Der weltpolitische Umbruch 1989/90 verlangte von der Bundesrepublik Deutschland eine grundlegende Überprüfung und Anpassung ihrer Sicherheits- und Verteidigungspolitik. Dies galt zum einen für die Bundeswehrplanung 1984, deren Ziele in der Schlussphase der Ost-West-Konfrontation immer schwieriger zu erreichen waren. Hier machte den Bundeswehrplanern vor allem die Abnahme der Anzahl von Wehrpflichtigen eines Jahrgangs aufgrund der kleineren Jahrgangsgrößen Sorgen. Hinzu kamen die immer weiter steigenden Verteidigungsausgaben.
Anfang der 1990er Jahre stand die Bundeswehr zumindest kurzfristig vor dem entgegengesetzten Problem: Die Wiedervereinigung bedeutete das Ende der Nationalen Volksarmee (NVA) der DDR. Der Zwei-plus-Vier-Vertrag verpflichtete die Bundesrepublik, ihre Streitkräfte innerhalb weniger Jahre stark zu verkleinern. Allein die Bundeswehr überstieg mit ihren mehr als 450.000 Soldaten die vertraglich vorgegebene Grenze von 370.000 Soldaten bei Weitem. Hinzu kam das von der NVA übernommene Personal. Dies erforderte eine Neubewertung der Planungen über Struktur und Umfang der Bundeswehr.
Eine Kernfrage für die Planungen der neuen gesamtdeutschen Bundeswehr waren ihre künftigen Aufgaben. Am Beispiel des Zweiten Golfkriegs 1990/91 und des ab 1991 beginnenden Zerfalls des ehemaligen Jugoslawiens zeigten sich grundlegende Veränderungen des sicherheits- und verteidigungspolitischen Umfelds des wiedervereinigten Deutschlands. Unter diesen Voraussetzungen unternahm die Unabhängige Kommission für die künftigen Aufgaben der Bundeswehr unter dem Vorsitz des Politikwissenschaftlers Prof. Dr. Hans-Adolf Jacobsen (Jacobsen-Kommission) eine Standortbestimmung.


