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Besichtigung der zerstörten Barracke auf der Wolfschanze durch Benito Mussolini (links) und Adolf Hitler (rechts). Im Hintergrund ist Dolmetscher Dr. Paul Schmidt zu sehen

Besichtigung des Führerhauptquartiers „Wolfsschanze“ durch Benito Mussolini und Adolf Hitler nach dem Attentat vom 20. Juli 1944, Quelle: BArch, Bild 146-1970-097-76 / o. Ang.

„Eine gewissenlose Clique frontfremder Parteiführer“ – Der 20. Juli 1944

Eine Geschichtsgalerie mit Blick auf das gescheiterte Attentat auf Adolf Hitler, auf die Beteiligten, die Konsequenzen und die Rezeption in der Bundesrepublik.

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Staatsstreich durch den Walküre-Befehl

Am 20. Juli 1944 platzierte Claus Schenk Graf von Stauffenberg während einer Lagebesprechung in einer Lagerbaracke des Führerhauptquartiers „Wolfsschanze“ bei Rastenburg (heute Ketryzn, Polen) eine Bombe mit dem Ziel, Adolf Hitler tödlich zu verletzen.

Nach der Explosion sollte mit Hilfe des Walküre-Befehls ein Staatsstreich erfolgen. Dieser Befehl wurde ursprünglich ausgearbeitet, um potenzielle Aufstände gegen das nationalsozialistische Regime zu unterdrücken. Henning von Tresckow und Claus Schenk Graf von Stauffenberg änderten den Befehl ab 1943 ab, um darauf aufbauend das System zu stürzen. Zu den wichtigsten Punkten des Unternehmens gehörte die Verhaftung zentraler Personen der SS, SD, Gestapo und NSDAP. Die strategisch wichtigen Positionen in der Regierung sollten neu besetzt werden, ebenso die Oberbefehlsgewalt über die Wehrmacht.

Der Plan scheiterte jedoch, und Hitler überlebte leicht verletzt. Obwohl die Gruppe um Stauffenberg den Plan wie vorgesehen weiterverfolgte und der Walküre-Befehl ausgelöst wurde, gelang der Umsturz nicht. Mehr als 100 Personen wurden in der darauffolgenden Zeit auf Grund mutmaßlicher Beteiligung an der Planung und Umsetzung des Attentats verhaftet und vom Volksgerichtshof zum Tode verurteilt.

Die zentrale Personenkartei der Abteilung PA des Bundesarchivs umfasst mehr als 18 Millionen verzeichnete Personen. Darunter befinden sich auch die Karten vieler Beteiligter, Mitwissender und Helfer des 20. Juli 1944.

Friedrich Olbricht gehörte zum unmittelbaren Kern der Verschwörer vom 20. Juli. Er löste den Walküre-Befehl aus. Kurz vor seiner Verhaftung hatte Olbrichts Schwiegersohn Friedrich Georgi noch Gelegenheit, mit ihm zu sprechen. Sein Zeitzeugenbericht kann bei unserem Kooperationspartner LEMO nachgelesen werden.

Regelmäßige Kontakte zu der Widerstandsgruppe um Ulrich von Hassel und Ludwig Beck pflegte auch der 1884 in Leipzig geborene Johannes Popitz, der „Vater der Umsatzsteuer“. Ab 1940 entwickelte die Gruppe programmatische Grundsätze für eine innenpolitische Neuordnung und Konsolidierung Deutschlands nach dem angestrebten Regimewechsel. Das „vorläufige Staatsgrundgesetz“, das im Nachlass Popitz‘ mit Bearbeitungsspuren überliefert ist, gibt Aufschluss über die politischen Vorstellungen von Popitz und seinen Mitstreitern. Am 3. August 1944 wurde Johannes Popitz vom Volksgerichtshof zum Tode verurteilt und am 2. Februar 1945 in Plötzensee gehenkt.

  • Vorderseite der Karteikarte zu Claus Schenk Graf von Stauffenberg in der zentralen Personenkartei der ehemaligen Deutschen Dienststelle
    Vorderseite der Karteikarte zu Claus Schenk Graf von Stauffenberg in der zentralen Personenkartei der ehemaligen Deutschen Dienststelle (WASt)
  • Friedrich Freiherr von Broich (links) und Claus Schenk Graf von Stauffenberg (rechts) im Gespräch vor einer Barracke in Tunesiuen. Im Hintergrund stehen Tisch und Stühle.
    <p>Friedrich Freiherr von Broich (links) und Claus Schenk Graf von Stauffenberg (rechts) im Gespräch, Tunesien, ca. März/April 1943</p>
  • Vorderseite der Karteikarte zu Ludwig Beck in der zentralen Personenkartei der ehemaligen Deutschen Dienststelle
    Vorderseite der Karteikarte zu Ludwig Beck in der zentralen Personenkartei der ehemaligen Deutschen Dienststelle (WASt)
  • Porträt von Ludwig Beck in einer Wehrmachtsuniform am Schreibtisch sitzend.
    <p>Porträt von Ludwig Beck als Generalleutnant (?), am Schreibtisch sitzend, ca. 1930/1935</p>
  • Vorderseite der Karteikarte zu Werner Karl von Haeften in der zentralen Personenkartei der ehemaligen Deutschen Dienststelle.
    <p>Vorderseite der Karteikarte zu Werner Karl von Haeften in der zentralen Personenkartei der ehemaligen Deutschen Dienststelle (WASt)</p>
  • Porträt von Werner Karl von Haeften in seiner Wehrmachtsuniform.
    <p>Porträt von Werner Karl von Haeften, zwischen 1939 und 1944</p>
  • Vorderseite der Karteikarte zu Henning von Tresckow in der zentralen Personenkartei der ehemaligen Deutschen Dienststelle
    <p>Vorderseite der Karteikarte zu Henning von Tresckow in der zentralen Personenkartei der ehemaligen Deutschen Dienststelle (WASt)</p>
  • Porträt vn Henning von Tresckow in einer Wehrmachtsuniform ohne Mütze.
    <p>Porträt von Henning von Tresckow als Generalmajor, 1944</p>
  • Der durch Stauffenberg überarbeitete Walküre-Befehl zur Niederschlagung von Aufständen
    <p>Walküre II Geheime Kommandosache: Der durch Stauffenberg überarbeitete Walküre-Befehl zur Niederschlagung von Aufständen, Berlin 31. Juli 1943</p>
  • Verblasste Schreibmaschinenabschrift eines Entwurfs für ein Gesetz über die Wiederherstellung geordneter Verhältnisse im Staats- und Rechtsleben
    <p>Entwurf für ein <span class="entity">„</span>Gesetz über die Wiederherstellung geordneter Verhältnisse im Staats- und Rechtsleben (Vorläufiges Staatsgrundgesetz)“, vermutlich redigiert von Johannes Popitz im Herbst 1943, S. 1</p>

Die Folgen des gescheiterten Attentats

Claus Schenk Graf von Stauffenberg, sein Adjutant Werner von Haeften, Friedrich Olbricht, der den Walküre-Befehl auslöste, und Albrecht Ritter Mertz von Quirnheim, der Sohn des früheren Präsidenten des Reichsarchivs, wurden in der Nacht auf den 21. Juli 1944 auf Befehl von Generaloberst Friedrich Fromm standrechtlich erschossen. Fromm selbst, der über die Pläne zwar informiert war, sich aber gegen eine Teilnahme am Widerstand entschieden hatte, wurde später ebenfalls durch den Volksgerichtshof zum Tode verurteilt.

Zu den in den Prozessen vor dem Volksgerichtshof verurteilten Personen zählen auch Henning von Tresckow – er sollte das Amt des Polizeichefs einnehmen –, Erwin von Witzleben, der nach erfolgreicher Umsetzung des Walküre-Befehls als Oberbefehlshaber der Wehrmacht eingesetzt werden sollte, und Carl Friedrich Goerdeler, der zu Beginn der Planung für das Amt des Reichskanzlers vorgesehen war.

Eine präzise zeitliche Chronologie der Ereignisse um den 20. Juli 1944 hat Heinrich Walle in seinem Aufsatz „Der 20. Juli 1944. Eine Chronik der Ereignisse von Attentat und Umsturzversuch“ erarbeitet (in: Thomas Vogel (Hrsg.): Aufstand des Gewissens. Militärischer Widerstand gegen Hitler und das NS-Regime 1933–1945). Sie befindet sich neben weiter Literatur zu diesem Thema in der Bibliothek des Bundesarchivs in Koblenz und Berlin.

  • Inneres der zerstörten "Lagebesprechungsbaracke", auch bekannt als "Führerhauptquartier Wolfsschanze" nach der Explosion
    <p>Inneres der zerstörten „Lagebesprechungsbaracke“, auch bekannt als Führerhauptquartier „Wolfsschanze“ nach der Explosion, Rastenburg im Juli 1944</p>
  • Tagesbefehl von Adolf Hitler über das gescheiterte Attentat, 22. Juli 1944
    Tagesbefehl von Adolf Hitler über das gescheiterte Attentat, 22. Juli 1944
  • Mitteilung über die Entlassung der Beteiligten am Hitler-Attentat aus der Wehrmacht
    Mitteilung über die Entlassung der Beteiligten aus der Wehrmacht, 4. August 1944
  • Anweisung von Friedrich Fromm, Befehlshaber des Ersatzheeres, zur Verweigerung der Befehle von den Generälen Witzleben, Höbner, Beck und Olbricht.
    Anweisung von Friedrich Fromm, Befehlshaber des Ersatzheeres, 23. Juli 1944
  • Porträt von Erwin von Witzleben als Generalfeldmarschall
    Porträt von Erwin von Witzleben als Generalfeldmarschall (seit 19. Juli 1940), ca. 1940–1941
  • Carl Friedrich Goerdeler in der Mitte unter Bewachung von Polizisten während des Prozesses zum Attentat vom 20. Juli.
    Carl Friedrich Goerdeler unter Bewachung von Polizisten während des Prozesses zum Attentat vom 20. Juli, Berlin, August–September 1944
  • Protokoll der Prozesseröffnung vor dem Volksgerichtshof gegen die Beteiligten und Mitwissenden des gescheiterten Attentats vom 20. Juli 1944
    <p>Protokoll der Prozesseröffnung vor dem Volksgerichtshof gegen die Beteiligten und Mitwissenden des gescheiterten Attentats vom 20. Juli 1944, 7. August 1944 (Auszug)</p>
  • Protokoll der zweiten Vernehmung von Erich Höppner zur standrechtlichen Verurteilung und Erschießung von Stauffenberg, Olbricht und Beck, am 8. August 1944
    <p>Protokoll der zweiten Vernehmung von Erich Höppner zur standrechtlichen Verurteilung und Erschießung von Stauffenberg, Olbricht und Beck, am 8. August 1944 (Auszug)</p>

Gedenken in der Bundesrepublik

Die Beteiligten des Umsturzversuchs vom 20. Juli wurden aus der Wehrmacht ausgestoßen und nach der Gründung der Bundesrepublik zunächst nicht offiziell rehabilitiert.

Jakob Kaiser, Mitglied des Parlamentarischen Rates und später Minister für gesamtdeutsche Fragen, verfasste bereits 1946 einen Aufsatz für das Antifa-Taschen-Jahrbuch, in dem er auf das gespaltene Verhältnis der Gesellschaft zum Widerstand allgemein und dem 20. Juli insbesondere Bezug nimmt. Er thematisiert dabei auch die nicht ausschließlich vom Widerstand geprägten Lebensläufe der Beteiligten. Konkret der militärische Widerstand um Stauffenberg hatte sich dem nationalsozialistischen System zunächst gefügt, bis die Wendung gegen das Naziregime einsetzte.

Lange Zeit wirkte also das Urteil des Hoch- und Landesverrats in der öffentlichen Meinung nach. In den 1950er Jahren setzte schließlich eine Umbewertung ein. Die Widerstandskämpfer um Stauffenberg erfuhren allmählich eine reflektierte Wahrnehmung. Zum 10. Jahrestag des gescheiterten Attentats hielt Bundespräsident Theodor Heuss in Berlin eine „Gedenkrede für Opfer des 20. Juli 1944“. Der handschriftliche Entwurf dieser Rede befindet sich im privaten Nachlass von Theodor Heuss im Bundesarchiv in Koblenz.

Ebenfalls in Koblenz sind die Akten des Bundesministeriums für Post- und Fernmeldewesen zugänglich. Darin findet sich eine Akte aus den Jahren 1963/64. Der 20. Jahrestag des gescheiterten Attentats gab Anlass für ein sogenanntes Gedenkblatt mit insgesamt acht Sonderbriefmarken im Gedenken an den Widerstand gegen den Nationalsozialismus. Neben den Beteiligten vom 20. Juli werden auch Sophie Scholl, Dietrich Bonhoeffer und Albert Delph stellvertretend für alle Widerstandskämpfer abgebildet.

Den Gestaltungswettbewerb gewann ein Künstlerpaar aus Wuppertal, die Beschaffung von passendem Bildmaterial unterstützten die Hinterbliebenen der ermordeten Widerstandskämpfer, und zahlreiche Nachfragen beim Ministerium lassen erkennen, dass das „Gedenkblatt mit Sonderpostwertzeichen“ sich großer Beliebtheit erfreute.

  • Abhandlung von Jakob Kaiser über die Widerstandsbewegung gegen das Nazi-Regime und das Attentat vom 20. Juli 1944 für das "Antifa-Taschen-Jahrbuch".
    Abhandlung von Jakob Kaiser über die Widerstandsbewegung gegen das Nazi-Regime und das Attentat vom 20. Juli 1944 für das <span class="entity">„</span>Antifa-Taschen-Jahrbuch 1946<span class="entity">“, </span>Berlin, 1946
  • Handschriftlich verfasste Rede von Bundespräsident Theodor Heuss anläßlich des Gedenkens an den 20. Juli 1944
    <p>Handschriftlich verfasste Rede von Bundespräsident Theodor Heuss anlässlich des Gedenkens an den 20. Juli 1944 (Auszug)</p>
  • Amtsblatt des Bundesministers für das Post- und Fernmeldewesen
    Amtsblatt des Bundesministers für das Post- und Fernmeldewesen, Bonn, 12. Juni 1964. (Auszug)
  • Kopie des Postwertzeichen-Gedenkblattes im Gedenken an den Widerstand gegen das nationalsozialistische Regime.
    <p>Kopie des Postwertzeichen-Gedenkblattes im Gedenken an den Widerstand gegen das nationalsozialistische Regime, 20. Juli 1964</p>
  • Begründete Darstellung der Auswahl für die Gedenk-Postwertzeichen, aus einem Interview mit der Deutschen Welle
    <p>Begründete Darstellung der Auswahl für die Gedenk-Postwertzeichen, aus einem Interview mit der Deutschen Welle (der Interviewpartner von Ministerialseite wird nicht genannt), ca. 1964</p>

Anmerkung: Das Zitat in der Seiten-Überschrift stammt aus einer Bekanntmachung Generalfeldmarschall Erwin von Witzlebens über das Attentat und die darauffolgende Auslösung des Walküre-Befehls, in: BArch, RM 7/101, fol. 72

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