf das Swing-Problem bezog. Falls die Aufzeichnung in der vorliegenden Form noch nicht ausreichend erscheint, bitte ich um telefonischen Rückruf.  Mit freundlichen Grüßen  [Unterschrift: J. Weichert]  Postanschrift: 53 Bonn 12, Postfach [unleserlich]
    <p>BM f. innerdeutsche Beziehungen an Bundeskanzleramt, 20. Februar 1975, mit Aufzeichnung über <span class="entity">„</span>Gegenleistungen der DDR für Swing-Gewährung“, 18. Februar 1975</p>
  • Anlage 1  II 5 - 3713  Bonn, den 14. Februar 1975  Betr.: Der Swing im innerdeutschen Handel  I. Entwicklung  Seit 1949 haben sich die beiden deutschen Partner des innerdeutschen Handels im bilateralen Clearing einen technischen Verrechnungsspielraum eingeräumt. Die beiden Abkommenspartner übernahmen im Interesse einer reibungslosen Abwicklung des Handels- und Zahlungsverkehrs die Verpflichtung, sich gegenseitig und zinslos einen Swing einzuräumen, der zur zeitweiligen Abdeckung eines Zahlungsbilanzdefizits genutzt werden sollte. In der Praxis ist der Swing fast ausschließlich und dauernd von der DDR beansprucht worden. Im Interesse der Ausweitung des innerdeutschen Handels wurde der Überziehungskredit von der Bundesregierung auf Drängen der östlichen Seite immer wieder aufgestockt. Der Kreditrahmen betrug  1949 16 Mio VE 1951 - 1952 30 Mio VE 1953 - 1954 50 Mio VE 1955 - 1957 100 Mio VE 1958 150 Mio VE 1959 - 1960 200 Mio VE 1969 360 Mio VE Januar - 9. Mai 1970 380 Mio VE 10. Mai - Dezember 1970 440 Mio VE 1971 440 Mio VE 1972 585 Mio VE 1973 620 Mio VE 1974 660 Mio VE 1975 790 Mio VE
    <p>Der Swing im innerdeutschen Handel, 14. Februar 1975</p>
  • Anlage 3  Politische Bewertung des innerdeutschen Handels  28. September 1960: Aus der Rede des Bundesministers Erhard vor amerikanischen Geschäftsleuten in New York  Bulletin 1960, Nr. 184 S. 1769 (30. September 1960) (Auszug).  Ich darf Ihnen hiermit absolut versichern, daß bei uns in Westdeutschland der Interzonenhandel das alleruninteressanteste ist, was es überhaupt gibt. Ich würde ihn morgen in die Wolfsschlucht werfen, denn wir liefern in die Sowjetzone Güter, die zweifellos den dortigen Machthabern interessant sind. Und umgekehrt bekommen wir Waren, die wir nicht brauchen und die die Sowjetzone woanders nicht einmal absetzen kann. Es ist also ein einseitiges Geschäft. Jede Vorstellung, daß wir etwa aus wirtschaftlichen Gründen und Profitsucht nicht bereit wären, die Konsequenz zu ziehen, stimmt nicht. Wir unterhalten den Interzonenhandel nur aus einem Grunde: Um die Freiheit Berlins, den freien Zugang nach Berlin zu sichern und den 2,5 Millionen Menschen dort ein Leben zu ermöglichen, das sie auch innerlich stark und kräftig zur Abwehr der kommunistischen Gefahren fähig sein läßt. Es ist nicht von der Hand zu weisen, daß eine Unterbindung des Interzonenhandels mit einer Behinderung oder Unterbindung des Berlin-Verkehrs hätte beantwortet werden können. Und damit sind dann die alliierten Schutzmächte unmittelbar in ihrer Verpflichtung angesprochen, ja sogar die NATO ist angerufen. Und Sie können von der Bundesregierung für sich allein nicht erwarten, daß sie mit dem Schicksal fremder Länder spielt, und daß alle Schritte, die als Antwort auf vergangene und vielleicht noch kommende Rechtsbrüche von seiten der Machthaber der SBZ oder der Sowjets in Berlin geschehen, gemeinsam von uns beraten und gemeinsam von uns in die Tat umgesetzt werden müssen. Vergessen wir nicht, daß Berlin, wie es für uns das Symbol des Lebenswillens ist, für Chruščevs Taktik die neuralgische Stelle ist, an der sich immer wieder Unruhen entzünden lassen. ... Nach meiner Meinung wäre die einzig mögliche Antwort, wenn sich die freie Welt zusammenfinden könnte, gegenüber den gesamten Ostmächten ein mehr oder minder totales Embargo durchzuführen. Denn das würde wirken. Dann wären die Richtigen angesprochen. Und ich glaube, die kommunistische Infiltration, vor allem in den Entwicklungsräumen, würde an Kraft verlieren, wenn wir durch Lieferungen der freien Welt nicht die kommunistische Wirtschaft in immer besserem Maße instandsetzen wollten.
    <p>Politische Bewertung des innerdeutschen Handels, 1960-1966</p>
  • Anlage 2  Ulbricht zur Ausweitung des Swings auf dem VI. Parteitag der SED  Regierungsorgane in Bonn haben in der Westpresse darüber informiert, daß zwischen der Regierung der Bundesrepublik und der Regierung der DDR Kontakte zur Vorbereitung politischer Besprechungen hergestellt wurden. Beide Seiten waren übereingekommen, Vertreter ihrer Regierung für solche Besprechungen zu benennen. Diese Kontakte wurden in Zusammenhang mit den Ereignissen im karibischen Raum gestört. Im Interesse der Sache hätte es gelegen, wenn diese Kontakte vertraulich, in aller Ruhe und Sachlichkeit gepflegt worden wären. Offenbar gibt es jedoch Kreise in Bonn, die normale Verhandlungen verhindern möchten und aus diesem Grunde seit Monaten die verschiedensten Pressemeldungen lancieren, die zum größten Teil mit den Tatsachen in Widerspruch stehen. Jeder vernünftige Mensch sollte erkannt haben: Wenn Verhandlungen zwischen der Sowjetunion und den USA über die deutsche Friedensregelung geführt werden, dann sollten erst recht solche Verhandlungen zwischen Vertretern beider deutscher Regierungen stattfinden. Das ist selbstverständlich nur auf gleichberechtigter Basis möglich. Die Entwicklung normaler Wirtschaftsbeziehungen zwischen beiden deutschen Staaten kann solche Verhandlungen günstig beeinflussen. Der Vertreter der Bonner Regierung hat vor längerer Zeit dem Vertreter des Ministeriums für Außenhandel und innerdeutschen Handel einen Kredit in Höhe von einer Milliarde Mark angeboten. Dieses Kreditangebot in Höhe von einer Milliarde ist also von der Bonner Regierung gekommen. Ich sage das, damit keine Mißverständnisse entstehen. Es wurde ausdrücklich gesagt, daß das Kreditangebot ohne politische Bedingungen erfolgt ist. Die Regierung der DDR war mit diesem Vorschlag einverstanden. Und es wurden bereits sachliche Vorbesprechungen begonnen. Inzwischen hat sich die Bonner Regierung die Sache anders überlegt. Sie hat anscheinend ihren Vorschlag zurückgezogen und benutzt ihn zu einer internationalen Kampagne gegen die "arme DDR", der es so schlecht ging, daß sie sogar bereit sei, Waren auf Kredit von westdeutschen Unternehmen zu kaufen. Bekanntlich sind langfristige Kreditabkommen keine Erfindung der DDR und keine Erfindung der Kommunisten, sondern werden in der Welt schon seit Jahrhunderten praktiziert. Die Bonner Regierung hat nunmehr durch ihren offiziellen Vertreter den Vorschlag gemacht, den Swing im Handelsverkehr zwischen beiden deutschen Staaten um 400 Millionen Verrechnungseinheiten zu erhöhen. Dafür fordert die Bonner Regierung die Zustimmung der DDR zur Eingliederung Westberlins in die Bundesrepublik. Das soll damit beginnen, daß zwischen der Regierung der DDR und der Bonner Regierung Vereinbarungen über den Grenzverkehr der Westberliner über die Grenze der DDR getroffen werden. Selbstverständlich kann die Regierung der DDR auf ein solches unsittliches Geschäft nicht eingehen. Es ist bekannt — und das ist auch den drei Westmächten bekannt —, daß die Bonner Regierung für Westberlin in keiner Weise zuständig ist. Wir sind natürlich bereit, Verhandlungen über die Herstellung normaler Beziehungen zwischen der Regierung der DDR und dem Westberliner Senat zu führen. Zu diesem Zweck hat sich des Außenministerium der DDR an den Regierenden Bürgermeister von Westberlin vor Kurzem mit dem Vorschlag gewandt, Besprechungen über Fragen, die beide Seiten interessieren, zu beginnen. Infolge des Druckes bestimmter Kreise in Bonn war es — nachdem Kontakte aufgenommen wurden — noch nicht möglich, zu Verhandlungen zu kommen. Damit ist die ganze Propaganda der Westpresse um die Besuche von Westberlinern in der Hauptstadt der DDR widerlegt. Ohne Verhandlungen zwischen den zuständigen Organen kann es doch keine Regelung geben. Wer nicht verhandeln will, will offenbar keine Regelung. Wir sind für eine Regelung, deshalb sind wir für Verhandlungen. Es gibt also folgende Fragen, die einer Klärung bedürfen, die aber nicht miteinander verbunden sind: 1. Die Beziehungen Westberlins mit der DDR können nur zwischen Vertretern der DDR und des Westberliner Senats geregelt werden. Wenn der Westberliner Senat die reale Lage nutzen würde, dann wäre das nicht nur im Interesse der Westberliner Bevölkerung, die sich selbstverständlich in der Westberliner Enge nicht wohlfühlt, sondern auch im Interesse der deutschen Friedensregelung. In dem Maße, wie Westberlin eine neutrale Freie Stadt wird, kann es eine gewisse Rolle spielen, um eine Minderung der Spannungen zwischen den beiden deutschen Staaten zu erreichen. 2. Auch die Verbesserung der Handelsbeziehungen zwischen beiden deutschen Staaten ist von großer Bedeutung für die Minderung der Spannungen. Es ist jedoch nicht real, Handelsfragen mit politischen Bedingungen zu verbinden, die obendrein den Regeln des Völkerrechts widersprechen. 3. Es läge im Interesse des deutschen Volkes, wenn die Kontakte zwischen den Regierungen beider deutscher Staaten zu Verhandlungen über die Normalisierung der Beziehungen führen würden. Das wäre der erste Schritt, um allmählich den Graben, der mitten durch Deutschland gezogen wurde, zuzuschütten.  Quelle: Neues Deutschland vom 16.01.1963
    <p>Walter Ulbricht zur Ausweitung des Swings auf dem VI. Parteitag der SED, 16. Januar 1963</p>
  • [handschriftliche Ergänzung: Anlage 3]  MD Jürgen C. Weichert im Bundesministerium für innerdeutsche Beziehungen  53 Bonn-Bad Godesberg, den [Ergänzung: 6. März 1975] Kölner Str. 140 Fernruf [durchgestrichen: [unleserlich]] [Ergänzung: 306-350] oder 2071 (Vermittlung) Fernschreiber [unleserlich]  Herrn Ministerialdirektor Dr. Sanne  53 Bonn Bundeskanzleramt  [Unterschrift: Thunig] [handschriftliche Ergänzung: [unleserlich]]  Betr.: Innerdeutscher Handel Bezug: Ihr Schreiben vom 04.02.1975  Lieber Herr Dr. Sanne!  Wie angekündigt darf ich im Nachgang zu meinem Schreiben, mit dem ich Ihnen die Aufzeichnung betr. Gegenleistungen der DDR für Swing-Gewährung zusandte, eine ergänzende Ausarbeitung des zuständigen Referates meiner Abteilung über die Behandlung des innerdeutschen Handels als politisches Instrument übermitteln.  Mit freundlichen Grüßen  [Unterschrift: J. Weichert]  Postanschrift: 53 Bonn 12, Postfach [unleserlich]
    <p>Schreiben des BM f. innerdt. Bez. an Bundeskanzleramt, 06. März 1975, mit Aufzeichnung <span class="entity">„</span>Der innerdt. Handel als politisches Instrument<span class="entity">“</span>, 04. März 1975</p>
  • [handschriftliche Ergänzung: 6.12.68] [handschriftliche Ergänzung: Anlage 4]  Berlin-Erklärung  In dem Bestreben, die Handelsbeziehungen auf der Grundlage des Berliner Abkommens und einer Zusatzvereinbarung zu verbessern, Voraussetzungen für eine Langfristigkeit und Kontinuität der Handelsbeziehungen sowie für die Geschäftsbeziehungen der kommerziellen Partner zu schaffen und dadurch auch zu einer allseitigen Verbesserung der Beziehungen beizutragen, die für die Wirtschaft zur reibungslosen Abwicklung ihrer Geschäfte unentbehrlich ist, sind am heutigen Tage Vereinbarungen über die Regelung der Mineralöl-, Swing- und Saldierungsfragen sowie eine Erhöhung der Wertgrenzen der Position D der Warenlisten getroffen worden.
    <p>Berlin-Erklärung, 06. Dezember 1968</p>

1975: Der innerdeutsche Handel überlebte vierzig Jahre deutscher Teilung ziemlich ungeschoren. Kein politisches Ereignis brachte den Warenaustausch zum Stillstand. Erst in den 1960er Jahren setzte die Bundesrepublik den Swing verstärkt als politisches Druckmittel gegenüber der DDR ein.

Seit Gründung der beiden deutschen Staaten gab es den innerdeutschen Handel. Das am 8. Oktober 1949 unterzeichnete Abkommen überlebte internationale und innerdeutsche Krisen. Weder der Korea-Krieg 1950, die niedergeschlagenen Aufstände am 17. Juni 1953 in der DDR, der Mauerbau 1961, der Prager Frühling 1968 noch das Öl-Embrago 1973 schadeten den innerdeutschen Wirtschaftsbeziehungen dauerhaft. Der Überziehungskredit - Swing genannt -, den die Bundesrepublik Deutschland der DDR immer wieder zeitlich befristet gewährte, wurde seit den 1960er Jahren von der Bundesregierung zunehmend versucht, als Instrument zur Erreichung politischer Ziele einzusetzen.

Nach zähen Verhandlungen kam es am 12. Dezember 1974 zur Unterzeichnung der neuen Swingvereinbarung zwischen der Treuhandstelle für den Interzonenhandel und dem Ministerium für Außenhandel der DDR. Sie verlängerte die Vereinbarung vom 6. Dezember 1968, die den Swing für die Jahre 1969 bis 1975 wesentlich erhöhte. Mit der Anhebung des Swings ab 1969 wollte die Bundesregierung den Handel anregen, in dem sie die Höhe des Überziehungskredits von der Höhe der Leistungen der DDR abhängig machte und ihr einen zinslosen Kredit für die Dauer von sieben Jahre einräumte. Die neue Vereinbarung vom Dezember 1974 verlängerte die Abmachung aus dem Dezember 1968 bis zum Jahre 1981 mit einem Kreditrahmen von 600 bis 800 Millionen Verrechnungseinheiten.

Im Januar 1975 richtete der Bundestagsabgeordnete Abelein (CDU/CSU-Fraktion) eine Anfrage an den Bundesminister für Wirtschaft, ob es zulässig sei, dass die Deutsche Bundesbank der Staatsbank der DDR in dieser Größenordnung unverzinsliche Kredite in Form des Swings gewährt. Nach Beantwortung dieser Anfrage am 22./23. Januar 1975 und der Aussprache über den Bericht zur Lage der Nation am 30. Januar 1975 erteilte Bundeskanzler Schmidt den Auftrag zu prüfen, inwieweit die Bundesregierung in der Vergangenheit den Swing mit Gegenleistungen der DDR in Verbindung gebracht hat. Der Leiter der Abteilung II Auswärtige und innerdeutsche Beziehungen im Bundeskanzleramt, Sanne, forderte daraufhin am 4. Februar 1975 unter anderem das Bundesministerium für innerdeutsche Beziehungen und das Bundesministerium für Wirtschaft zur Stellungnahme auf. Am 21. März 1975 legte die im Bundeskanzleramt zuständige Gruppe II/2 dem Bundeskanzler das Ergebnis vor.

Hanns Jürgen Küsters