Dieter Grimm sieht die Wirkungsgeschichte des Grundgesetzes derzeit in einem „Niemandsland“ verortet. Rechtshistoriker und Geschichtswissenschaft schenkten der Wirkung des Grundgesetzes zu wenig Beachtung. So sagte es der ehemalige Bundesverfassungsrichter am 7. November 2024 im Bundesarchiv Koblenz in einem Vortrag anlässlich 75 Jahren Grundgesetz.
In einschlägigen Monographien und Überblicksdarstellungen zur Geschichte der Bundesrepublik Deutschland würden zwar die bedeutenden Urteile des Bundesverfassungsgerichts genannt. Es fehle jedoch die Auseinandersetzung mit der prägenden Kraft, die diese Urteile in Politik und Gesellschaft langfristig entfalteten.
In seinem Vortrag betonte Dieter Grimm, dass sich die Strahlkraft des Grundgesetzes kaum aus dem Verfassungstext selbst ergebe. Erst seine Auslegung habe Einfluss auf die politischen und gesellschaftlichen Entwicklungen der Bundesrepublik genommen und tue dies bis heute. Folglich komme dem Bundesverfassungsgericht eine besondere Bedeutung zu, seine Entscheidungen bildeten eine wesentliche Quelle zur Wirkungsgeschichte.
Mit Blick auf Gegenwart und Zukunft konstatierte Grimm, dass sich das diesjährige Jubiläum des Grundgesetzes von vorangegangenen Jahrestagen unterscheide – zusehends schwinge die Sorge um die Zukunft des Verfassungsstaats mit. Umso wichtiger sei es heute, sich mit den Errungenschaften von Grundgesetz und Bundesverfassungsgericht auseinanderzusetzen, die sich in den vergangenen Jahrzehnten als erhebliche Bereicherung für die Entwicklungen in der Bundesrepublik ausgezeichnet hätten.
Das Bundesarchiv bewahrt die Unterlagen des Bundesverfassungsgerichts (B 237) sowie ergänzend dazu Nachlässe von Richterinnen und Richtern des Bundesverfassungsgerichts. Die Unterlagen des Bestandes B 237 Bundesverfassungsgericht sind über invenio unter diesem Link recherchierbar.
Der Vortrag war Teil der Reihe „75 Jahre Grundgesetz und die frühen Jahre der Bundesrepublik“. Weitere Informationen und Termine finden Sie auf dieser Seite.