2.188 (cun1p): Nr. 188 Der Preußische Minister des Innern an den Reichswehrminister. 14. Juni 1923

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[557] Nr. 188
Der Preußische Minister des Innern an den Reichswehrminister. 14. Juni 1923

R 43 I /416 , Bl. 177-184 Durchschrift1

[Betrifft: Waffenlager und militärische Hilfsorganisationen]

Persönlich

Sehr geehrter Herr Kollege!

Sie übergaben mir vor einigen Wochen den Entwurf von Richtlinien, die Unterstützung des Reichswehrministeriums bei Erfassung von Bewaffnungsgegenständen betreffend, und ersuchten mich um die Bekanntgabe meiner Stellungnahme zu ihren einzelnen Punkten2. Wenn ich dazu bisher nicht in der Lage war, so lag das daran, daß fast an jedem Tage der letzten Wochen Dinge bekannt geworden sind, die die Fragen der Erfassung und Erhaltung von Bewaffnungsgegenständen, die Organisierung des Grenzschutzes und die Aufstellung eines Landesschutzes in mannigfaltiger Beziehung beleuchteten und mich zu zeitraubenden Untersuchungen und Feststellungen zwangen. Hinzu kam, daß Sie in Ihrem Brief vom 18. Mai3 selbst den Wunsch auf Vertagung der Verhandlungen ausgesprochen hatten, die zwischen unseren Ressorts zur Klärung der verschiedenen Fragen im Gange waren, woraus ich entnommen habe, daß[558] Ihnen auch die Bekanntgabe meiner Stellungnahme zu Ihren Vorschlägen nicht besonders dringlich erschien.

Wenn ich heute gemäß unserer mündlichen Unterredung vom 11. Juni4 die Fragen wieder aufrolle, so möchte ich im voraus bemerken, daß ich auch heute noch nicht in der Lage bin, Ihre Vorschläge anzunehmen. Wenn ich mir auch bewußt bin, daß detaillierte und spezialisierte Grundsätze und Anweisungen aus den verschiedensten Gründen unzweckmäßig erscheinen, so sind die von Ihnen vorgeschlagenen Richtlinien doch zu allgemein gehalten, als daß sich eine unmißverständliche Ausführung durch die nachgeordneten Behörden von ihnen erwarten ließe. Wir haben ja erfahren, wie verschieden die von uns ursprünglich getroffenen Vereinbarungen ausgelegt worden sind5 und gerade diese Erfahrungen lassen es geboten erscheinen, jede Abmachung so klar zu treffen, daß sie als Anweisung bzw. als Befehl an die nachgeordneten Behörden herausgehen kann.

Ich hatte mich bereit erklärt, den Versuch einer Formulierung solcher Anweisungen zu unternehmen und Ihnen meine Vorschläge zu unterbreiten. Neue behördliche Feststellungen, die in den verschiedensten Provinzen des Freistaates Preußen getroffen worden sind, machen es mir jedoch zur Pflicht, zunächst eine wichtige Vorfrage zu klären, ohne deren restlose Bereinigung Abmachungen zwischen unseren Ministerien nur von ganz geringem Wert sein können. Es handelt sich um die Frage, ob den Zivilbehörden bei der Durchführung der in den von Ihnen aufgestellten Richtlinien erwähnten Aufgaben ein Mitbestimmungsrecht im Rahmen ihrer politischen Verantwortung eingeräumt wird oder ob die Zivilbehörden lediglich als ausführende Organe der Reichswehr betrachtet werden sollen. Meine Stellungnahme zu dieser Frage ergibt sich aus folgenden Erwägungen: Die Landesverteidigung gegen einen äußeren Feind ist Reichssache und darum Aufgabe des Reichswehrministeriums. Wie die Reichswehr diese Aufgabe nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen löst, ist allein ihre Sache, die eine Einmischung der Zivilbehörden nicht zuläßt. Bei den in Ihren Richtlinien erwähnten Maßnahmen handelt es sich jedoch zum Teil um Dinge, die eine gesetzliche Regelung nicht gefunden haben, denen aber eine große innen- und außenpolitische Bedeutung zukommt und die deswegen nur im engsten Einvernehmen mit den Zivilbehörden geregelt werden können. Deswegen kann ich der Auffassung, als ob die Reichswehrorgane nur anzuordnen, die Zivilbehörden sich dagegen auf eine Unterstützung der Reichswehr zu beschränken hätten, nicht zustimmen, – eine Auffassung, wie sie insbesondere in einem Schreiben zum Ausdruck gekommen ist, das die 2. Division des Wehrkreiskommandos II unter dem 24. Mai 1923 an den Oberpräsidenten der Provinz Pommern. Herrn Lippmann, gerichtet hat6. Ich erkenne gerne an, daß Sie, sehr verehrter Herr Kollege, sich persönlich in allen unseren Verhandlungen dahin geäußert haben, daß den Zivilorganen, insbesondere den Oberpräsidenten der preußischen Provinzen eine lebendige Mitwirkung zugestanden werden müsse. Solange jedoch diese Ihre Willensmeinung nicht auch in den Anordnungen Ihrer[559] Organe zum Ausdruck kommt, werden wir den gemeinschaftlichen Weg, den auch die unteren Instanzen zu gehen haben, nicht finden.

Ich schreibe diese Zeilen nicht, um damit einen neuen langen Schriftwechsel einzuleiten, ich bin vielmehr der Auffassung, daß eine mündliche Aussprache uns leichter zum Ziele führen kann und wird. Dazu möchte ich noch folgendes bemerken: Wenn Sie in dem Entwurf Ihrer Richtlinien meinen, daß bei Meinungsverschiedenheiten zwischen Zivilbehörde und Militärbehörde die Entscheidung der zuständigen Ministerien bzw. des Reichskabinetts einzuholen sei, dann will es mir praktisch erscheinen, wenn das Reichskabinett unter Beteiligung der zuständigen preußischen Minister die Richtlinien selbst mit festlegt. Ich würde deswegen vorschlagen, in einer mündlichen Besprechung zunächst eine Übereinstimmung zwischen unseren Ressorts herbeizuführen und die Richtlinien sodann in einer gemeinsamen Besprechung der beiden Kabinette zur Genehmigung zu unterbreiten. Die große innen- und außenpolitische Bedeutung rechtfertigt diese Art der Behandlung nicht nur, sondern fordert sie7.

Was die außenpolitischen Gesichtspunkte anlangt, die für meine Stellungnahme in Betracht kommen, so habe ich darauf aufmerksam zu machen, daß der französische Ministerpräsident die Forderung nach „Sicherungen“ mit dem Hinweis auf heimlich betriebene Rüstungen Deutschlands begründet. Über die Art der von Herrn Poincaré geforderten Sicherungen sind authentische Mitteilungen bisher nicht gemacht. Indessen lassen die besonders in den letzten Wochen verbreiteten Gerüchte über auch von England unterstützte Bestrebungen auf Internationalisierung der Rheinlande, auf Lostrennung der Rheinprovinz von Preußen und auf Einsetzung einer internationalen Gendarmerie vermuten, daß alle sogenannten „Sicherungen“ auf Kosten Preußens erfolgen sollen. Würde durch die erste der hier angedeuteten Maßnahmen dem Lande Preußen eine kulturell hoch entwickelte und wirtschaftlich bedeutende Provinz entrissen, so würde die andere einen Raub der Hoheitsrechte Preußens auf eigenem Territorium bedeuten. Die Preußische Regierung hat darum allen Anlaß, darauf bedacht zu sein, daß Herrn Poincaré keine stichhaltigen Gründe für seine Forderung nach „Sicherungen“ gegeben werden. Ich kann mich des Eindrucks nicht erwehren, daß Angehörige und Beauftragte der Reichswehr diese Gesichtspunkte bei ihren Maßnahmen völlig außer Acht lassen. Jedenfalls ist die geräuschvolle Vorbereitung eines Grenzschutzes in einzelnen Kreisen der Provinz Pommern und im Norden Schleswigs8, ist die Unterstützung sogenannter „Sprengkolonnen“, deren Führung zumeist in den Händen ehemaliger Freikorpsführer[560] liegt, kein Beweis für eine zutreffende politische Einschätzung der Gesamtsituation unseres Volkes.

Meine innenpolitischen Bedenken gegen gewisse Vorbereitungen militärischer Kreise habe ich wiederholt in mündlichen und schriftlichen Vorstellungen bei Ihnen dargelegt. Die Aufrechterhaltung der Ruhe und Ordnung im Innern ist in erster Linie Sache der Polizei. Ich habe es deswegen stets für meine Aufgabe gehalten, die staatlichen Machtmittel zu stärken und jede ungebetene Hilfeleistung durch Unberufene abzulehnen. Insbesondere habe ich Gewicht darauf gelegt, den Grundsatz zur Anerkennung zu bringen, daß Waffen nur von denen geführt werden dürfen, die von Amts wegen dazu berufen sind. Die Bildung und Duldung von Selbstschutzorganisationen widerspricht diesem Grundsatz. Nach meinen Erfahrungen sind Selbstschutzorganisationen nicht geeignet, Einzelnen oder der Allgemeinheit Schutz zu gewähren, sie bilden im Gegenteil insofern eine große Gefahr für den Staat, als sie der Betätigung der Polizei vielfach Hemmungen bereiten und Organisationen ähnlicher Art im anderen politischen Lager nach sich ziehen. Ich habe wiederholt die angebotene Hilfe selbst solcher Kreise abgelehnt, an deren Verfassungstreue nicht der geringste Zweifel bestand und die sich verpflichten wollten, nur auf Ersuchen der Behörden in Tätigkeit zu treten. Ich habe das getan, um den Eindruck einer parteiischen Amtsführung zu vermeiden und nicht anderen Gruppen das Recht auf Berufungen einzuräumen. Wo zur vorübergehenden Verstärkung der Polizei die Heranziehung von Zivilpersonen notwendig und zweckmäßig erscheint, da werde ich Vorsorge treffen, daß nach den Grundsätzen strengster Parität alle ordnungsliebenden, verfassungstreuen Kreise der Bevölkerung beteiligt werden. Vorbereitungen aber derart, daß bestehenden Organisationen mit stark ausgeprägtem politischen oder wirtschaftlichen Charakter die Mitwirkung bei der Lösung militärischer und polizeilicher Aufgaben übertragen wird, halte ich nach wie vor [für] im höchsten Maße bedenklich und der inneren Ruhe abträglich9.

Ich habe diese außen- und innenpolitischen Bedenken gegen einige mit den Fragen des Landesschutzes im Zusammenhang stehenden Dinge wiederholt in Sitzungen des Preußischen Staatsministeriums zum Ausdruck gebracht und dabei die einmütige Zustimmung des Staatsministeriums gefunden.

Zu Ihren Richtlinien bemerke ich im einzelnen folgendes: Nach den mir zur Verfügung stehenden Unterlagen sind außer den Beständen der Reichswehr und der Polizei beträchtliche Mengen von Waffen vorhanden, deren Zahl ich hier aus verschiedenen Gründen nicht einmal andeutungsweise angeben will10. Meine Erfahrungen der letzten Jahre, insbesondere bei Waffenanzeigen und Waffenfunden lassen den Schluß zu, daß das Entwaffnungsgesetz ziemlich restlos alle Waffen erfaßt hat, die sich im Besitz von linksradikalen Elementen befanden, daß die bei Parteigängern der Rechten verborgenen Waffenläger jedoch nicht gemeldet, nicht verraten und deshalb nicht ausgehoben worden sind. So konnte es kommen, daß sich Selbstschutzorganisationen besonders in den östlichen Provinzen Preußens bis in die letzte Zeit hinein im Besitz von[561] größeren Mengen Waffen aller Art befanden und daß heute noch diese Selbstschutzorganisationen mit großer Zähigkeit um die Erhaltung ihrer Waffenbestände kämpfen.

Die beim General Helfritz in Hamburg aufgefundenen Aufzeichnungen über die Tätigkeit des „Norddeutschen Heimatbundes“ usw.11 und das Schreiben des Wehrkreiskommandos II vom 29. April 2312 sind schlagende Beweise für die Richtigkeit der Auffassung, daß die Selbstschutzorganisationen vermöge ihrer Ausstattung mit Geldmitteln und Bewaffnungsgeräten im Begriff waren, einen Staat im Staate zu bilden, „der seine Machtmittel letzten Endes lediglich nach seinem Gutdünken und Belieben und für seine politischen Zwecke einsetzen wollte.“ Ich habe in den wiederholten Besprechungen über die Frage der Erhaltung überzähliger Waffen gern anerkannt, daß gewichtige Gründe dafür sprechen, nicht alle Vorräte der Vernichtung zuzuführen. Die Bedrohung der ostpreußischen Grenze bei kriegerischen Verwicklungen im Osten, die Bandeneinfälle in Oberschlesien und die ungerechtfertigte und durch nichts begründete Entwaffnung der Schutzpolizei im besetzten Gebiet lassen es besonders auch im Hinblick auf die Schwierigkeiten bei der Wiederbeschaffung geboten erscheinen, einen gewissen Bestand von Waffen zum Schutze der deutschen Grenze zu erhalten. Würden diese Bestände restlos der Reichswehr zur Aufbewahrung und zum Gebrauch zugeführt werden können, so wäre damit eine Regelung getroffen, die die erheblichsten Bedenken zerstreuen würde. Die Waffen bleiben oder gelangen aber zum größten Teil in die Aufbewahrung von Männern und Organisationen, deren politische Einstellung keine Gewähr für eine einwandfreie Behandlung der Dinge gibt13.

Die Provinz Ostpreußen, die in den letzten 1½ Jahren auf diesem Gebiet die geringsten Schwierigkeiten bereitet hat, ist um deswillen verhältnismäßig ruhig gehalten worden, weil bisher auch die Zivilbehörden in nicht unwesentlichem Maße mitgewirkt haben. Es ist mir mitgeteilt worden, daß bei den militärischen Stellen Bestrebungen im Gange seien, diese Mitwirkung wieder zu beseitigen. Ich möchte schon heute darauf aufmerksam machen, daß für diesen Fall auch mit unliebsamen Vorkommnissen in der Provinz Ostpreußen gerechnet werden muß, die zweifellos der besonderen inneren Ruhe und Geschlossenheit bedarf14.

In der Provinz Pommern hat der Oberpräsident versucht, Auskünfte darüber zu bekommen, wer die überzähligen Waffen bewahrt. Das Antwortschreiben des Wehrkreiskommandos, das in Abschrift beiliegt15, läßt erkennen, daß der Kommandeur dem Oberpräsidenten diese Auskünfte nicht erteilen will. Sein Einwand, daß er die feste Zuversicht und das Vertrauen habe, „daß die kriegserprobten Männer, die sich zum Schutze der Provinz gegen einen polnischen Einfall verpflichtet haben, die Waffen, die sie in Händen haben, auch zu diesem[562] Zwecke verwenden“, kann mich nicht befriedigen. Die Geschäftsordnung für die Organisation des Landesschutzes in der Provinz Pommern16, die der Kommandeur in seinem Schreiben vom 29. April17 ja selbst als authentisch zugibt, bringt ganz klar zum Ausdruck, daß die Männer, von denen der Kommandeur spricht, ausschließlich den rechtsgerichteten Kreisen der pommerschen Landwirtschaft angehören. Für den Kundigen ist es ganz klar, daß sie zum größten Teil personengleich sind mit den Mitgliedern des „Pommerschen Landbundes“, dessen politisches Fahrwasser dem Kommandeur ja selbst bedenklich erscheint. Das Vertrauen, das der Herr Kommandeur den Männern entgegenbringt, denen er die Aufbewahrung der Waffen anvertraut hat, bedaure ich, um so weniger teilen zu können, als der Herr Kommandeur die Aufbewahrung von Waffen in der Provinz Grenzmark durch absolut verfassungstreue Männer der Grenzmark, die selbst der Oberpräsident von Bülow empfohlen hatte, mit dem Hinweis auf strategische Bedenken bisher abgelehnt hat.

Ich wiederhole darum: Die Waffen, die die Reichswehr bisher zum größten Teile als ihre überzähligen Bestände erklärt hat, befanden und befinden sich fast ausschließlich in der Verwahrung von Männern, deren Verfassungstreue gelinde gesagt keineswegs über jeden Zweifel erhaben ist. Wenn aber Gewicht darauf gelegt wird, daß die preußischen Zivilbehörden bei der Erfassung und Erhaltung von Ausrüstungs- und Bewaffnungsgegenständen mitwirken, dann muß ihnen die Garantie gegeben werden, daß die Waffen in die Obhut von Männern kommen und im Ernstfalle von Männern geführt werden, die sich ihrer Pflicht gegenüber Volk und Verfassung voll bewußt sind und die eigenen politischen Zwecke damit nicht verbinden. Diese Gewähr ist heute nicht gegeben. Es besteht im Gegenteil die begründete Sorge, daß durch die jetzt geübte Praxis der Aufbewahrung von Waffen in einzelnen Provinzen die Gefahren, die sich aus der Duldung von Selbstschutzorganisationen ergeben, nicht beseitigt sind, sondern fortbestehen. Die Selbstschutzorganisationen, mit denen die Reichswehr in Verbindung stand, sind nicht nur nicht aufgelöst, sondern bestehen, wenn auch in einer gewissen Unterstellung selbständig weiter18. Dabei handelt es sich zum Teil um Organisationen, deren umstürzlerischen Tendenzen allgemein bekannt sind. Mit solchen Organisationen sind auch schon sehr bedenkliche Vereinbarungen getroffen. Nach einer Abmachung zwischen dem „Norddeutschen Heimatbund“ und dem von dem Reichswehrministerium eingesetzten sogenannten „militärischen Provinzialleiter“, die das Datum vom 6. April trägt, sollen die lagernden Waffen zunächst in Reichswehrstandorten[563] überholt und sodann zum Teil dort belassen, zum Teil nach örtlichen Bedürfnissen (für Fälle innerer Unruhen) neu gelagert werden19. Gegen solche Abmachungen, die hinter meinem Rücken ohne mein Wissen und ohne meine Zustimmung getroffen werden, muß ich den schärfsten Einspruch erheben. Für die Bekämpfung innerer Unruhen ist zunächst die Polizei zuständig, und die Polizei kann es darum nicht dulden, daß von Privatpersonen und privaten Vereinigungen vorbereitende Maßnahmen angeblich zur Bekämpfung innerer Unruhen getroffen werden, die allzu leicht geeignet sind, erst innere Unruhen hervorzurufen. Ich hoffe, daß Sie, sehr verehrter Herr Kollege, Sorge tragen werden, den Beauftragten der Reichswehr die Einmischung in meine Befugnisse zu untersagen. Sollte das Reichswehrministerium dazu nicht im Stande sein, insbesondere es nicht vermögen, die hinter meinem Rücken zwischen General Helfritz und dem „Norddeutschen Heimatbund“ getroffenen Abmachungen rückgängig zu machen, so würde ich mich gezwungen sehen, jedes in der Provinz Schleswig-Holstein aufgefundene Waffenlager als ein Lager privater Organisationen zu betrachten und zu behandeln.

In diesem Zusammenhang darf ich mir ein Wort über die Einrichtung der militärischen Provinzialleiter überhaupt gestatten.

Von den Militärdienststellen ist bisher zugegeben, daß Provinzialleiter in Pommern und Schleswig-Holstein eingesetzt sind, die nach der Geschäftsordnung nicht nur einen Grenzschutz organisieren, sondern auch bei der Bekämpfung innerer Unruhen in erheblichem Umfange mitwirken sollen. Ich hätte gewünscht, daß Sie, sehr verehrter Herr Kollege, mir von dieser Einrichtung bereits früher aus eigener Entschließung Mitteilung gemacht hätten, da die Bekämpfung innerer Unruhen, wie Sie zugeben werden, eine Frage ist, die mich in allererster Linie interessiert. Ich hätte Ihnen dann mindestens geraten, bei der Auswahl der Provinzialleiter nur solche Persönlichkeiten zu berücksichtigen, die neben der militärischen Eignung auch das erforderliche politische Augenmaß und Taktgefühl mitgebracht hätten. Ich erlaube mir, daran zu erinnern. daß die gelegentlich der Verhängung des Ausnahmezustandes im Jahre 1920 eingesetzten Zivilkommissare in der Hauptsache die Aufgabe zugewiesen erhielten, bei den Entscheidungen des Militär-Befehlshabers die politischen Gesichtspunkte zur Geltung zu bringen. Wenn in der Person des militärischen Provinzialleiters, der nach der Geschäftsordnung des Wehrkreiskommandos und nach seiner eigenen Auffassung (wenn auch nur vorübergehend) der 1. Befehlshaber bei der Bekämpfung innerer Unruhen sein soll, diese beiden Erfordernisse, Berücksichtigung der militärischen und politischen Interessen, vereinigt sein sollten, dann mußte die Wahl besonders sorgfältig getroffen werden.

Ob das bei der Person des Generals Helfritz der Fall war, muß ich nach den mir zur Verfügung stehenden Unterlagen stark bezweifeln. Bei ihm sind[564] Richtlinien gelegentlich der polizeilichen Durchsuchung gefunden worden20, die nach ihrer Auszeichnung und ihrer ganzen Anlage nur ihn zum Verfasser haben können. In diesen Richtlinien sind Gedanken entwickelt, gegen deren Betätigung ich ebenfalls entschiedenste Verwahrung einlege, die im übrigen aber den Verfasser für das ihm übertragene Amt nicht gerade geeignet erscheinen lassen. Der Verfasser spricht von der „Zerschlagung der vaterlandsfeindlichen Widerstände“ im eigenen Lande im Falle der „Erhebung gegen den äußeren Feind“. Als vaterlandsfeindliche Widerstände bezeichnet er u. a. das „Gift der Internationalen“ und „pazifistische Weltfremdheit“. Das sind sehr verschwommene Begriffe und darum nicht unbedenklich. In rechtsstehenden Blättern z. B. werden selbst die sozialdemokratischen Abgeordneten und Minister in konstanter Übung als die „Internationalen“ bezeichnet, um ihr Nationalbewußtsein in der Öffentlichkeit in Zweifel zu ziehen. Auch militärische Kreise halten die Sozialdemokraten in nationalen Fragen nicht für zuverlässig, und einige Ihrer Herren haben, wie mir bekannt ist, es strikte abgelehnt, mit bestimmten (z. T. namentlich aufgeführten) sozialdemokratisch gesinnten Beamten über militärpolitische Fragen zu verhandeln. Und als Pazifisten und Weltfremde sind auch schon gelegentlich die bürgerlichen Politiker bezeichnet worden, die im Hinblick auf unsere militärische Ohnmacht und politische Isolierung vor kriegerischer Kraftmeierei gewarnt haben. Die „Zerschlagung dieser Widerstände“ führt nicht erst zum Bürgerkrieg, sondern ist der Bürgerkrieg. Es kann gar nicht oft genug betont werden, daß zum Kriege, selbst wenn er nur zur Verteidigung der Grenzen eines Landes geführt wird, nicht nur Soldaten und Gewehre, sondern auch Munition und Nahrung gehören, die hinter der Front erzeugt werden müssen. Darum erscheint es mir im höchsten Maße töricht, Programmpunkte in den Richtlinien der Vorbereitungen aufzunehmen, die einen großen Teil des Volkes, um nicht zu sagen den größten Teil, derart verstimmen und verbittern müssen, daß die „Widerstände“ unüberwindlich werden.

Wie General Helfritz diese Widerstände zerschlagen will, führt er in folgenden Sätzen aus: „Wir müssen uns darüber klar sein, daß auch die anderen Machtmittel des Reiches und der Staaten vielleicht nicht genügen werden, diese Arbeit zu tun. Wir müssen ihnen zum Gelingen des Reinigungsprozesses verhelfen, und zwar voraussichtlich durch selbständiges Eingreifen noch bevor wir von ihnen gerufen werden… . Klares Übersehen der Lage, schnellste Sammlung und Bereitstellung der Kräfte, höchster Grad selbständigen Handelns sind erforderlich, um im Beginn der Begebenheiten überall im Besitz der örtlichen Gewalt zu bleiben… . Erste Aufgabe wird die Beseitigung der Führer desroten Widerstandessein. Sie muß vorher bedacht und mit aller Energie durchgeführt werden.

Mit dem hier beabsichtigten selbständigen Eingreifen, d. h. einem Eingreifen ohne Aufforderung der zuständigen Zivil- oder örtlichen Militärbehörde vermag ich mich, wie gesagt, ganz und gar nicht einverstanden zu erklären, und ich muß schon bitten, den General Helfritz darüber aufzuklären, daß ein allzu selbständiges Handeln, auch in der Vorbereitungszeit, ihn sehr leicht mit den[565] Gesetzen in Konflikt bringen kann. Wenn er den militärischen Gauleitern rät: „Allen behördlicherseits oder von Gerichten gestellten Befragern gegenüber ist die Aussage über unsere Tätigkeit mit dem Hinweis zu verweigern, daß die Weisungen ‚geheim‘ von mir ergangen sind und nur ich die Beantwortung derartiger Befragung mir vorbehalten habe“, so zeugt das zwar von einem hohen Verantwortungsbewußtsein und anerkennenswertem Mut, aber keineswegs von politischem Blick und der Fähigkeit, der Sache wirklich zu dienen.

Es hat freilich den Anschein, als ob die örtlichen Militärbehörden den militärischen Provinzialleiter in einer Weise instruieren, die weder den politischen Erfordernissen noch gesetzlichen Bestimmungen gerecht wird. In einer Anweisung, die unter dem 20. April d. J. die 2. Division in Stettin gegeben hat21, heißt es u. a.: „Unter Umständen werden einzelne Personen ihre Ausrüstung bei sich aufbewahren. Hier ist es Aufgabe der Ko.-Leiter zu bestimmen, in welcher Weise eine Prüfung und Reinigung der Waffen stattzufinden hat. Vielfach wird es angezeigt sein, solchen Personen die Mittel für die Reinigung in bar auszuhändigen.“

Ich sehe davon ab, an die polizeilichen Vorschriften über Waffenscheine usw. zu erinnern. Wichtiger ist bei der Beurteilung dieser Anweisungen die politische Seite. Ich kann gar nicht oft genug wiederholen, daß die Vorbereitungen der militärischen Provinzialleiter unter der einseitigsten Inanspruchnahme sogenannter „Vaterländischer Verbände“ getroffen werden. Wie diese „Vaterländischen Verbände“ sich aber die Werbung der Mannschaften vorstellen, geht aus einigen Aufzeichnungen hervor, die ebenfalls beim General Helfritz gefunden worden sind22.Es heißt darin u. a.: „Die Werbung erstreckt sich hauptsächlich auf bestehende vaterländisch gesinnte Vereine, Gesellschaften und Korporationen aller Art, deren Führer in geeigneter Weise über das große Ziel und die Wege zu ihm zu unterrichten sind. Außerdem findet Einzelwerbung und Zusammenschluß der Geworbenen überall da statt, wo derartige Vereine noch nicht bestehen. Der Zusammenschluß läßt sich am besten durch Gründung von Sport-, Jagd-, Schieß-, Ruder-, Wander- pp. Vereinigungen zustande bringen. Nebenher geht die Erfassung noch bestehender Freikorps aus der Nachkriegszeit, die als geschlossene Verbände dem Rahmen der künftigen Reserve-Armee eingefügt werden sollen.

Nach diesen Grundsätzen wird in allen Provinzen Preußens, wo Werbungen für die Verstärkung der Reichswehr beobachtet wurden, verfahren. In der artig einseitig zusammengesetzten Personenkreisen werden auch Schießübungen Führerkurse und militärwissenschaftliche Vorträge abgehalten.

Von Übungen in studentischen Kreisen unter Führung von Angehörigen der Reichswehr habe ich bereits früher berichtet23. Der Berliner Polizeipräsident hat am 14. Mai eine Versammlung festgestellt, in der der Leutnant Paul Krummbholz des Reiter-Regts. 11 in Neustadt, z. Zt. dem Stabe der 3. Division[566] zugeteilt, einen militärwissenschaftlichen Vortrag hielt, zu dem er von seinem unmittelbaren Vorgesetzten, Major von Kluge, etwa Mitte April d. J. den Auftrag erhalten hatte. Vortragsthemen waren: Die neuere militärwissenschaftliche Literatur, die Dienstvorschriften für die Reichswehr und deren Nutzanwendung, Einführung in das moderne Infanteriegefecht und die neue Schießvorschrift für die Infanterie. Die Zusammensetzung der kleinen Versammlung läßt mir keinen Zweifel darüber aufkommen, daß auch für sie nur in den Kreisen geworben war, die sich als die „Vaterländischen“ bezeichnen und in den Rechtsparteien ihre politische Vertretung erblicken. Den einzelnen Personen dieser Kreise aber eine militärische Bewaffnung anzuvertrauen, ist für mich politisch untragbar. Ich könnte es vor dem Preußischen Landtag nicht verantworten, nach den gesetzlichen Bestimmungen weiter die Entwaffnung der Zivilbevölkerung durchzuführen, dabei aber „Halt“ zu machen bei den Personen, die von einem militärischen Provinzialleiter oder einem anderen Beauftragten Waffen und Munition zur Aufbewahrung und zum Gebrauch erhalten haben. Wie mir der Oberpräsident der Provinz Pommern mitgeteilt hat, haben in einigen Kreisen der genannten Provinz tatsächlich schon Einzelpersonen Gewehre und Munition erhalten.

Auch die Finanzierung der militärischen Provinzialleiter und der von ihnen geschaffenen weiteren Einrichtungen in den einzelnen Provinzen durch private Kreise erscheint mir höchst bedenklich. Die Haushaltsvoranschläge, die nach der Roggenwährung aufgestellt sind, lassen deutlich erkennen, daß es ausschließlich agrarische Kreise sind, die in Pommern die Mittel aufbringen. In dem Antwortschreiben des Wehrkreiskommandos II vom 29. April24 wird mit anerkennenswerter Offenheit zugegeben, daß diesen Kreisen von der Provinzialleitung ein Einfluß auf Verwendung der Mittel unter der Form der in der Geschäftsordnung genannten Vertreter der Gaue und Kreise und des Provinzialausschusses eingeräumt worden ist. Damit wird zugegeben, daß der „Pommersche Landbund“ oder eine Selbstschutzorganisation zwar nicht mehr in der früheren selbständigen Form die Vorbereitungen zur Verstärkung der Reichswehr und zur Niederschlagung innerer Unruhen treffen, daß ihren Mitgliedern aber nach wie vor der größte Einfluß auf diese Dinge eingeräumt ist. Auch darin zeigt sich der einseitige Charakter der ganzen Einrichtungen, der das größte Mißtrauen anderer Bevölkerungsschichten hervorrufen muß. Würde ich für die Schutzpolizei in Preußen Verstärkungen aus Kreisen der gewerkschaftlichen Organisationen bereitstellen und die Finanzierung der angeworbenen Mannschaften, der Beschaffung und Unterhaltung von Waffen aus denselben gewerkschaftlichen Kreisen oder diesen angehörenden Privatpersonen annehmen, dann würde man m. E. durchaus mit Recht in der Öffentlichkeit behaupten, daß ich mich in die Botmäßigkeit der Gewerkschaften begeben hätte und darum ein einseitiges Polizeiregiment führen müsse. Die Folgerungen für die militärischen Provinzialleiter liegen auf der Hand.

Aus den Briefen des Herrn von Leeb25 geht übrigens hervor, daß das[567] Wehrkreiskommando selbst auch Geldmittel, die aus privaten Kreisen stammen, angenommen hat. Es ist nicht Aufgabe meines Ressorts, dagegen Einwendungen zu erheben. Ich möchte jedoch meinen, daß die Annahme und Verwendung dieser Gelder nicht dazu angetan ist, das Vertrauen zu den Kommandostellen der Reichswehr zu erhöhen.

Zusammenfassend möchte ich sagen, daß ich gern bereit bin, im Sinne unserer bisher getroffenen Vereinbarung zu helfen, Ausrüstungs- und Bewaffnungsgegenstände der Reichswehr zu erhalten26. Aus den vorstehend ausgeführten Tatsachen geht jedoch hervor, daß die Verbindungen der Reichswehr mit Selbstschutzorganisationen noch nicht abgebrochen worden sind, sondern im gewissen Sinne eine Festigung erfahren haben. Als im vergangenen Jahre das sogenannte Merkblatt des Brandenburgischen Heimatbundes zum ersten Male zweifelsfrei eine Verbindung dieser Selbstschutzorganisation mit der Reichswehr feststellte27, da haben Sie im Hinblick auf die höchst bedenklichen Programmpunkte dieses Merkblattes die Loslösung der Reichswehr von Organisationen mit derartigen Zweckbestimmungen zugesagt. Die pommersche „Geschäftsordnung“ und die schleswig-holsteinischen Richtlinien sind in ihrem Wesen jedoch nichts anderes, als Nachbildungen jenes Merkblattes. Ich komme deswegen zu dem Schluß, daß es Vorbedingung für Abmachungen zwischen unseren Ressorts sein muß, jede Verbindung der Reichswehr mit den aufgelösten Organisationen unzweideutig abzubrechen28.

Die nächsten Monate werden Polizei und Reichswehr voraussichtlich vor die Lösung schwerer Aufgaben stellen, wenn die politische Nervosität und die wirtschaftliche Not zur Störung der öffentlichen Ruhe und Ordnung führen sollten. Ich kann mir sehr wohl denken, daß in derartigen Situationen die Hilfe loyaler und verfassungstreuer Männer erwünscht sein kann in der Polizei und in der Reichswehr und unter Kontrolle und Verantwortung der Polizei und der Reichswehr, niemals aber in der Form mehr oder weniger selbständiger Organisationen, die neben den Einrichtungen des Reiches und Staates stehen, für eigene Zwecke wirken und darum keinen Schutz, sondern nur neue Gefahren schaffen. Ich möchte meinen, daß wir in dieser Grundauffassung einig sind, und darum hoffe ich, daß wir auch einen Weg finden, der nun endlich eine reibungslose Ausführung ermöglicht29.

[568] Mit der Versicherung der vorzüglichsten Hochachtung bin ich Ihr sehr ergebener

Minister des Innern30

Fußnoten

1

Zusammen mit den Durchschriften von 18 Anlagen am 15. 6. von Severing dem RK zur Kenntnisnahme zugesandt. Das Schreiben ist zum größten Teil abgedruckt in Severings Memoiren, Bd. II, S. 119 – 127. Dort schreibt Severing zur Vorgeschichte dieses Schreibens: „Als in den folgenden Wochen immer wieder Beschwerden von Ober- und Regierungspräsidenten einliefen, die alle einen Bruch der eingegangenen Vereinbarungen (Dok. Nr. 61) anzeigten, habe ich entgegen der bis dahin geübten Gepflogenheit, von detaillierten schriftlichen Aufzeichnungen gerade in dieser Zeit möglichst Abstand zu nehmen, dem RWeM noch einmal meine grundsätzliche Haltung in all den von uns berührten Fragen in einem Privatbrief vom 14. Juni 1923 aufgezeigt. Angesichts der Bedeutung der Angelegenheit und des kritischen Zeitpunktes, in dem sie erörtert wurde, sind dem RPräs. Ebert, dem RK Cuno und dem MinPräs. Braun Abschriften dieses Briefes zugestellt worden.“ Da die Wiedergabe Severings einige nicht unbedeutende Kürzungen enthält, die zum Teil als solche nicht angemerkt sind, wird der Brief an dieser Stelle vollständig abgedruckt, das umfangreiche Material der Anlagen dagegen, soweit erforderlich, im Anmerkungsapparat berücksichtigt. Teile dieses Materials müssen dem MdR Schöpflin bereits am 15. 5. vorgelegen haben, da er dem RT an diesem Tage entsprechende Zitate aus dem in Hamburg beschlagnahmten Material vortrug (RT-Bd. 360, S. 11094  ff.). Vgl. auch Dok. Nr. 201.

2

Der Entwurf des RWeM war in den Akten der Rkei nicht zu ermitteln; er ist wahrscheinlich in der Kabinettssitzung vom 6. 4. behandelt worden (Dok. Nr. 116, P. 2).

3

In R 43 I nicht ermittelt.

4

Darüber fehlen Unterlagen in R 43 I.

5

Vgl. Dok. Nr. 61 und Dok. Nr. 117, Anm. 2.

6

Das Schreiben ist als Anlage 1 beigefügt.

7

Offenbar haben im Anschluß an dieses Schreiben wiederholte Beratungen im engeren Kreise stattgefunden – Severing (Memoiren Bd. II, S. 129) nennt als Teilnehmer Geßler, v. Schleicher, Severing, Abegg –, die schließlich am 30. 6. zur Unterzeichnung einer neuen Vereinbarung zwischen Geßler und Severing führten (R 43 I /686 , Bl. 216-218, 186 f.; abgedruckt bei Severing II, S. 129 f.). In den Akten der Rkei fehlen Angaben über diese Verhandlungen; in den Kabinettsprotokollen findet sich zudem kein Anhaltspunkt dafür, daß dieser Fragenkomplex gemeinsam mit den pr. Ministern im Kabinett behandelt worden wäre. Möglicherweise ist das Abkommen vom 30. 6. in der Ministerbesprechung mit dem Pr.StMin. am 5. 7., 11 h, behandelt worden. In den Akten der Rkei fanden sich lediglich die Einladung zu dieser Sitzung (R 43 I /1318 , Bl. 52) und ein Hinweis in R 43 I /1347 , Bl. 53.

8

Hierzu sind zwei Abschriften aus den Akten des Generals Helfritz als Anlagen beigefügt.

9

Die letzten beiden Sätze fehlen in der Wiedergabe Severings (Memoiren Bd. II, S. 121).

10

Dieser Satz fehlt in der Wiedergabe Severings (ebd.).

11

Anlagen 4 und 5. Zur polizeilichen Durchsuchung und Beschlagnahme der Akten Helfritz‘ und v. Brederlows vgl. Dok. Nr. 201.

12

An das RWeMin., als Anlage 6 beigefügt.

13

Zur Frage der Waffenkontrolle s. auch Dok. Nr. 155.

14

Die Angaben über die Provinz Ostpreußen fehlen in der Wiedergabe Severings (a.a O.).

15

Anlage 1.

16

Anlage 7.

17

Anlage 6.

18

In diesem Zusammenhang verweist Severing auf das Schreiben Oberst Frhr. v. Stolzenbergs an General v. Watter vom 8.4.23, in dem es heißt: „Alle Verbände – Ehrhardt, Baltikum, Stahlhelm, Oberland – in unserer Provinz [Schleswig-Holstein, Hamburg] haben sich General Helfritz unbedingt zur Verfügung gestellt; das gleiche hat auch der NHB (Norddt. Heimatbund) am 6. April getan. […] Die Schlußsitzung, bei welcher General Helfritz zugegen war, am 6.4.23, ergab dann in Gegenwart von zwei Offizieren als Vertreter der Reichswehr die unbedingte Unterstellung auch des NHB unter General Helfritz, den alleinigen Beauftragten der Reichswehr für Zwecke militärischer Verwendung in Fällen innerer und außenpolitischer Lage. Dem Wunsche des NHB, als geschlossener militärischer Körper Verwendung zu finden, wurde selbstredend Rechnung getragen.“ (Anlage 8, abgedruckt bei Severing II, S. 127 f.).

19

Vereinbarung zwischen dem NHB und Helfritz als Anlage 9 beigefügt. Hier findet sich u. a. folgender Passus: „Dem Wunsche des NHB zur Gestellung einer Truppe in Bataillonsstärke mit Waffen für sofortige Auffüllung der Reichswehr in Ratzeburg wird der milit. Provinzialleiter Rechnung tragen. Die zur Stützung der inneren Organisation des NHB erforderlichen Geldmittel werden im Rahmen des Verfügbaren durch den militärischen Provinzialleiter angewiesen.“

20

Anlage 10.

21

An Helfritz, als Anlage 11 beigefügt.

22

Anlage 12.

23

Zwei Berichte des Berliner Polizeipräs. Weiß an Severing vom 15. und 16. 5., die offenbar von diesem dem RWeM bereits zugeleitet worden waren, sind nochmals als Anlagen 13 und 14 beigefügt.

24

Anlage 7.

25

Schreiben des Stabschefs der II. Division, v. Leeb, an Helfritz und v. Brederlow vom 4. und 6. 4., als Anlagen 15 und 16 beigefügt.

26

In diesem Zusammenhang fügt Severing einen Bericht des Berliner Polizeipräs. vom 12. 5. als Anlage 17 bei, in dem über insgesamt 13 Fälle geheimer Waffenverstecke und heimlicher Werbungen der Reichswehr berichtet wird sowie über die Stellungnahmen des RWeMin. zu den gemeldeten Fällen.

27

Das Merkblatt ist als Anlage 18 beigefügt.

28

Die folgenden beiden Sätze fehlen in der Wiedergabe Severings (a.a.O.).

29

Die darauf eingeleiteten Verhandlungen zwischen Severing und Geßler führen am 30. 6. zu gemeinsamen Richtlinien, in denen es u. a. heißt: „1) In Sachen des Landesschutzes soll engstes Einvernehmen und dauernde Zusammenarbeit zwischen den Militär- und Verwaltungsbehörden hergestellt und aufrechterhalten werden. Unter Landesschutz ist Schutz der Grenzen gegen feindliche Überfälle und die Abwehr gewaltsamer, verfassungsfeindlicher Bestrebungen und anderer gewaltsamer Störungen der öffentlichen Ruhe und Ordnung zu verstehen. […] 4) Die Unterrichtung von Freiwilligen in der Verwendung von Waffen aller Art unterbleibt. 5) Die Unterstützung privater Bestrebungen zu militärischer Ausbildung sowie das Überlassen von Schießständen unterbleibt. 6) Die Aufstellung namentlicher Listen, die Registrierungen und Werbungen aller Art von wehrfähigen Personen sowie Ermittlungen über die Abkömmlichkeit von Zivilpersonen unterbleiben. 7) Alle Vorbereitungen zum Landesschutz treffen ausschließlich die Reichswehr- und Verwaltungsbehörden. Organisationen irgendwelcher Art dürfen weder an den Vorarbeiten noch an der Durchführung der angeordneten Maßnahmen beteiligt werden. Vereine usw., die unter irgendeinem Vorwande Verbände mit militärischen oder polizeilichen Befugnissen aufstellen oder vorgeben, militärische Geräte für den Landesschutz aufzubewahren, können sich daher in keiner Weise auf die Reichswehr berufen und unterliegen der Auflösung.“ (Durchschrift in R 43 I /686 , Bl. 216-218, 186 f., abgedruckt mit geringen textlichen Abweichungen bei Severing II, S. 129 f.). Diese „Richtlinien für das Zusammenwirken der Militär- und Zivilbehörden in Sachen des Landesschutzes“ werden zusammen mit sechsseitigen Ausführungsbestimmungen des RWeMin. von diesem am 21. 7. der Rkei zugesandt (R 43 I /686 , Bl. 215-225). Über den Erfolg des Abkommens vom 30. 6., das am 1.8.23 in Kraft trat, urteilt Severing in seinen Memoiren: „Leider blieben die einzelnen Bestimmungen noch für längere Zeit mehr oder weniger fromme Wünsche. Sie wurden noch keineswegs überall von den Organen des Wehrministers erfüllt. Wenn es unter Punkt 8 hieß, daß die Vereinbarungen als aufgehoben betrachtet werden durften, wenn eine Zentralstelle beharrlich gegen ihre Bestimmungen verstieß, so hätte sie das PrIMin. schon vom ersten Monat an als aufgehoben betrachten können. Doch boten die Vereinbarungen auch weiterhin folgenden Vorteil: Die Zusammenarbeit zwischen dem Militär- und den Verwaltungsbehörden gestattete einen Einblick in Waffenlager und Waffenträger und erleichterte darum die Vorbereitung und Durchführung von polizeilichen Maßnahmen, die zur Abstellung von Schäden dann erforderlich wurden, wenn aus den Vorgängen im Halbdunkel ernstere Gefahr drohte.“ (Severing: Memoiren Bd. II, S. 130 f.).

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Unterschrift Severings fehlt.

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