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Interzonenzug

Schienenverbindungen über innerdeutsche Grenzen, 1945-1970

  • BRD (ab 1949)
  • DDR (1949-1990)

Hintergrundinformationen

Mit Kriegsende 1945 teilten die Siegermächte Deutschland in vier Besatzungszonen, die durch britische, französische, amerikanische und sowjetische Stellen verwaltet wurden. Entsprechend wurden in Berlin, das innerhalb der Sowjetischen Besatzungszone ("SBZ") lag, vier Sektoren festgelegt. Die Zonengrenzen schnitten zahlreiche Eisenbahnstrecken, teils sogar mehrfach. Doch schon im August 1945 verbanden die ersten "Interzonenzüge" die westlichen Besatzungszonen mit der SBZ und Berlin.

Flüchtlinge, Kohle, Militär

Zunächst handelte es sich dabei um Güterzüge, die vornehmlich der Versorgung von Berlin dienten. Einen großen Teil der sehr eingeschränkten Bahninfrastruktur behielten sich die Alliierten für militärische Transporte vor. Auch war die Verteilung der zahlreichen Flüchtlinge zu organisieren, die in Deutschland nach Kriegsende unterwegs waren. In der SBZ musste zudem der Abtransport von Reparationsgütern (darunter Eisenbahnschienen und Lokomotiven) bewältigt werden, was die Ressourcen noch zusätzlich einschränkte.

An einen freien Reiseverkehr für Zivilpersonen war unter diesen Umständen nicht zu denken. Erhielten seit Ende 1945 wenige deutsche Funktionsträger eine Mitfahrgenehmigung für Militärreisezüge der Westmächte, konnten ab Ende 1946 Deutsche, die im Bereich des Interzonenhandels unterwegs waren, "Interzonenpässe" beantragen. Ab April 1947 galt dies auch für Privatpersonen, wenn sie dringende Gründe geltend machen konnten.

Berlinblockade und Übergangsstellen

Während der Berlinblockade (Juni 1948 – Mai 1949) war der Eisenbahnverkehr zwischen Berlin und den Westzonen, angeblich wegen "technischer Schwierigkeiten", unterbrochen. Nach dem "Helmstedter Abkommen" vom 11. Mai 1949 konnte der Interzonenverkehr wieder aufgenommen und sukzessive verstärkt werden.

Als Übergangsstellen für Interzonenzüge im Personenverkehr waren nur wenige Bahnhöfe zugelassen, darunter:

  • Büchen/Schwanheide
  • Wolfsburg/Oebisfelde
  • Helmstedt/Marienborn
  • Bebra/Wartha (ab 1963 Bebra/Gerstungen)
  • Ludwigsstadt/Probstzella
  • Hof/Gutenfürst

Entgleisungsweichen zur Verhinderung von "Republikflucht"

Während ab 1949 die bundesdeutsche Regierung bestrebt war, Kontakte zwischen Einwohner*innen beider deutscher Staaten zu fördern, schränkte die DDR die Reisefreiheit ihrer Bürger*innen immer mehr ein. Zwar wurden nach dem Volksaufstand vom 17. Juni 1953 Reiseerleichterungen zugestanden, was sich in anwachsendem Interzonenverkehr niederschlug. Nach dem Bau der Mauer und der Verstärkung der Grenzanlagen entlang der innerdeutschen Grenze ab 1961 wurde es für DDR-Bürger*innen aber immer schwieriger, eine Ausreisegenehmigung zu erhalten, sei es auch nur für einen Verwandtenbesuch "im Westen".

Die Übergangsstellen wurden auf DDR-Seite durch bauliche Anlagen wie Zäune, Beschaubrücken, Beleuchtung und Entgleisungsweichen gesichert. Jeder Interzonenzug wurde durch das Amt für Zoll und Kontrolle des Warenverkehrs, Grenztruppen, Transportpolizei und das Ministerium für Staatssicherheit genauestens unter die Lupe genommen.

Umfangreiche Maßnahmen der DDR-Staatssicherheit

Der Zugverkehr zwischen Ost und West war in den Augen der DDR-Staatssicherheit eine erhebliche Gefahrenquelle – und dies gleich in mehrerlei Hinsicht. Zum einen argwöhnte die Geheimpolizei, dass "feindlich-negatives" Material wie Flugblätter und West-Zeitschriften auf diesem Wege in die DDR gelangen oder Informationen aus der DDR in den Westen fließen könnten. Insbesondere aber befürchtete die Stasi, dass die "Interzonenzüge" zur Flucht aus der DDR genutzt würden. Dieser Fluchtweg bekam nach dem Mauerbau 1961, durch den der SED-Staat das "Schlupfloch" West-Berlin verschlossen hatte, zusätzliche Bedeutung.

Die Stasi baute daher ein umfangreiches Sicherungsnetz auf. Dazu zählten strenge Überprüfungen durch die Passkontrolleinheiten, die zur Hauptabteilung VI der Staatssicherheit (Passkontrolle, Tourismus, Interhotel) gehörten, aber getarnt in den Uniformen der Grenztruppen auftraten, außerdem inoffizielle Mitarbeiter (IM), die über verdächtige Bewegungen in der Umgebung von Bahnhöfen berichteten, und nicht zuletzt die enge Zusammenarbeit mit anderen Sicherheitskräften. Dabei wusste die Stasi diese Zusammenarbeit durch die Installierung von Offizieren im besonderen Einsatz (OibE) in den anderen Einheiten zu festigen.

Fahrplankonferenzen und Speisewagen

Gleichzeitig musste die Zusammenarbeit der Mitarbeiter*innen von Reichsbahn und Deutscher Bundesbahn reibungslos funktionieren, um Betrieb und Sicherheit des Bahnverkehrs gewährleisten zu können. Auf Fahrplankonferenzen und anderen Besprechungen trafen Eisenbahner*innen beider deutscher Staaten entsprechende Vereinbarungen. Der durchgehende Verkehr mit Schlaf- und Speisewagen wurde 1954 aufgenommen.

Mit dem Transitabkommen von 1971 und dem Grundlagenvertrag von 1972, die im Rahmen der Entspannungspolitik von Bundeskanzler Willy Brandt zu sehen sind, wurde die Basis für Erleichterungen im Interzonen-Reiseverkehr geschaffen.

Wie Geschäftsleute, Rentner*innen, Ferienkinder und Regierungschefs in Interzonenzügen reisten, spiegelt sich in zahlreichen Bild-, Film- und Textdokumenten aus beiden deutschen Staaten wider.

Literatur:

Bernd Kuhlmann: Züge durch Mauer und Stacheldraht. Berlin 1998
Peter Bock: Interzonenzüge. Eisenbahnverkehr im geteilten Deutschland 1945-1990. München 2007