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ausgeschnittener Zeitungsartikel mit der Überschrift "Die SED kämpft nicht mehr gegen Nietenhosen und Ringelsocken" mit handschriftlich unterstrichenen Passagen

Artikel der Stuttgarter Zeitung zum DDR-Jugendgesetz, Quelle: BArch, DY 30/vorl. SED 14294 – ZK der SED. – Abteilung Jugend

„Privat reden sie ganz anders“: Der „Staat der Jugend“ und sein Jugendgesetz vom 28. Januar 1974

Im „Staat der Jugend“ wurde schon im Jahr 1950 das erste Jugendgesetz verabschiedet, gefolgt von einem zweiten Jugendgesetz im Jahr 1964.

  • rotes Deckblatt mit der Aufschrift "Verfassung der Deutschen Demokratischen Republik und Jugendgesetz", darunter das DDR-Emblem; Stempel "Ungültig" über einem anderen Stempel mit Angaben einer Oberschule in Potsdam
  • Kopfbogen des Zentralrats der Freien Deutschen Jugend mit Emblem und blauer Aufschrift "Fakten - Zahlen - Argumente"; maschinenschriftlicher Text mit Überschrift "Zur Jugendgesetzdiskussion"
    Veröffentlichung des Zentralrates der <abbr title="Freie Deutsche Jugend" class="dreipc-abbreviation">FDJ</abbr>, <abbr title="Abteilung" class="dreipc-abbreviation">Abt.</abbr> Agitation: Fakten – Zahlen – Argumente
  • maschinenschriftliches A4-Dokument mit behördlichem Stempel und handschrifltlichen Ergänzungen im Stempel; rot unterstrichene Frist im Text
    Diskussion des Entwurfs des Jugendgesetzes – Schreiben des Generalmajors Ernst Marterer (<abbr title="Ministerium des Innern (DDR)" class="dreipc-abbreviation">MdI</abbr>)
  • maschinenschriftliche Hausmitteilung mit Stempeln, behördlichen Angaben und handschriftlichen Kürzeln
    Schreiben des Leiters der Verwaltung Vermessungs- und Kartenwesen an den Stellvertreter des Ministers, Generalmajor Marterer
  • Mit Maschine geschriebener Brief mit handschriftlich markierten Passagen und Unterstreichungen
    Diskussion des Entwurfs des Jugendgesetzes – Stellungnahme der römisch-katholischen Kirche
  • mit Maschinentext beschriebenes A4-Dokument mit handschriftlichen Ergänzungen und Unterschriftskürzeln
    Informationsmaterial zur Begründung des Entwurfs des Jugendgesetzes der <abbr title="Deutsche Demokratische Republik" class="dreipc-abbreviation">DDR</abbr>
  • liniertes DIN-A4-Blatt; per Hand geschriebene "Vorschläge zum Jugendgesetz (aus Aussprache mit Schülern einer 11. Klasse der EOS Lobenstein)", darunter konkrete Hinweise zu einzelnen Paragrafen des Jugendgesetzes
    Vorschläge zum Jugendgesetz von Schülerinnen und Schülern einer 11. Klasse
  • mit Schreibmaschine beschriebenes A4-Blatt mit handschriftlichen Notizen, Markierungen und Unterstreichungen
    Diskussion des Entwurfs des Jugendgesetzes – Stellungnahme der <abbr title="Abteilung" class="dreipc-abbreviation">Abt.</abbr> Staat und Recht des Zentralrates der <abbr title="Freie Deutsche Jugend" class="dreipc-abbreviation">FDJ</abbr>
  • Jugendliche in blauen FDJ-Hemden stehen singend und Gitarre spielend auf einer Treppe. An ihnen gehen mehrere Herren mit Anzügen und Aktentaschen vorbei. Im Hintergrund sind weitere Personengruppen sowie eine Garderobe zu sehen.
    Tagung der Volkskammer am 28. Januar 1974 beschloss neues Jugendgesetz
  • Das Farbfoto wurde in der Volkskammer aufgenommen und zeigt Egon Krenz an einem Rednerpult, der in Richtung des Publikums spricht. Daneben und dahinter sitzen weitere DDR-Funktionäre. An der Rückwand hängt ein großes DDR-Emblem.
    Tagung der Volkskammer am 28. Januar 1974 beschloss neues Jugendgesetz
  • Fünf Musiker der DDR-Rockband "Pudhys" stehen auf der Bühne und spielen ihre Instrumente. An der Wand im Hintergrund steht zu lesen: "Das neue Jugendgesetz ist unser Gesetz - Vorwärts zum 25. Jahrestag der DDR". Am rechten Rand der Bühne sitzen zahlreiche Jugendliche in blauen FDJ-Hemden sowie drei ältere mit Anzügen bekleidete Herren.
    Großkundgebung der Jugend am 28. Januar 1974 im Friedrichstadtpalast
  • Inhaltsverzeichnis des Jugendgesetzes der DDR in Schwarz-Weiß-Druck
    Gesetzblatt der DDR vom 31.01.1974 mit dem Jugendgesetz 1974 (Inhaltsverzeichnis)
  • ausgeschnittener Zeitungsartikel mit der Überschrift "Die SED kämpft nicht mehr gegen Nietenhosen und Ringelsocken"; handschriftlich unterstrichene Passagen
    Verabschiedung des neuen Jugendgesetzes – Medienbericht der Stuttgarter Zeitung (30.01.1974)
  • mit Maschine geschriebener Text mit der Überschrift "Eingabe!"; handschriftlich ergänzter Großbuchstabe "E." am oberen Rand und Markierungen am linken Rand;
    Verabschiedung des neuen Jugendgesetzes – Eingabe einer <abbr title="Freie Deutsche Jugend" class="dreipc-abbreviation">FDJ</abbr>-Gruppe zum neuen Jugendgesetz
  • Tabelle mit der Überschrift "Einschätzung der Auswirkungen des Jugendgesetzes auf die Verbesserung der Arbeits- und Lebensbedingungen"
    Auswirkungen des neuen Jugendgesetzes auf die Arbeits- und Lebensbedingungen
  • Auf dem Schwarz-Weiß-Foto sind mehrere lachende junge Männer und Frauen in FDJ-Hemden abgebildet, die auf und vor einer Bank sitzen.
    „Nationales Jugendfestival“ vom 1.–3. Juni 1979 in Berlin

Die Jugendgesetze der DDR hatten eine hohe politische Bedeutung. Der sozialistische Staat war darauf angewiesen, die JugendJugendZahlreiche MfS-Dokumente belegen, dass die Jugend der DDR zu keiner Zeit flächendeckend überwacht... nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges in den Aufbauprozess und die neuen politischen Strukturen einzubinden. Ohne die „Teilnahme der Jugend am Aufbau der DDR“ (Jugendgesetz 1950) wäre es unmöglich, „den Sieg der sozialistischen Produktionsverhältnisse zu erringen und die Arbeiter-und-Bauern-Macht zu festigen“ (Jugendgesetz 1964), so die politische Überzeugung der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands (SED).

Im „Staat der Jugend“ wurde schon im Jahr 1950 das erste Jugendgesetz verabschiedet, gefolgt von einem zweiten Jugendgesetz im Jahr 1964. Beide Gesetze orientierten auf die Einbindung der Jugend in die Arbeitswelt und die politischen Strukturen und ideologischen Überzeugungen des jungen Staates. Sie waren geprägt von Walter Ulbrichts Einstellung: „Es muss demokratisch aussehen, aber wir müssen alles in der Hand haben.“ – frei nach dem von Lenin entwickelten Prinzip des „demokratischen Zentralismus“.

Mit dem VIII. Parteitag der SED im Jahre 1971 und der Abkehr von Ulbricht wurde die Einheit der Wirtschafts- und Sozialpolitik unter der Führung des ehemaligen Ersten Sekretärs der Freien Deutschen Jugend (FDJ), Erich Honecker, ausgerufen. Die SED strebte jetzt das „Glück des Volkes“ an, um die zunehmend widerstrebende Bevölkerung mit verbesserten Arbeits- und Lebensbedingungen doch noch für den weiteren Aufbau des Sozialismus zu begeistern.  

Im Zuge dieses Wandels wurde das Jugendgesetz der DDR vom 28. Januar 1974 verabschiedet. Es wollte und sollte mehr erreichen als seine Vorgängergesetze: Es sprach von der „sozialistischen Persönlichkeit“, die die junge Generation entwickeln würde, um den inzwischen als existent eingeschätzten (real)sozialistischen Staat langfristig zu stabilisieren und weiterzuentwickeln.

Trotz der glorifizierenden Beschreibungen war dieses letzte Jugendgesetz der DDR auch ein Eingeständnis und ein Zeichen der Sorge der politischen Führung, dass es nämlich in den vergangenen Jahrzehnten nicht ausreichend gelungen war, die Jugend insgesamt für das sozialistische Projekt zu begeistern und in den langfristigen Aufbauprozess zu integrieren.

Berichte des Zentralinstitutes für Jugendforschung (ZIJ) und auch aus der FDJ zeigten eine zunehmend zurückhaltende Einstellung bei Jugendlichen gegenüber politischen Proklamationen. Umfragen des ZIJ ergaben, dass einige der für den sozialistischen Staat grundlegenden politischen Konzepte wie der demokratische Zentralismus oder die Ziele des Kommunistischen Manifests von der überwiegenden Mehrheit der jungen Menschen weder benannt, geschweige denn erklärt werden konnten. Dennoch identifizierte sich ein Großteil der Jugend mit der sozialistischen Gesellschaftsordnung und der DDR als ihr Vaterland.

Dr. Jeannette Madarász-Lebenhagen, Grit Ulrich und Chris Berthold


Hinweise für weitere Recherchen zum 3. Jugendgesetz in der Geschichte der DDR

Über unser Bestell- und Recherchesystem invenio können erste Eindrücke dieser kleinen Galerie zur Thematik gern vertieft werden. Aus unserer Sicht kommen v. a. folgende Bestände in Betracht: 

DA 1 / Volkskammer der DDR
DC 4 / Amt für Jugendfragen
DC 20 / Ministerrat der DDR
DY 24 / Freie Deutsche Jugend (FDJ)
DY 30 / Sozialistische Einheitspartei Deutschlands (SED)
DY 59 / Gesellschaft für Sport und Technik (GST

Die Diskussion über den Entwurf des Jugendgesetzes und auch die Verwirklichung ist auch in vielen anderen Überlieferungen des Bundesarchivs und der Stiftung Archiv der Parteien und Massenorganisationen der DDR im Bundesarchiv (SAPMO) dokumentiert. 

DO 4 / Staatssekretär für Kirchenfragen
DQ 3 / Staatssekretariat für Arbeit und Löhne
usw.

Aus unserem Digitalen Bildarchiv haben wir die Originaltitel in die Bildbeschreibungen übernommen.

Eine bestandsübergreifende Recherche kann über invenio und in unserem Digitalen Bildarchiv von jedem Nutzer selbst erfolgen. Auch über den Online-Katalog der Bibliothek des Bundesarchivs kann auf eine umfangreiche Sammlung von Literatur zum 3. Jugendgesetz der DDR zugegriffen werden.

Möglicherweise veranlasst Sie unsere kleine Galerie, die gewonnenen Eindrücke über eigene Recherchen zu vertiefen.