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Karte zu russischen Truppenbewegungen in Ostpreußen, 1916

„Übersichtskarte über den Rußeneinfall in Ostpreußen“, 1916, Quelle: BArch, R 2/714, fol. 132

Kriegsentschädigung im Ersten Weltkrieg

Die deutsche Zivilbevölkerung litt in vielfältiger Weise unter dem Ersten Weltkrieg. Neben der Seeblockade und der daraus resultierenden Knappheit vieler Güter waren Teile der Zivilbevölkerung auch direkt vom Kriegsgeschehen betroffen. Teile Ostpreußens wurden zu Kriegsbeginn von russischen Truppen besetzt und an der Westfront sind Beschlagnahmungen von kriegswichtigen Gütern wie Kraftwagen belegt. In beiden Fällen reagierte die Reichsregierung, vorwiegend um die Moral an der „Heimatfront“ zu festigen, mit Entschädigungen bzw. dem Versprechen von Entschädigungen.

Auch Zivilpersonen neutraler Staaten waren von Beschlagnahmungen betroffen, während Deutschland zugleich auf Importe aus diesen Staaten angewiesen war. Ein prominentes Beispiel sind die USA, mit denen bis zu deren Kriegseintritt auf Seiten der Alliierten 1917 Handel getrieben wurde. Um Schwierigkeiten beim Rohstoffimport aus neutralen Staaten vorzubeugen, war die 1915 gebildete Reichsentschädigungskommission daher nicht nur die für die Entschädigung von deutschen Staatsbürgern, sondern auch von Personen aus neutralen Staaten zuständig. 

Daneben wurden bereits während des Ersten Weltkrieges weitere Behörden für Entschädigungsfragen gebildet, deren Aufgaben nach Ende des Krieges dann – aufgrund des Kriegsausgangs in weit größerem Umfang – vom Reichsentschädigungsamt fortgeführt wurden.

Bereits in den ersten Kriegswochen wirkte sich der Krieg direkt auf die Zivilbevölkerung aus: Russische Truppen drangen nach Ostpreußen vor, woraufhin ein Teil der Bevölkerung flüchtete und auch der nicht geflohene Teil durch die Besetzung wirtschaftlichen Schaden nahm. Kaiser Wilhelm II. reagierte darauf am 27. August 1914 mit einem Erlass über die Hilfe für Ostpreußen. In pathetischen Worten die Ostpreußen lobend und auf die baldige Befreiung verweisend, versprach er darin für die augenblickliche Not Beistand und wies das Staatsministerium und die weiteren Behörden zur raschen Hilfe an.

  • Kaiserlicher Erlass vom 27. August 1914 über die Hilfe für Ostpreußen
    Kaiserlicher Erlass vom 27. August 1914 über die Hilfe für Ostpreußen

„Die Heimsuchung Meiner treuen Provinz Ostpreußen durch das Eindringen feindlicher Truppen erfüllt Mich mit herzlicher Teilnahme.“

Kaiser Wilhelm II.
am 27. August 1914

  • Karte zu russischen Truppenbewegungen in Ostpreußen, 1916
    <span class="xqT1Qe">„Übersichtskarte über den Rußeneinfall in Ostpreußen</span>“, 1916

Das Staatsministerium trug dem Kaiser daraufhin Vorschläge für eine sogenannte Notstandsaktion für Ostpreußen vor und regte die Bildung einer Kriegshilfskommission für die Provinz Ostpreußen an, die durch kaiserlichen Erlass vom 24. September 1914 gebildet wurde.

  • Kaiserlicher Erlass zur Bildung einer Kriegshilfskommission für die Provinz Ostpreußen, 1914
    Kaiserlicher Erlass zur Bildung einer Kriegshilfskommission für die Provinz Ostpreußen, 1914
  • Kaiserlicher Erlass zur Bildung einer Kriegshilfskommission für die Provinz Ostpreußen, 1914
    Kaiserlicher Erlass zur Bildung einer Kriegshilfskommission für die Provinz Ostpreußen, 1914

Während am östlichen Kriegsschauplatz Schäden durch den Einmarsch feindlicher Truppen entstanden, lag der westliche Kriegsschauplatz fast komplett außerhalb des Reichsgebietes.

Hier belegt die Überlieferung indes die Regelung von Schäden infolge von Beschlagnahmungen für militärische Zwecke, beispielsweise von Kraftfahrzeugen. 

Die Kraftwagen gelangten zwar teilweise später an die Eigentümer zurück, allerdings mit deutlichen Schäden, wie ein Protest einer Einwohnerin von St. Ludwig (St. Louis) im Elsass belegt:

  • Beschwerde infolge der Beschlagnahmung eines Autos, 1915
    Beschwerde infolge der Beschlagnahmung eines Autos, 1915

„Am Wagen fehlt und mangelt nämlich verschiedenes, so sind die Wagenschläge und die Federn verdorben dass keiner schliesst und keine federt. Die Maschine ist derartig abgenutzt, dass mann ohne Gefahr mit dieser nicht fahren kann.“

Im Frühjahr 1918 bestanden in Berlin insgesamt fünf Behörden zur Erstattung von Kriegsschäden.

Neben der Reichsentschädigungskommission gab es eine Geschäftsstelle für Auslandsforderungen (zuständig für Forderungen gegen im feindlichen Ausland ansässige Schuldner), einen Reichskommissar zur Erörterung von Gewalttätigkeiten gegen deutsche Zivilpersonen im Feindesland, ein Reichsschiedsgericht für Kriegswirtschaft (zur Festsetzung von Preisen für im Reichsgebiet enteignete oder beschlagnahmte Güter) und zeitweilig einen Reichkommissar beim Reichsausschuss zur Feststellung von Kriegsschäden im Reichsgebiet.

  • Auflistung der mit Entschädigungsfragen befassten, in Berlin ansässigen Behörden (Teil 1), 1918
    Auflistung der mit Entschädigungsfragen befassten, in Berlin ansässigen Behörden (Teil 1), 1918
  • Auflistung der mit Entschädigungsfragen befassten, in Berlin ansässigen Behörden (Teil 2), 1918
    Auflistung der mit Entschädigungsfragen befassten, in Berlin ansässigen Behörden (Teil 2), 1918

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