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Hermann Göring während seiner Zeugenaussage vor dem Gericht. An der Wand hängen Baupläne des Reichstagsgebäudes

Vernehmung Hermann Görings als Zeuge im Gerichtssaal, 4. November 1933, Quelle: BArch, Bild 102-15184 / Pahl, Georg

23. Dezember 1933: Urteil des Reichsgerichts im Reichstagsbrandprozess

In der Nacht vom 27. auf den 28. Februar 1933 brannte der Reichstag. Was folgte, liest sich in der Rückschau wie ein Krimi: permanenter Ausnahmezustand, Außerkraftsetzung der wichtigsten Grundrechte, Massenverhaftungen. Am Ende dieses Geschehens stand die vollständige Demontage der deutschen Demokratie.

  • Diese Aufnahme in Schwarz-Weiß vom 27. Februar 1933 zeigt den brennenden Reichstag. Von der Kuppel ausgehend, sind Rauchschwaden zu sehen, die Fenster sind hell erleuchtet. Der imposante, mit Säulen ausgestattete Haupteingang mit den Worten: "Dem Deutschen Volke" ist gut erkennbar.
    Berlin, Brennender Reichstag, 27. Februar 1933
  • maschinengeschriebenes Protokoll eines Verhörs mit tabellarischer Aufteilung - links die Fragen, rechtss die Antworten - mti unterschiedlich farbig markierten und unterstrichenen Passagen
    <p>Vernehmung des Niederländers Marinus van der Lubbe in der Tatnacht (Protokoll), 28. Februar 1933</p>
  • Die körnige Schwarz-Weiß Fotografie wurde am Tag nach dem Reichstagsbrand, dem 28. Februar 1933 aufgenommen. Vordergründig ist eine Straße zu sehen, auf der Zivilisten und Polizisten in dunkler Kleidung vereinzelt und in Grüppchen stehend abgebildet sind. Links im Bild kommt ein Lastwagen gefahren. Der Hintergrund wird vom imposanten Bau des Reichtaggebäudes ausgefüllt. Vermutlich wurde das Foto vom Spreeufer aus aufgenommen, einige Bäume bedecken eine direkte Sicht auf das Gebäude. Die Verzierungen, wie Skulpturen und Giebel sind deutlich erkennbar.
    „Am Morgen nach dem Reichstagsbrand“, Berlin, 28. Februar 1933
  • Das Schwarz-Weiß-Foto vom März 1933 ist aus einer tiefen Position heraus aufgenommen worden. Es zeigt das Ausmaß der Zerstörung, durch Feuer sehr deutlich; die Überreste zweier verkohlter Stühle, ohne Polsterung sind links im Vordergrund zu sehen. Dahinter und daneben sind die schemenhaften Umrisse weiterer zerstörter Möbel auszumachen. Im Hintergrund ist ein großes Fenster zu sehen. Die Rahmen sind erhalten, jedoch an mehreren Stellen stark beschädigt. Vor dem Fenster stehen zwei uniformierte Polizisten mit hinter dem Rücken verschränkten Armen. Die ursprüngliche Art des Fußbodens ist nicht zu erkennen, da er von verschiedenen Trümmerteilen bedeckt ist. Die Wände sind kaum auszumachen, da die Lichtquelle durch das Fenster diese schwarz erscheinen lässt.
    <p>Reichstag, ausgebrannte Loge, Berlin, Februar – März 1933</p>
  • schwarz-weißes Plakat mit in verschiedenen Größen und Stärken gedruckten Losungen
    <p>Wahlplakat der NSDAP zur Reichstagswahl, Februar 1933</p>
  • Die Schwarz-Weiß Fotografie vom März 1933 zeigt Marinus van der Lubbe stehend. Er ist frontal abgebildet und hält als markantes Merkmal eine große Streichholzschachtel in den Händen. Der Mann trägt eine dunkle Hose, Schuhe aus dunklem Leder, eine zugeknöpfte Jacke und ein helles Hemd darunter. Er schaut direkt und ernst in die Kamera und sein kurzes dunkles Haar ist von einer Kappe bedeckt.
    Marinus van der Lubbe, März 1933
  • maschinenschriftliches Dokument mit handschriftlich und in verschiedenen Farben ergänzten Vermerken
    <p>Suche nach einem Ersatz-Sitzungssaal für Zusammenkünfte des Reichstags (Vermerk), 4. März 1933</p>
  • offizielles Schreiben mit Maschinentext und händischen Unterstreichungen, behördlichen Angaben sowie Stempeln
    <p>Verwendung beschlagnahmten Vermögens kommunistischer Organisationen als Ersatz der durch die Reichstagsbrandstiftung entstandenen Schäden.- Schreiben des Reichsministers des Innern, 9. März 1933</p>
  • mit Maschine geschriebenens Dokument mit händischer unterschrift und roten Unterstreichungen und Markierungen
    <p>Vernehmung van der Lubbes zum Tathergang (Vermerk), 26. April 1933</p>
  • maschinengeschriebene Dokumentseite mit formalen Angaben
    <p>Deckblatt des Gutachtens des Branddirektors bei der Feuerwehr Berlin, Diplom-Ingenieur Wagner, 22. Mai 1933</p>
  • gedruckte Seite mit zentriert gesetzten Textzeilen und einem eingekreisten Hakenkreuz-Symbol
    <p>Titelblatt einer vom Sicherheitsdienst beschlagnahmten Flugschrift</p>
  • Deckblatt mit aufgedruckten formalen Angaben
    <p>Deckblatt der Anklageschrift des Oberreichsanwalts beim Reichsgericht, 24. Juli 1933</p>
  • Die Abbildung zeigt fünf Schwarz-Weiß Fotos der Angeklagten, die in zwei Reihen angeordnet sind. Die obere Reihe enthält drei Fotos, darauf sind von links nach rechts Wassil Konstantinoff Hadji Taneff, Georgi Dimitroff, Blagoj Simonoff Popoff abgebildet. In der unteren Reihe sind die Porträts von Marinus van der Lubbe und Ernst Adolf Wilhelm Torgler zu sehen. Alle Männer haben kurzes Haar, sie tragen bis auf von der Lubbe Anzüge und Krawatten. Van der Lubbe trägt ein einfaches weißes Hemd.
    <p>Passfoto der fünf Angeklagten im Reichstagsbrandprozess</p>
  • Auf dieser Schwarz-Weiß Fotografie ist ein Auschnitt des Reichstagsbrandprozesses vom 4. November 1933 zu sehen. In der rechten Bildmitte steht Hermann Göring mit verschränkten Armen und Uniform, daneben steht ein kleiner Tisch, an dem ein schreibender Mann sitzt. Direkt hinter Göring sitzt gut sichtbar Joseph Goebbels, der einen Anzug trägt. Der Hauptteil des Bildes beteht aus dem erhöhtem Podest an dem mehrere Richter sitzen. Der Tisch ist mit vielen Büchern und Schriftstücken beladen. Zwei sehr große quadratische Karten sind dahinter aufgehangen, sie zeigen die Grundrisse des Reichsstages. Im Vordergrund des Bildes sind verschwommen einzelne sitzende Menschen von hinten zu sehen.
    <p>Vernehmung Hermann Görings als Zeuge im Gerichtssaal, 4. November 1933</p>
  • Diese Schwarz-Weiß Fotografie zeigt einen Auschnitt des Reichstagsbrandprozesses am 23. Dezember 1933. An einem Tisch mit säulenartigen Ornamenten sitzen vier Männer in schwarzen Roben, mittig davon der Verteidiger Dr. Sack. Auf dem Tisch liegen Unterlagen. Im Hintergrund ist Marinus van der Lubbe mit gesenktem Kopf und weitere sitzende Menschen zu sehen. Der Hintergrund ist ausgefüllt mit einer hölzernen Vertäfelung.
    Urteilsverkündung im Reichstagsbrandprozess, Leipzig, 23. Dezember 1933
  • maschinengeschriebenes Dokument mit handschriftlich ergänzten Vermerken sowie Markierungen und Durchstreichungen
    <p>Urteil des Vierten Strafsenats des Reichsgerichts, 23. Dezember 1933</p>

Bereits am 28. Februar wurde die Verordnung „zum Schutz von Volk und Staat“, die sogenannte Reichstagsbrandverordnung, erlassen. Politische Gegner des NS-Regimes sahen sich einer beispiellosen Verfolgung ausgesetzt. Wer von den Betroffenen sich nicht ins Exil oder in den Untergrund retten konnte, fand sich in Gefängnissen oder Lagern wieder. Nicht wenige bezahlten ihre Überzeugungen mit ihrem Leben.

Die Machthabenden beschuldigten die Kommunisten, einen Umsturz geplant zu haben. Regimegegner ihrerseits bezichtigten die Nationalsozialisten, den Brand des Reichstags selbst inszeniert zu haben – als willkommenen Vorwand dafür, ihre politischen Konkurrenten auszuschalten. Entsprechendes Aufsehen erregte das Erscheinen von Willi Münzenbergs „Braunbuch über Reichstagsbrand und Hitlerterror“ im Sommer des Jahres 1933.

Das von dem KPD-Funktionär Münzenberg im Auftrag der Komintern gegründete „Internationale Hilfskomitee für die Opfer des Hitlerfaschismus“ setzte eine „Internationale Untersuchungskommission zur Aufklärung des Reichstagsbrandes“ ein. Im sogenannten Londoner Gegenprozess wurden öffentlichkeitswirksam die Kommunisten entlastet und die Nationalsozialisten der Brandstiftung für schuldig befunden – und van der Lubbe als deren Handlanger qualifiziert.

In Deutschland fand kurz danach, vom 21. September bis zum 23. Dezember 1933, der Reichstagsbrandprozess statt. Des Hochverrats und der gemeinschaftlichen Brandstiftung zwecks Auslösung eines kommunistischen Aufstands angeklagt waren: als Täter der Niederländer Marinus van der Lubbe, als mutmaßliche Anstifter der Vorsitzende der KPD-Reichstagsfraktion Ernst Torgler sowie die bulgarischen Kommunisten Georgi Dimitroff, Blagoj Siminoff Popoff und Wassil Konstantinoff Hadji Taneff.

Als Zeugen traten unter anderen Joseph Goebbels und Hermann Göring auf. Dimitroff fiel durch sein rhetorisches Geschick auf. Er ließ keine Gelegenheit ungenutzt, Widersprüche in den Aussagen der Zeugen der Anklage aufzudecken. Immer wieder charakterisierte er die Reichstagsbrandstiftung als antikommunistische Provokation seitens der Machthaber.

Am 23. Dezember 1933 verurteilte der Vierte Strafsenat des Reichsgerichts Marinus van der Lubbe zum Tode. Er wurde am 10. Januar 1934 hingerichtet. Per Gesetz vom 19. März 1933 hatte man für Terrordelikte wie Brandstiftung rückwirkend die Todesstrafe eingeführt (so genannte „Lex van der Lubbe“).

Die übrigen Angeklagten wurden zwar wegen Mangels an Beweisen freigesprochen, jedoch weiterhin in Haft behalten. Die These, es habe sich um eine kommunistische Verschwörung gehandelt, erhielt man aufrecht.

Weltweite Proteste und diplomatische Interventionen der Sowjetunion führten zur Befreiung der drei Bulgaren, die im Februar 1934 Deutschland verlassen konnten. Ernst Torgler blieb noch länger in Haft. Die KPD schloss ihn wegen seines Verhaltens im Prozess aus ihren Reihen aus.

In der Nachkriegszeit bemühte sich die Familie van der Lubbe um eine Rehabilitierung ihres Angehörigen. Ab 1955 strengten die Rechtsanwälte Arthur Brand und Robert Kempner Wiederaufnahmeverfahren an, mit denen sich das Landgericht und das Kammergericht Berlin sowie der Bundesgerichtshof befassten.

Am Ende dieser Bemühungen stand 2007 die vollständige Aufhebung des Urteils gegen Marinus van der Lubbe durch den Generalbundesanwalt in Karlsruhe.

Wer sich mit der Forschung zum Reichstagsbrand beschäftigt, betritt bis heute vermintes Gelände. Bereits unter den Zeitgenossen hart umstritten, da für die kontextuelle Ausdeutung von erheblichem Gewicht, war die Frage der Täterschaft:

War der Brand das Fanal zu einem kommunistischen Aufstand oder eine gezielte Provokation seitens der Nationalsozialisten oder die Tat eines Einzelnen – namens Marinus van der Lubbe?

Die – bisweilen polemisch ausgetragene – Kontroverse zwischen Vertretern der Einzeltäterthese und jenen, die eine Täterschaft der Nationalsozialisten annehmen, hat sich in der modernen Forschung bis auf den heutigen Tag tradiert.

Wissenschaftliche Quellenkritik wurde und wird dabei sehr ernst genommen, und so stand sogar der Vorwurf der Fälschung von Quellen im Raum. Wie das Bundesarchiv in der Mitte der 1980er Jahre in die Begutachtung von Quellenmaterial einbezogen wurde, können Sie nachlesen im instruktiven Beitrag von:

Josef Henke: Archivfachliche Bemerkungen zur Kontroverse um den Reichstagsbrand, in: Geschichte und Gesellschaft 16 (1990), S. 212–232.

Das Bundesarchiv verfügt über eine Vielzahl wichtiger Archivalien zum Thema. Lesen Sie hierzu online das „Inventar Reichstagsbrand“.

Sabine Dumschat

31. Verhandlungstag – Rededuell „Dimitroff contra Göring“ vor dem Reichsgericht, 4. November 1933

Teil der Verhandlungen war ein Rededuell zwischen Georgi Dimitroff und Hermann Göring, in dessen Verlauf Göring einen Wutausbruch bekam. Die Aufnahme wurde vom Tonband digitalisiert, die Spieldauer ist ca. 21 Minuten.

Quelle: BArch, TONY 1/1616

Archivalien des Bundesarchivs zum Reichstagsbrandprozess